auf_der_hut schrieb am 17.06.2022 00:54:
Mittelwerte sind dann fragwürdig, wenn die Verteilung des gemittelten Wertes stark von der statistischen Normalverteilung abweicht … Mittelung zwischen nur zwei Extremwerten macht zweifellos keinen Sinn. Die Mittelung der Windgeschwindigkeit aber schon, denn die ist um einen Mittelwert normalverteilt. Inklusive eines gewissen "Kurvenschwanzes", wo der Wind nicht mehr ausreicht um den Strombedarf vollständig zu decken.
Dem ersten Satz kann ich zustimmen - dem Rest nicht. Die Windgeschwindigkeiten mögen vielleicht (!) normalverteilt sein - die Schadenswarscheinlichkeiten sind es NICHT - sondern haben FAT TAILS - und ÜBERALL wo die (Verteilungs-)Schwänze fett sind - überrollt der (nicht vorhergesehene) Einzelfall den Durchschnitt.
Beispiel - du sicherst das System gegen Dunkelflauten mit Speichersystemen ab - die eine gewisse Zeit reichen. Eine Dunkelflaute, die darüber hinausgeht, mag (heute) extrem unwarscheinlich scheinen (!) - aber der Schaden, der dann aus plötzlichen großflächigen Abschaltungen entsteht - ist SEHR groß.
Du kannst also nicht einfach mit Ereigniswarscheinlichkeiten rechnen - sondern musst sie mit der Schadenshöhe bei Eintritt dieses Ereignisses multiplizieren - und dann ist nix mehr mit Normalverteilung. Und von Rückkopplungs- und Kaskaden-Effekten haben wir noch garnicht gesprochen …
Ich empfehle - dringend - die Lektüre von Talebs „Schwarzem Schwan“.
Spoiler: Katastrophen entstehen immer dann - wenn man Rechenmodelle aus „Mediokristan“ (der Welt der Normalverteilungen) auf Prozesse aus „Extremistan“ anwendet (wo der Einzelfall den Durchschnitt einfach überrollt).
BTW - hatten wir nicht gerade eine (extrem unwarscheinliche) Flutkatastrophe? Galt das Atomkraftwerk in Fukushima nicht als „sicher“ - oder wenigstens als abgesichert gegen „erwartbare“ Risiken?
Das Posting wurde vom Benutzer editiert (17.06.2022 07:53).