Meine schriftstellerischen Talente lassen leider zu wünschen übrig, aber vielleicht hat ja jemand Zeit und Muse. Lange Rede, kurzer Sinn: Mir schwebt da ein Roman (Arbeitstitel "Ein Land, in dem wir gut und gerne leben") vor, in dem es um einen fiktiven zentraleuropäischen Staat geht, in dem folgende Zustände herrschen:
- Die Wirtschaft geht (eingeklemmt zwischen überbordender Bürokratie und "wir sind die Größten, die Schönsten, die Besten - das haben wir immer schon so gemacht!"-Hybris) mehr oder weniger flächendeckend den Bach runter. Gleichzeitig erzählt man einen vom Fachkräftemangel, meint aber eigentlich, dass die gesuchten Fachleute unverschämterweise nicht bereit sind, zum Mindestlohn zu arbeiten.
- Das Bildungssystem wurde fast schon vorsätzlich vernichtet, statt der Vermittlung von Kenntnissen und Fertigkeiten gibt's spätestens seit "Bologna" nur noch marktorientiertes Auswendiglernen und Wiederkäuen, selbstständiges Arbeiten oder eigenständiger Wissenerwerb scheinen nicht mehr erwünscht zu sein.
- Die Zinsen fallen ins Negative, dafür wird Geld ohne Ende gedruckt. Man denkt laut über Bargeldabschaffung nach, ein (mehr oder weniger) anonymes Ausweichen auf Edelmetalle als langfristige Sicherheit oder Altersvorsorge wird mit der ins Haus stehenden Absenkung der Obergrenze (natürlich nur zur Bekämpfung der Geldwäsche!) für Tafelgeschäfte schwieriger.
- NetzDG & Co bilden die Grundlage für eine Einschränkung der freien Meinungsäußerung unter dem Banner der Hassbotschaften- und Fakenews-Bekämpfung (aktuell ist das halb so schlimm, weil's ja gewöhnlich die Richtigen trifft, oder so...) auf dem Umweg über die Privatwirtschaft und ohne ernsthafte Rechtsmittel. Anonymität sowohl im Internet als auch in der Öffentlichkeit verursachen zunehmend Bauchschmerzen.
- Nachdem man jahrelang zugeschaut hat, wenn sich Rockergangs oder Clanmitglieder in bedauerlichen Einzelfällen gegenseitig Löcher in die Figur geballert und dabei auch mal den einen oder anderen Unbeteiligten als Kollateralschaden mitgenommen haben, gibt es prompt eine (weitere - bei der wievielten sind wir seit '89 eigentlich?) Verschärfung des Waffenrechtes (auf Verdachtsbasis und mit Umkehrung des Beweislastprinzips), nachdem der Fall Lübke gezeigt hat, dass durchaus auch mal ein Politiker (und nicht wie beim NSU nur irgend so'n Türke) zur Zielscheibe werden kann.
- Eine Regierung, die von "Wackersdorf" über "Startbahn West", "G-20" bis hin zu "Hambi" und den "Gelbwesten" jeglichen öffentlichen Protest und zivilen Ungehorsam verteufelte, lobt ihn (zusammen mit einer gewissen 16jährigen Schwedin und ihren Jünger) plötzlich in den Himmel und erklärt sich mit Bauchschmerzen bereit, die vom Volk gewünschten Steuererhöhungen und Verteuerungen durchzusetzen.
- In der Folge wird die Mobilität der Menschen umgekehrt proportional zum finanziellen Status eingeschränkt: Wer Geld hat, bezahlt schulterzuckend die SUV- und CO2-Steuern und kommt überall hin - und wer von der Hand in den Mund lebt und auf den ÖPNV angewiesen ist, kommt aus seinem Kiez nicht mehr raus.Die Landflucht wird dabei durch konsequente Vernachlässigung der dortigen Infrastruktur noch gefördert.
- Die Landwirtschaft und damit Grundlage der Nahrungsversorgung wird langsam aber sicher umgebaut, immer mehr Ackerland befindet sich im Besitz von Investmentfirmen, während der Bauer von damals als Pächter unter dem Diktat der Lebensmittelindustrie steht, spätestens nach Freihandelsabkommen wie MERCOSUR finanziell an der Grasnarbe kratzt und eigentlich nur noch auf Subventionsbasis überlebt. Sonstige Grundversorgungen á la Trinkwasser liegen ebenfalls mehr und mehr in privater Hand.
- Natürlich nur zum Schutz vor dem allgegenwärtigen Terrorismus gibt es eine flächendeckende (angefangen vom nur im Zusammenhang mit Schwerstkriminalität genutzten "Bundestrojaner" über allgegenwärtige Security-Kameras, versehentliche anlasslose Kennzeichenerfassung und Schleierfahndung bis hin zum Standortttracking bei Mobiltelefonen) Totalüberwachung, auf die ol' Mielke stolz wäre. Zyniker könnten jetzt darauf hinweisen, dass damit bisher weder ein Terrorist vor Begehung der Tat noch wenigstens irgend ein Steuerhinterzieher oder korrupter (Lokal-)Politiker dingfest gemacht werden konnten, aber sei's drum - der gute Wille zählt.
- In politischer Hinsicht gibt's nur noch eine Einheitspartei (egal, wen man wählt, es kommt immer die gleiche Koalition heraus), deren CxU-Flügel der Wirtschaft den Hintern pudert, während der SPD-Flügel für's Umverteilen von unten nach oben und der Grüne Flügel für Vorschriften und Verbote zuständig ist, so lange ihnen das EU-Politbüro noch etwas Handlungsfreiheit lässt.
- Und und und...
Eigentlich sollte man da doch eine nette - und selbstverständlich nur fiktive! - Dystopie draus stricken können...
Und jetzt mal ernsthaft: Mir läuft es inzwischen kalt den Rücken herunter, wenn man sich die Entwicklung speziell der letzten Jahre anschaut. Nicht nur wirtschaftlich, bevölkerungs- und bildungspolitisch, sondern gerade auch in Hinblick auf die vielen Gesetze und Verordnungen, die ganz sicher nur für einen guten Zweck erdacht wurden und wahlweise unter dem Aufmerksamkeitsradar durchrutschen, weil's einen ja nicht betrifft, oder aber noch begrüßt werden, weil man ja auf der richtigen Seite steht. Es wäre ja in der menschlichen Geschichte ein Novum, wenn sich ein Gesetz plötzlich um 180° dreht und plötzlich diejenigen beißt, die es gerade noch gestreichelt haben...