Links und rechts sind Positionen bei der Verteilung des Volkseinkommens.
Etwa in der Art von links="Nehmt den Reichen, gebt den Armen" und rechts="Nehmt den Armen, gebt den Reichen"? Ich halte das für naiv. Praktisch jedes System der Umverteilung hat eine Herrenkaste, die dieses System aufrechterhält und die dabei zusieht, wo sie selber bleibt. Daraus, und auch aus Unterschieden der individuellen Fähigkeiten, resultieren Unterschiede im jeweils erreichten persönlichen Wohlstand, die man zwar abmildern, aber niemals aufheben kann.
Den Grünen sind die Malocher in diesem Land herzlich egal. Daher sind sie nicht links.
Ich halte beispielsweise Karl Marx nach der Lektüre von Konrad Löw, "Marx und Engels - die Väter des Terrors" (und stichprobenhaften Abgleich einiger der dort zitieren Textstellen mit der MEGA) für einen blasierten Berufszyniker, von dem einigermaßen unklar ist, welche seiner Thesen er wirklich ernsthaft in einem Disput verteidigen würde und dem die Malocher wohl herzlich egal waren. Ist Marx deswegen nicht links?
Den meisten BRD-Politikern in Machtpositionen, und nicht etwa nur den Grünen, dürften die Malocher herzlich egal sein. Wenn sie deswegen nicht links sind, wie erklären Sie sich dann, daß wir in einem politischen System leben, in dem der Ausschluß der Rechten aus dem politischen Diskurs (die AfD durfte beispielsweise keinen Bundestags-Vizepräsidenten stellen) das wichtigste Staatsziel ist? Also die weitgehende Unterdrückung der politischen Rechten in einem Land, in dem es Linke in politischen Machtpositionen angeblich gar nicht geben soll? Wenn die Inhaber der Macht in Wahrheit gar nicht links sind, warum soll man ihnen dann glauben, daß die AfD rechts ist?
Links ist außerdem eine gewisse Religionsskepsis. "Religion ist das Opium des Volkes" - dieser Gedanke ist führenden Grünen wohl nicht geheuer, oder etwa doch?
Diesen Einwand gegen meine Definition von "Links" halte ich für den stärksten. Für die Linke war in der Tat früher eine mehr oder weniger ausgeprägt Religionsfeindschaft charakteristisch. Der Grund für diese Feindschaft ist einfach der, daß Leute, die ernsthaft an die Möglichkeit postmortaler Tatvergeltung glauben, eher dazu tendieren, der von den Linken angestrebten (und mittlerweise in erheblichem Maße realisierten) kollektivistischen Umerziehung Widerstände entgegenzusetzen und dabei auch das Risiko schwerer persönlicher Nachteile in Kauf zu nehmen. An dieser Stelle gibt es also einen Erklärungsbedarf.
Ich würde dazu erwidern, daß es ernsthafte Religiosität heute kaum noch gibt. Schon 1958 konnte Josef Ratzinger schreiben (https://www.kath.net/news/36968 mit Hervorhebung von mir):
Das Heidentum sitzt heute in der Kirche selbst, und gerade das ist das Kennzeichnende sowohl der Kirche unserer Tage wie auch des neuen Heidentums, dass es sich um ein Heidentum in der Kirche handelt und um eine Kirche, in deren Herzen das Heidentum lebt. Der Mensch von heute kann also als Normalfall den Unglauben seines Nachbarn voraussetzen.
Das dürfte sich in den letzten 65 Jahren nochmals ganz massiv verschärft haben. Warum also Kräfte auf die Bekämpfung eines Phänomens verschwenden, das es de facto kaum noch gibt? Wenn heute mit Jorge Bergoglio jemand auf dem Stuhl Petri in Rom sitzt, der nach allen einigermaßen vernünftigen inhaltlichen Kriterien vom katholischen Glauben abgefallen ist? Da ist es doch einfacher, die eigenen Leute auf sine cura-Positionen zu setzen, die aus Kirchensteuermitteln finanziert werden.
Die wenigen verbliebenen Exponenten echter Religiosität, etwa Pius X-Leute oder der Pastor Latzel, werden natürlich durchaus ernsthaft bekämpft. Aber es gibt ihrer nur noch wenige.
Die Änderungen in der politischen Strategie (heuchlerische Ausnutzung der Rassenfrage statt der Klassenfrage, männerfeindliche Stoßrichtung, Korrumpierung der Religion statt deren blutiger Bekämpfung) sollten uns also nicht davon abhalten, die heutigen Linken (SPD, Grüne, PDS/Linke) als Erben der Linken aus der Zeit des kalten Krieges, oder der Zwischenkriegszeit, oder der Zeit des zweiten Reiches anzusehen.