albibi schrieb am 04.06.2017 15:36:
Was ist daran so schwierig zu begreifen, dass der die Idee des deterministischen Kosmos seit Heisenberg obsolet ist.
Herr Lehmann, wo liegt Ihr Problem?
Mein Hauptproblem liegt darin - wie ich gerade unten in meiner Antwort an Eymontop schrub -, dass quantenmechanische Spekulationen zwar sehr populär sind, sich aber, solange keine gut ausgebildeten Quantenphysiker dabei sind, zwangsweise an einer Oberfläche bewegen, auf der immer auch das Gegenteil wahr sein kann. Vielleicht verstehen Sie mehr davon als ich. Ich kenne natürlich die Heisenbergsche Unschärferelation, natürlich Schrödingers Katze, natürlich den Welle-Teilchen-Dualismus und den Kollaps der Wellenfunktion: Aber ich halte es für gewagt, von dort aus zu metaphysischen Spekulationen abzuheben. (Jetzt ganz abgesehen davon, dass die Kopenhagener Deutung nicht unwidersprochen ist.)
Mein zweites Problem liegt darin, dass ich nicht sehe, was die Quantenmechanik überhaupt mit meinen metaphysischen Überlegungen zu tun hat. a) Auch Quantenprozesse spielen sich innerhalb der subjektiv erlebten Welt ab. b) Als naturwissenschaftlich beobachtete Phänomene sind Quantenprozesse zu schwach, um im Gehirn etwas zu bewirken. Synaptische Vesikel sind dafür einfach zu groß.
Und mein drittes Problem liegt darin, dass der Determinismus damit für mich noch nicht erledigt ist. Kausalität ist ein Modus unserer Wahrnehmung. Wir können gar nicht anders, als die Welt kausal determiniert wahrzunehmen. Man kann psychologisch leicht demonstrieren (z.B. durch Priming oder durch elektrische Reizung des Gehirns), dass wir selbst dann, wenn wir die wahren Ursachen unseres eigenen Verhaltens nicht kennen, Gründe dafür konfabulieren. (Darum - nebenbei bemerkt - hat die leidige Frage nach der "Willensfreiheit" auch überhaupt gar nichts mit Determinismus zu tun.)
Darum scheint es mir irrelevant zu sein, ob auf der Ebene der Elementarteilchen Ereignisse sich echt zufällig ereignen. Für unser Verständnis würden wir sie handhaben wie Mustrum Ridcully: "Probably because of quantum." Wir benennen doch wieder einen Grund für den Zufall: "Es ist zufällig, weil es Quantenprozesse sind."