Herr Lehrer !
Erst einmal möchte ich einiges nur so auf das virtuelle Pult
legen.
1. Eine Verallgemeinerung der TP-Leserschaft kann nur misslingen. Von
Artikel zu Artikel trifft man auf eine recht unterschiedlich gebildete
oder auch nur unterschiedlich motivierte kommentierende Leserschaft.
Lesenswerte Beiträge und „Kopfschüttler“ stehen nahe bei
einander. Von einer „Community“ würde ich hier nicht reden.
2. Du DARFST alles äußern. Nur mußt Du mit
entsprechender Kritik oder gegenteiligen Meinungsäußerungen
rechnen. Also bitte kein Zensurverdacht, Sebastian, nur weil Du hier
keine Meinungsmehrheit hinter Dir versammeln kannst.
3. Die Telepolis hat bei mir, was Filkritiken angeht, keinen sehr guten
Ruf. Entweder wird Schund veredelt (zB „Virus“ mit Jamie Lee Curtis),
oder Filme mit nicht unbedingt nachzuvollziehenden Maßstab
gemessen (teilweise „Winterschläfer“, „Stille nach dem
Schuß“). Diese Artikel waren voll von klaren Meinungen,
Bewertungen, ... Schulnoten eben. Und so trocken geschrieben wie
mancher Schulaufsatz. Auch hier helfen also keine Verallgemeinerungen,
.... hier werden keine rosaroten Tp-Brillen getragen, sondern jeder
Artikel steht für sich allein.
Dieser Artikel hat mich gut unterhalten. Das ist schon mal ein
Pluspunkt, außerdem ist es keineswegs selbstverständlich.
Zweitens hat er mir sehr wohl eine Meinung vermittelt. Die Autorin
macht klar, daß sie den Film für verhoben hält. Und das
tut sie keineswegs auf Stammtischniveau.
( Btw... Sebastian, wenn Deine Bierrunden nach Kinobesuchen auf einem
ähnlichen Niveau stattfinden, kann ich Dir nur gratulieren. Ihr
solltet ein Tonband laufen lassen und / oder Euch bei Stefan Raab
bewerben, hehehe... )
Wenn etwas überflüssig, weil gnadenlos subjektiv ist, dann
ist es plumpes Meinen. Ein Auto, auch Software kann man testen, man
kann mehr oder weniger nachvollziehbare Maßstäbe aufstellen
und hernach bewerten. Bei „Kunst“, oder besser „Fiktion“ ist das so
nicht möglich, oder wenigstens nicht empfehlenswert. Hier
hängt die Bewertung der Zuschauer vom individuellen Geschmack ab,
von persönlicher Erfahrung, vielleicht auch dem eigenen
cineastischen Background ... nicht unwesentlich ebenfalls von der
aktuellen Stimmung.
Soll ich also auf ein trocken dargebrachten „Ist scheiße, der
Film“ - Kommentar oder einen euphorisch – feiernden „Das ist Kunst“ -
Artikel viel geben ? Nachvollziehbare Bewertungen von komplexeren
Filmen sprengen den Rahmen der Tp-Artikel. Ein Bewertungssystem
müßte aufgebaut und erklärt werden, Vergleiche zu
genreähnlichen Vorgängern, einzelne Betrachtung
schauspielerischer Leistungen, etc...
Wenn man es kurz machen will, dann gibt es mehrere Wege. Das reine
Schleifen durch den Kakao zum Beispiel, dessen sich die Autorin zum
Glück enthalten hat. Oder das versuchsweise Messen an dem vom Film
intendierten Anspruch. Mancher Film scheitert halt an sich selbst.
„Gute“ (<- meine MEINUNG, Du hast es doch so mit denen) Kritiker
zeichnen dieses Scheitern (oder auch Gelingen) nach. Sehr gute tun dies
ohne pseudo - pädagogischen Ansatz und werfen auch einen Blick
über den Tellerrand. So wie hier geschehen.
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Noch was für Lehrer – Poesie – Alben:
Ironie als solche zu erkennen reicht nicht. Man muß sie auch
deuten können.