Das ist eine schöne theoretische Abhandlung. Zur Alltagsrealität, welche Sprache - wie du ja festgestellt hast - hauptsächlich prägt, gehört aber eben auch, dass niemand sich unter einem "Arzt" ein geschlechtsloses Neutrum vorstellt, nur weil er mit dem "generischen Maskulinum" vertraut ist. Es stammt aus einer Zeit, in der es kaum oder keine Ärztinnen gab und ist im alltäglichen Sprachgebrauch längst passé. Ein weiblicher "Arzt" ist eine Ärztin. Ein weiblicher "Politiker" ist eine Politikerin, sowie sie sprachlich ganz selbstverständlich auch in der Mehrzahl Ärztinnen und Politikerinnen sind.
Meiner Meinung nach ist das Gendern eben das Resultat einer gesellschaftlichen Entwicklung der Geschlechtergleichstellung und nicht eine Forderung der Anpassung an eine solche. Die Forderung besteht, weil sich das generische Maskulinum in sehr vielen Fällen für sehr viele Menschen bereits falsch anfühlt.
Und selbstverständlich meine ich mit "richtig Gendern" nicht, jetzt ersatzweise ein generisches Femininum einzuführen, wie es die verunglückten Beispiele im Artikel tun.
Manch einem wird man zu diesem Verständnis erstmal einen guten Urologen empfehlen, dessen Name einem jetzt entfallen ist, und sich im anschließenden Telefonat mit dem generischen Maskulinum herausreden müssen. :D