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  • tiago0815

671 Beiträge seit 24.07.2009

Einige Fragen bleiben dennoch offen

 Die gestrige Pressekonferenz bei der durch russische Ermittler der
Flugzeugkatastrophe von Smolensk offizielle vorläufige Ergebnisse der
Untersuchungen vorgestellt wurden, brachte am Rande der Konferenz im
Gebäude von Interfax offenbar noch weitere Erkenntnisse ans
Tageslicht. Laut dem polnischen Fernsehsender TVN bekamen alle hier
erschienenen Journalisten eine Broschüre in die Hand gedrückt, aus
welcher man entnehmen konnte, was die Leiterin der
Untersuchungskommission Tatiana Anodina im wesentlichen zu sagen
habe. Mindestens ein ganz relevantes Detail trug Anodina nicht vor:
Demnach hatten die Piloten der Tupolew das Schicksal der Insassen dem
Autopiloten überlassen, der erst 5,4 Sekunden vor Aufprall
abgeschaltet worden sein soll. Im offiziellen Bericht behauptete man
dann auch noch, dass die Cockpit Tür während der Landung offenstand.
Zwei weitere Details, welche das Rätsel der Ursache des Absturzes
nicht gerade erleichtern. 

Wir wissen schon durch Aussagen von polnischen Ermittlern, dass
Moskau bei der Herausgabe von Beweismitteln und
Untersuchungsergebnissen auf Zeit spielt. Insofern war auch der Gang
von Journalisten zur gestrigen Pressekonferenz ein sinnloser Weg.
Wieder einmal, wie bereits schon wenige Stunden nach der Katastrophe
in Smolensk, versuchten die Russen die Schuld an dem Desaster den
Piloten und einem angeblich im Hintergrund wirkenden Lech Kaczynski
aufs Auge zu drücken, denn von diesen kann keine Gegenwehr mehr
kommen. Angeblich soll sich der Chef der Luftwaffe, General Blasik,
16 bis 20 Minuten (!) vor den Absturz der Tu-154M in der
Pilotenkanzel befunden haben, was nun deutsche- und russische Medien
erneut animierte, mit dem Finger auf den bei der Katastrophe
getöteten polnischen Präsidenten und die Crew zu richten.

Alle offenen Fragen, wie dem Austausch von Landelichtern kurz nach
dem Absturz der Präsidentenmaschine; der Behauptung des Fluglotsen
(wider der Wahrheit), dass die Besatzung keine russischen Zahlen
verstanden habe; eine starke Explosion vor oder direkt zum Zeitpunkt
des Absturzes, die von einem halben Dutzend Zeugen gehört wurde; der
Zustand des Wracks der Tupolew, deren Rumpf, als sei er in einen
Häcksler geraten, praktisch zu 90 % nicht mehr vorhanden war; ein
einwandfrei funktionierendes TAWS- System, obwohl es angeblich über
keine Daten vom Smolensker Flughafen verfügt haben soll; das
Vorhandensein eines mobilen ILS- Systems, welches vor dem Eintreffen
von Lech Kaczynski abgebaut wurde; von örtlichem Lehm verdreckte
Räder der Tupolew die laut Ermittler aber auf dem Rücken gelandet
sein soll, sowie über Einhundert weiterer solcher
ermittlungsbedürftigen Indizien wurden offenbar einfach ignoriert
bzw. eliminiert.

Die Information, dass der Autopilot erst 5,4 Sekunden vor dem Absturz
abgeschaltet wurde, kommt möglicherweise aus den USA, wo zuletzt alle
wichtigen Bordgeräte zur Untersuchung eingetroffen waren. Hierzu
stellt sich nun die Frage, warum die Crew selbst dann noch den
Autopiloten eingeschaltet hatte, obwohl das TAWS-System bereits laut
vor Bodenkontakt gewarnt hatte. Üblich ist es, dass man schon weit
vor dem Erreichen der 100 Meter Grenze den Autopiloten ausschaltet
wenn am Flughafen kein ILS vorhanden ist und zur manuellen Steuerung
wechselt. Aus dieser Höhe sollte man eigentlich den Boden sehen. Wenn
man dennoch nichts sieht, bricht man die Landung ab und zieht das
Flugzeug hoch. "Zwei Kanäle des Autopiloten, verantwortlich für Kurs
und Speed, waren 5,4 Sekunden bevor das Flugzeug erstmal Kontakt mit
einem großen Baum hatte, noch eingeschaltet" - steht in dem Bericht
der russischen Untersuchungskommission.

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