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  • van Grunz

mehr als 1000 Beiträge seit 27.12.2007

Ankäufe wie die der EZB verzerren den Markt

Telepolis hat in einem am 24. Juni veröffentlichten Artikel behauptet, der Kauf von Monsanto durch die Bayer AG sei mit Steuergeldern finanziert worden. Das ist falsch und die Europäische Zentralbank (EZB) und die Bundesbank haben das der Autorin auch mitgeteilt.

Auch wenn etwas "mitgeteilt" wurde, so ist das noch lange kein Argument dafür, daß der Inhalt stimmig ist.

Wenn man sich vor Augen führt, daß die EZB das gesamte Geld des Euroraums verwaltet, welcher seinerseits durch staatliche Strukturen verwaltet wird, die ihrerseits aus Steuergeldern finanziert werden (wer bezahlt denn die Minister et al.?), dann muß man klar erkennen, daß einem hier ins Gesicht gelogen wird. Wären die EZB wie auch die Bundesbank rein privatwirtschaftliche Unternehmen, die ausschließlich aus eigener Kraft Gelder erwirtschafteten (sic!), dann könnten sie damit freilich tun & lassen, was sie wollten -- sind sie aber nicht.

Als staatliche Institutionen sind sie in einem Staat, der dem Selbstverständnis nach demokratisch ist, den Bürgern rechenschaftspflichtig. Ist das nicht der Fall, dann haben wir keine Demokratie.

Im Rahmen des erweiterten Wertpapierkaufprogramms kaufen einige Zentralbanken des Eurosystems neben Staatsanleihen auch Unternehmensanleihen.

Dieses Programm ist in Gänze auf den Prüfstand zu stellen, denn jegliche Kauf-Eingriffe in die Wirtschaft (wozu auch Wertpapiere aller Art gehören) sind schädliche Subventionen.

Die EU hat indes derer, Großkonzerne fördernde, Subventionsprogrammen etliche.

Dieses Programm wurde Mitte 2016 aufgelegt, um eine drohende Deflation in der Eurozone abzuwenden und die Preisstabilität zu sichern.

Eine Deflation ist nichts Negatives.

Die Menschen könnten dann nämlich anfangen, das wertzuschätzen, was sie haben, anstatt mit permanent steigender Inflation auch ihre eigene Wertlosigkeit vor Augen geführt zu bekommen, die mit der ständigen Deregulierung des Arbeitsmarktes einher geht.

Wir wissen:
Ewiges Wachstum kann es nicht geben. Wer so etwas im Wirtschaftssektor haben will, muß den virtuellen (den Geldsektor) vom realen (den Produktionssektor) entkoppeln. Alles Andere führt zur Verelendung.

Das Programm war also keine Reaktion auf die Finanzkrise, wie der Artikel suggeriert.

So gesehen stimmt das, denn es ist ein vorbeugendes Programm, was aber de facto nichts anderes tut, als mit Steuergeldern (sic!) zu verhindern, daß privatwirtschaftliche Größen ins Wanken geraten.

Man subventioniert marode privatwirtschaftliche Unternehmen bereits im Vorfeld mit Steuergeldern, ehe sie einen Dominoeffekt auslösen können, was nur ein Beweis dafür ist, wie schlecht es um unser Wirtschaftssystem tatsächlich bestellt ist. Hätten wir ein solides und gesundes Wirtschaftssystem, wäre der Fall von Großbanken oder auch Großkonzernen kein Problem.

Hier wird einem ins Gesicht gelogen, daß dieses Programm nichts mit Finanzkrisen zu tun hätte.

Durch den Kauf von Anleihen soll sichergestellt werden, dass die geldpolitischen Maßnahmen in der Wirtschaft ankommen.

Wie kann das sein, lautet doch das ewige Mantra des Neoliberalismus: "Der Markt regelt sich selbst"?

Werden Gewinne eingefahren, haut man dem Staat respektive seiner Bürger auf die Finger, wenn er daran in Form von Steuern beteiligt werden soll. Schreibt man aber selbst rote Zahlen, schreit man wie ein Kleinkind, dem der Schnuller fehlt.

Dadurch können Unternehmen leichter investieren, expandieren, und zum Beispiel neue Arbeitsplätze schaffen.

Oder die geschenkten Gelder gleich 1:1 in Profit umwandeln.

Es ist eine vielfach widerlegte Mär, daß Arbeitsplätze geschaffen würden, wenn ein Unternehmen nur genug Profite machte. Tatsächlich vergrößert die zur Verfügung stehende Geldmenge auch die eigene Machtposition auf dem Markt, wodurch man in der Lage ist, unliebsame Konkurrenten wegzubeißen.

Die Bundesbank kauft die Unternehmensanleihen am Markt mit Zentralbankgeld, also keinesfalls mit Steuergeldern.

Da die Zentralbank mit der selben Währung hantiert wie der EU-Staat mitsamt seiner Privatwirtschaft und sie zudem eine staatliche Institution ist, kann auch dies als Lüge entlarvt werden.

Bisher ist so, daß Währungen an die Realwirtschaft gekoppelt sind. Deswegen betreffen Maßnahmen -- wie etwa die Geldmengenvergößerung -- auch die Bürger und damit den Staat selbst. Je mehr Geld in Umlauf ist, desto weniger ist es wert.

Das Eurosystem hat von März 2015 bis Dezember 2018 rund 2,6 Billionen Euro [...] für Anleihekäufe geschaffen[...]

Abgesehen von dem abstrusen Wert von 2.600.000.000.000 € fällt es nicht schwer, die Tatsache zu akzeptieren, daß Geld in der Natur nicht existiert, weil es von Menschen gemacht wurde. Demzufolge kann er es schaffen oder vernichten, wie er will.

Ob das aber der eigenen Rasse dienlich ist, darf bezweifelt werden. Je weiter der Mensch sich von der Realität entfernt, desto eher ist die Wahrscheinlichkeit, daß er sich dadurch selbst ausrottet.

Nichtsdestotrotz kann eine Schaffung aus dem Nichts nicht gelingen, solange noch eine Kopplung mit der Realwirtschaft existiert. Da dies der Fall ist, muß man solche Aktionen als brandgefährlich und marktverzerrend einstufen.

Da die Bundesbank für ihr Geld Anleihen erhält, handelt es sich weder um ein Geschenk noch um eine Subvention, sondern um ein Geschäft, bei dem ein Vermögenswert den Besitzer wechselt.

Das ist aber ein variabler und zudem höchst spekulativer Vermögenswert. Was bringt es der Bundesbank, wenn sie Anleihen für 1.000.000.000 € kauft, die dann aber nach einem halben Jahr vielleicht noch 1.000 € wert sind?

Wer für die "verlorenen" 999.999.000 € haftet (sie sind ja nicht wirklich verloren -- das Geld hat dann nur jemand anderes), dürfte klar sein: die Steuerzahler. Wo soll es denn sonst herkommen?

Man muß sich das auf der Zunge zergehen lassen:
Hier wird ernsthaft behauptet, daß man Geld aus dem Nichts erschafft, ohne die monetäre Kopplung an die Privatwirtschaft zu erwähnen.

Wenn die Anleihe ausläuft, muss das Unternehmen, in dem Fall also Bayer, die Anleihe zurückzahlen.

Was geschieht, wenn das Unternehmen bis dahin pleite ist? Im Falle Bayer ist das sogar sehr wahrscheinlich. Daß man sich mit dem Kauf von Monsanto ein faules Ei hinzugekauft hat, was den ganzen Laden zu verderben droht, das wußten auch die Zentralbanken sehr genau, das konnte man sich an einer Hand abzählen.

Handelt es sich womöglich um diese Anleihen?
https://www.finanzen.net/anleihen/a11qr7-bayer-anleihe

Interessant ist, daß diese erst 2014 geschaffen wurden, aber eine Laufzeit bis 1.7.2074 (!) haben, ergo 60 Jahre. Kein Mensch arbeitet jemals so lange, auf daß er die Konsequenzen aus einem Handeln ziehen müßte, die sich erst nach so langer Zeit ergeben.

Das Volumen von 1,5 Milliarden Euro paßt übrigens hervorragend ins Portfolio der EZB, die schließlich selbst zu Protokoll gibt, in der Privatwirtschaft 178,0 Milliarden Euro investiert zu haben (stellt sich nur die Frage, wo die übrigen 176,5 Milliarden Euro hin sind).

Die Zentralbank erhält natürlich auch die Zinszahlungen auf die Anleihe. Solche Zinszahlungen tragen zum Gewinn der Bundesbank bei, und von den Gewinnausschüttungen der EZB und der Bundesbank profitieren die Steuerzahler.

Wenn die Zinszahlungen (übrigens eine groteske Form der Geldvermehrung, die ersatzlos gestrichen gehört) ausbleiben, was geschieht dann?

Das Eurosystem kauft die Unternehmensanleihen nach dem Prinzip der Marktneutralität.

Wenn etwas "marktneutral" sein will, dann darf es überhaupt keine Anleihen kaufen. Dann greift es nämlich in den Markt ein, dem es gegenüber vorgibt, neutral sein zu wollen.

Das sind marktverzerrende Maßnahmen.

Das bedeutet, dass Anleihen eines Unternehmens im Verhältnis zum gesamten Marktvolumen und zu Marktpreisen gekauft werden und auf diese Weise einzelne Unternehmen nicht über- oder untergewichtet werden. [...] Die Aussage des Artikels, dass "ein großer Teil der Bayer-Anleihen von der Bundesbank mit EZB-Geldern gekauft" wurden, ist somit falsch.

Bayer ist, vor allem nach dem Kauf von Monsanto, eines der größten Unternehmen der Welt geworden. Man will den eigenen Bürgern ernsthaft vermitteln, daß das nicht zu einem beachtlichen Teil von Anleihen führt?

Den Mangel an Transparenz kann man nur mit der Offenlegung von Informationen ausgleichen. Die EZB müßte also, um glaubwürdig klingen zu können, dem Bürger gegenüber offen legen, wie viele Anleihen sie mit welchen Volumina gekauft hat.

Um für den Kauf durch das Eurosystem infrage zu kommen, müssen die Anleihen strikte Auswahlkriterien erfüllen.

Wie bei einer Unternehmenszertifizierung, die das Papier nicht wert ist, auf dem sie steht?

Interessant übrigens auch, daß sich der Text der Seite von Bayer, wenn man sich ohne Scripte und mit Adblocker informieren will, komplett ausblendet:
https://www.investor.bayer.de/de/anleihen/uebersicht/

Eines der Instrumentarien von Herrschaft ist die Informationsvorenthaltung, und dem bedienen sich gerade die Zentralbanken.

Übrigens ist doch die Bundesbank, laut "Die Anstalt", nur eine Filiale der EZB, nicht? ;-)

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