kidgforce schrieb am 2. September 2005 1:31
>> Momentan hat ein jeder die Freiheit, die BILD-Zeitung zu lesen
>> oder es bleiben zu lassen: Niemand wird zum Lesen der BILD-Zeitung
>> gezwungen. Ein Verbot würde also zu weniger statt zu mehr Freiheit
>> führen.
> Das mit der Freiheit ist naive, aber. Gegen Verbote bin ich ja auch.
> Deshalb ja die folgenden Überlegungen.
Was ist naiv? Anzunehmen, dass mich niemand zwingt, die BILD-Zeitung
zu lesen? Wohl kaum. Ich kann dir aus langjähriger Erfahrung
berichten, dass man durchaus in diesem Lande leben kann, ohne von den
geheimen BILD-Truppen heimgesucht zu werden. Meinem Familien- und
Freundeskreis geht das übrigens nicht anders.
> Quatsch, Aufklärung ist nicht dasselbe, sondern gerade das Gegenteil
> von Manipulation.
Objektive Wahrheit findest du nur in den Strukturwissenschaften und
bis zu einem gewissen Grade in den Naturwissenschaften, danach wird
es verdammt schwierig. Ohne objektive Wahrheit jedoch kannst du nicht
subjektunabhängig zwischen Aufklärung und Manipulation unterscheiden,
womit der Unterschied allein im Auge des Betrachters liegt. Was die
einen als Manipulation betrachten, sehen die anderen als Aufklärung
und umgekehrt.
Was veranlasst dich zu glauben, "deine Wahrheit" wäre besser als
"andererleuts Wahrheit"?
> Es geht ja nicht darum, eine andere Wahrheit durchzusetzen, sonder
> alle dazu tzu befähigen, zu durchschauen wie "Wahrheiten" hergestellt
> werden und wer dahinter steckt. Wenn ich dann irgendwelche
> gegenteiligen Meinungen durchsetzen wollte,stünde ich einem Publikum
> gegenüber, das diese genauso hinterfragt.
Offensichtliche Falschmeldungen zu erkennen, ist nicht schwierig,
wenn man es denn will. Niemand der ein ernsthaftes Interesse daran
hat, die Seriösität einer Boulevard-Publikation zu überprüfen, dürfte
daran scheitern, weil er nicht die von dir vorgeschlagenen
Wahrheitsfindungskurse besucht hat. Geht es hingegen darum, den
Wahrheitsgehalt einer Meldung allgemein ermitteln zu wollen, dann
wird es von den offensichtlichen Falschmeldungen abgesehen schon
ziemlich schwierig, und auch deine Kurse dürfte da nicht
weiterhelfen.
Fall 1, Blödsinn im Boulevard-Journalismus: Bei den Leuten, die sich
davon täuschen lassen, ist doch der Boulvard-Journalismus nur ein
Symptom für fehlende Erziehung und Bildung. Und den Leuten mangelt es
doch nicht daran, weil sie zu viele Nachmittagstalkshow sehen,
sondern die Nachmittagstalkshows haben Erfolg, weil es so vielen
Leuten an Erziehung und Bildung mangelt. Ich bin der erste der dafür
ist, wenn jemand einen praktikabelen Weg vorschlüge, diesen Missstand
zu beheben, aber den Boulevard-Journalismus zu beseitigen, hieße nur
an den Symtomen herumzudoktern und dabei die journalistische Freiheit
einzuschränken.
Fall 2, Authenzitätsprüfung einer seriös erscheinenden
Informationsquelle: Hier liegt viel eher mein Problem, denn mit
vertretbarem Aufwand geht genau das nicht zuverlässig, und sich
darauf verlassen "dass es schon stimmen wird, wenn keiner
widerspricht" kann man sich ja leider auch nicht. Bei vielen Dingen,
von denen ich selbst Ahnung habe oder bei denen ich misstrauisch
geworden bin und nachgebohrt habe, musste ich schmerzlich erkennen,
dass selbst der unmöglichste Blödsinn publiziert wird, ohne dass die
Öffentlichkeit das mitbekommt. Ich muss nicht erst den
Katzenfuttertest der Stiftung Warentest bemühen (in dem so ziemlich
alles getestet wurde, ausser die Eignung des Futters für die Katze),
ganze Themenkomplexe sind durchsetzt von allseitiger
Falschinformation, man schaue sich bspw. mal diverse
Computerzeitschriften und das Thema IT-Sicherheit an, oder den
Volksglauben daran, dass Demoskopie-Institute tatsächlich durch
repräsentative Umfragen Wahlergebnisse prognostizieren würden.
Bei Themen, von denen ich selbst wenig oder keine Ahnung habe, muss
ich daher leider befürchten, dass mir Unsinn aufgetischt wird, ohne
dass ich das merke. Jedes interessante Themengebiet so tiefgreifend
zu beherrschen, dass man halbwegs auf der sicheren Seite ist,
verbietet sich aus Zeitgründen leider von selbst, aber dem
Journalisten kann man eben leider auch nicht trauen. Wie auch?
Zumindest der Nicht-Fach-Journalist hat von vielen Thema über die er
schreibt ja selbst keine Ahnung. Wenn zu mir ein Journalist käme, und
mich zu Sachen aus meinem Fachgebiet befragen würde, könnte ich ihm
zum einen bodenlosen Unsinn auftischen, ohne dass er das merken
würde, zum anderen bestünde die Gefahr, dass er das Weitergegebene
nicht im vollem Umfang versteht oder nicht in den richtigen Kontext
zu bringen weiß. Da der Journalist aber vermutlich wenig Interesse
daran hat, selbst Informatik zu studieren, oder sein Geschriebsel
vorher von einer hinreichend großen Anzahl von Fachleuten absegnen zu
lassen, wird er in diesen Fällen Blödsinn publizieren, so wie es ja
auch laufend geschieht.
Wer sich auf das verlässt, was die Presse schreibt, ist also auch
dann verlassen, wenn er "seriöse" Publikationen liest.
> Offenichtlich verstehst du grundsätzlich nicht, dass die Freiheit
> hier (z.B. die Bildzeitung zu lesen) nur eine vorgebliche ist.
Wie ich oben schon schrieb: Mich zwingt niemand, auch nicht indirekt.
> Sie haben das Recht, die herrschende Meinung (die Meinung der
> Herrschenden) zu lesen. Natürlich ist es offiziell genauso erlaubt,
> in der Mittagspause z.B. sagenwirmal Karl Marx zu lesen.
Die BILD-Zeitung hat eine Auflage von etwa 3,7 Mio und eine
Reichweise von etwa 12,3 Mio. Die große Mehrheit der lesenden
Deutschen schafft es offenbar, in der Mittagspause die BILD-Zeitung
nicht zu lesen.
> Das wird durch subtilere Mechanismen verhindert.
Mal abgesehen davon, dass mir grad' nicht einleuchten mag, warum die
Leute ausgerechnet Marx lesen sollten, würden mich diese Mechanismen
en detail sehr interessieren.
> > Bestimmt nicht von mir, erst recht nicht, wenn du vor einem
> > Volksentscheid die Leute in deinem Sinne manipulieren willst.
> Oh, völliges Missverständnis. oder missverstehst du das absichtlich,
> dass ich niemand manipulieren, sondern die Leute zu eigener Meinung
> befähigen will?
Die Leute haben doch eine eigene Meinung, was du willst ist, dass die
Leute eine andere eigene Meinung haben. Meinung wird immer aus
Quellen generiert: Das Gehirn verarbeitet abhängig von seiner
neurophysiologischen Beschaffenheit Input, und gelangt dadurch in
einen Zustand. Ob dieser Input nun in relevantem Maße die
BILD-Zeitung beinhaltet, oder ein Bündel anderer Publikationen, ist
doch qualitativ erst einmal neutral (rein subjektiv gesprochen bin
ich sogar sehr froh, dass mehr Leute der BILD-Zeitung glauben, als
der Jungen Welt oder Indymedia).
Wie ich dir oben schon schrieb, liegt der Unterschied zwischen
Manipulation und Aufklärung vor allem in der subjektiven Wahrnehmung.
Ich missverstehe dich daher nicht, sondern will dich darauf
hinweisen, dass - denken wir uns die subjektive Wahrnehmung mal weg -
beides in diesem Zusammenhang das gleiche ist.
[Weiter geht es wegen der 10000-Zeichenbeschränkung des Forums in
Teil 2]
>> Momentan hat ein jeder die Freiheit, die BILD-Zeitung zu lesen
>> oder es bleiben zu lassen: Niemand wird zum Lesen der BILD-Zeitung
>> gezwungen. Ein Verbot würde also zu weniger statt zu mehr Freiheit
>> führen.
> Das mit der Freiheit ist naive, aber. Gegen Verbote bin ich ja auch.
> Deshalb ja die folgenden Überlegungen.
Was ist naiv? Anzunehmen, dass mich niemand zwingt, die BILD-Zeitung
zu lesen? Wohl kaum. Ich kann dir aus langjähriger Erfahrung
berichten, dass man durchaus in diesem Lande leben kann, ohne von den
geheimen BILD-Truppen heimgesucht zu werden. Meinem Familien- und
Freundeskreis geht das übrigens nicht anders.
> Quatsch, Aufklärung ist nicht dasselbe, sondern gerade das Gegenteil
> von Manipulation.
Objektive Wahrheit findest du nur in den Strukturwissenschaften und
bis zu einem gewissen Grade in den Naturwissenschaften, danach wird
es verdammt schwierig. Ohne objektive Wahrheit jedoch kannst du nicht
subjektunabhängig zwischen Aufklärung und Manipulation unterscheiden,
womit der Unterschied allein im Auge des Betrachters liegt. Was die
einen als Manipulation betrachten, sehen die anderen als Aufklärung
und umgekehrt.
Was veranlasst dich zu glauben, "deine Wahrheit" wäre besser als
"andererleuts Wahrheit"?
> Es geht ja nicht darum, eine andere Wahrheit durchzusetzen, sonder
> alle dazu tzu befähigen, zu durchschauen wie "Wahrheiten" hergestellt
> werden und wer dahinter steckt. Wenn ich dann irgendwelche
> gegenteiligen Meinungen durchsetzen wollte,stünde ich einem Publikum
> gegenüber, das diese genauso hinterfragt.
Offensichtliche Falschmeldungen zu erkennen, ist nicht schwierig,
wenn man es denn will. Niemand der ein ernsthaftes Interesse daran
hat, die Seriösität einer Boulevard-Publikation zu überprüfen, dürfte
daran scheitern, weil er nicht die von dir vorgeschlagenen
Wahrheitsfindungskurse besucht hat. Geht es hingegen darum, den
Wahrheitsgehalt einer Meldung allgemein ermitteln zu wollen, dann
wird es von den offensichtlichen Falschmeldungen abgesehen schon
ziemlich schwierig, und auch deine Kurse dürfte da nicht
weiterhelfen.
Fall 1, Blödsinn im Boulevard-Journalismus: Bei den Leuten, die sich
davon täuschen lassen, ist doch der Boulvard-Journalismus nur ein
Symptom für fehlende Erziehung und Bildung. Und den Leuten mangelt es
doch nicht daran, weil sie zu viele Nachmittagstalkshow sehen,
sondern die Nachmittagstalkshows haben Erfolg, weil es so vielen
Leuten an Erziehung und Bildung mangelt. Ich bin der erste der dafür
ist, wenn jemand einen praktikabelen Weg vorschlüge, diesen Missstand
zu beheben, aber den Boulevard-Journalismus zu beseitigen, hieße nur
an den Symtomen herumzudoktern und dabei die journalistische Freiheit
einzuschränken.
Fall 2, Authenzitätsprüfung einer seriös erscheinenden
Informationsquelle: Hier liegt viel eher mein Problem, denn mit
vertretbarem Aufwand geht genau das nicht zuverlässig, und sich
darauf verlassen "dass es schon stimmen wird, wenn keiner
widerspricht" kann man sich ja leider auch nicht. Bei vielen Dingen,
von denen ich selbst Ahnung habe oder bei denen ich misstrauisch
geworden bin und nachgebohrt habe, musste ich schmerzlich erkennen,
dass selbst der unmöglichste Blödsinn publiziert wird, ohne dass die
Öffentlichkeit das mitbekommt. Ich muss nicht erst den
Katzenfuttertest der Stiftung Warentest bemühen (in dem so ziemlich
alles getestet wurde, ausser die Eignung des Futters für die Katze),
ganze Themenkomplexe sind durchsetzt von allseitiger
Falschinformation, man schaue sich bspw. mal diverse
Computerzeitschriften und das Thema IT-Sicherheit an, oder den
Volksglauben daran, dass Demoskopie-Institute tatsächlich durch
repräsentative Umfragen Wahlergebnisse prognostizieren würden.
Bei Themen, von denen ich selbst wenig oder keine Ahnung habe, muss
ich daher leider befürchten, dass mir Unsinn aufgetischt wird, ohne
dass ich das merke. Jedes interessante Themengebiet so tiefgreifend
zu beherrschen, dass man halbwegs auf der sicheren Seite ist,
verbietet sich aus Zeitgründen leider von selbst, aber dem
Journalisten kann man eben leider auch nicht trauen. Wie auch?
Zumindest der Nicht-Fach-Journalist hat von vielen Thema über die er
schreibt ja selbst keine Ahnung. Wenn zu mir ein Journalist käme, und
mich zu Sachen aus meinem Fachgebiet befragen würde, könnte ich ihm
zum einen bodenlosen Unsinn auftischen, ohne dass er das merken
würde, zum anderen bestünde die Gefahr, dass er das Weitergegebene
nicht im vollem Umfang versteht oder nicht in den richtigen Kontext
zu bringen weiß. Da der Journalist aber vermutlich wenig Interesse
daran hat, selbst Informatik zu studieren, oder sein Geschriebsel
vorher von einer hinreichend großen Anzahl von Fachleuten absegnen zu
lassen, wird er in diesen Fällen Blödsinn publizieren, so wie es ja
auch laufend geschieht.
Wer sich auf das verlässt, was die Presse schreibt, ist also auch
dann verlassen, wenn er "seriöse" Publikationen liest.
> Offenichtlich verstehst du grundsätzlich nicht, dass die Freiheit
> hier (z.B. die Bildzeitung zu lesen) nur eine vorgebliche ist.
Wie ich oben schon schrieb: Mich zwingt niemand, auch nicht indirekt.
> Sie haben das Recht, die herrschende Meinung (die Meinung der
> Herrschenden) zu lesen. Natürlich ist es offiziell genauso erlaubt,
> in der Mittagspause z.B. sagenwirmal Karl Marx zu lesen.
Die BILD-Zeitung hat eine Auflage von etwa 3,7 Mio und eine
Reichweise von etwa 12,3 Mio. Die große Mehrheit der lesenden
Deutschen schafft es offenbar, in der Mittagspause die BILD-Zeitung
nicht zu lesen.
> Das wird durch subtilere Mechanismen verhindert.
Mal abgesehen davon, dass mir grad' nicht einleuchten mag, warum die
Leute ausgerechnet Marx lesen sollten, würden mich diese Mechanismen
en detail sehr interessieren.
> > Bestimmt nicht von mir, erst recht nicht, wenn du vor einem
> > Volksentscheid die Leute in deinem Sinne manipulieren willst.
> Oh, völliges Missverständnis. oder missverstehst du das absichtlich,
> dass ich niemand manipulieren, sondern die Leute zu eigener Meinung
> befähigen will?
Die Leute haben doch eine eigene Meinung, was du willst ist, dass die
Leute eine andere eigene Meinung haben. Meinung wird immer aus
Quellen generiert: Das Gehirn verarbeitet abhängig von seiner
neurophysiologischen Beschaffenheit Input, und gelangt dadurch in
einen Zustand. Ob dieser Input nun in relevantem Maße die
BILD-Zeitung beinhaltet, oder ein Bündel anderer Publikationen, ist
doch qualitativ erst einmal neutral (rein subjektiv gesprochen bin
ich sogar sehr froh, dass mehr Leute der BILD-Zeitung glauben, als
der Jungen Welt oder Indymedia).
Wie ich dir oben schon schrieb, liegt der Unterschied zwischen
Manipulation und Aufklärung vor allem in der subjektiven Wahrnehmung.
Ich missverstehe dich daher nicht, sondern will dich darauf
hinweisen, dass - denken wir uns die subjektive Wahrnehmung mal weg -
beides in diesem Zusammenhang das gleiche ist.
[Weiter geht es wegen der 10000-Zeichenbeschränkung des Forums in
Teil 2]