Großartig! Danke. Das wäre konsequent und wäre auch dem Endziel, die Fähigkeit komplexe Sachverhalte verständlich und allgemein nachvollziehbar zu beschreiben abzuschaffen, viel näher und konkret. Gendern ist nur ein Schritt in diese Richtung, aber noch zu harmlos.
Zu den Zeiten des Feudalismus gab es ja allgemein eine offensichtliche Herrschaftssprache, Französisch. Von St. Petersburg bis Washington sprach die Herrschaft i.d.R. fließend französisch und konnte so vor Bediensteten völlig frei alles sagen, ohne Indiskretionen aus der Unterschicht befürchten zu müssen. Während Latein im Mittelalter noch als Gelehrtensprache dem internationalem Austausch diente, Erasmus von Rotterdam ist dafür ein wundervoller Beleg, hat schon die Übernahme Englands durch die Normannen im 11. Jahrhundert, eine Sprachtrennung geschaffen. Am Hof und im Hochadel wurde nahezu ausschließlich französisch gesprochen, der angelsächsische niedere Adel und die komplette Bevölkerung sprach Englisch. Und das verfestigte sich im Westen international bis ins 18./19. Jahrhundert. Die Weigerung der katholischen Kirche, ihre lateinische Liturgie bis 1960 in Landessprache abzuhalten, passt ganz gut dazu. Auch das war ja eine Form von Herrschaftssprache geworden. Nicht ohne Grund war eine der Heldentaten von Martin Luther, die Bibel in das Umgangssprachliche Deutsch zu übersetzen. Er war ja, nicht nur, aber sicher auch deswegen mit dem Tode bedroht und galt Reichsweit als Vogelfrei. Und gerade der deutsche Papst Benedikt rüttelte an dieser Errungenschaft der Neuzeit, und versuchte die Liturgie wieder nur noch in Lateinisch zu etablieren. Eines seiner "Reform-Projekte" als Papst.
Sorry für die Langatmigkeit, aber m.A.n. ist Sprache nicht nur für die Fähigkeit sinnhaft zu kommunizieren entscheidend, ein Speicher von Erfahrungswissen über Generationen, Grundlage von kommunizierbarer Logik, sondern auch gemeinschaftlicher Identität stiftend, was aktuell von oben extrem bekämpft wird - und damit gerade heute, extrem politisch. Fast so, wie im 11. Jahrhundert in England, Sprache schon mal ein Politikum war und das für Jahrhunderte blieb.
Das Posting wurde vom Benutzer editiert (18.09.2021 09:36).