Ich halte die Begründungen für die Veränderung der Sprache als Voraussetzung für gesellschaftliche Emanzipation für falsch. Ich kenne keinen einzigen Text, der auch nur einen Hauch eines empirischen Beleges dafür erbringt, dass die behauptete Fähigkeit von Sprache, Realität zu verändern, gegeben ist. Aber sehr viele, faktisch alle, die dies BEHAUPTEN.
Ich möchte auch ausdrücklich dem Forumisten zustimmen, der bestreitet, dass es eine breite gesellschaftliche Debatte zu diesem Thema gab. Wo fand sie in wahrnehmbarer Weise statt? Wo kam die Mehrheit der Menschen, die die Verwendung des gegenderten Deutschs ablehnt, zu Wort? Im TV? Und warum wird diese Sprachverschweinung gegen eine evidente Mehrheit - ich las verschiedene Zahlen zwischen 66 und 80 % - kompromisslos durchgesetzt?
Aber dazu ist im Forum viel geschrieben worden und ich kann kaum neues vortragen.
Mich aber bewegen zwei andere Fragen zum Thema:
Warum gibt es keine gegenderten Texte, die eine eigene Qualität haben. Wo ist das Buch, der Film, das Gedicht in Genderastendeutsch, dass die Herzen bewegt, die Autoren berühmt macht, die Kassen füllt?
Martin Luther vermochte es die moderne deutsche Sprache in einer Weise zu entwickeln, die noch heute nachzuweisen ist. Theodor Mommsen, deutscher Historiker und Professor, erster deutscher Literaturnobelpreisträger, wurde von Teilen seiner Zunft angefeindet. Aber er vermochte es, deren verstaubte Sprechweise zu überwinden, populär und verständlich zu schreiben, ohne trivial zu werden und hatte beispielgebenden Erfolg.
Es gibt nichts, aber auch wirklich garnichts Vergleichbares in Genderastendeutsch. Die Anwendung dieser abgrundtief hässlichen Sprache beschränkt sich ausschließlich auf Publizistik und Verwaltung. Bereiche, wo sie ERZWUNGEN werden kann und der Rezipient sich nicht dagegen zu wehren vermag (ÖR). Genderasten sind ausschließlich destruktiv.
Und das ist auch die zweite Frage, die mich bewegt. Wie ist es möglich in einer Gesellschaft, die behauptet die freiste denkbare zu sein, gegen den Willen einer Mehrheit, die schräge Idee einer Minderheit mit Zwang durchzusetzen. Und ja, es geht um Zwang. Studenten werden bestraft, wenn sie fehlerfreies Deutsch schreiben. Menschen in Verwaltungen werden zu hirnrissigen Sprachregelungen gezwungen ("getötete Radfahrende") Unternehmen werden gerichtlich gezwungen Genderastendeutsch im Geschäftsverkehr anzuwenden, weil unter ihren Millionen Kunden eine Transe ist, die sich durch die deutsche Sprache diskriminiert sieht. Beispiele kommen ständig neue dazu.
Die Autorin leitet ihren Text schon mit richtigen Überlegungen ein. Letztendlich ist die Identitätsdebatte, wie sie geführt wird, hirnrissiger Unfug und der Kommentatorin, die Clara Zetkin zitierte, zuzustimmen. Losgelöst von der sozialen Bedingtheit von Diskriminierung und Ausgrenzung ist das alles nur lächerlich.
Ich schrieb es vor Tagen schon mal: Wie ist es nur gelungen in der Gesellschaft die Idee zu verfestigen, dass die Kassiererin, die Angestellte, die Krankenschwester etc alles mit der Ausbeuterin in einem DAX-Vorstand verbindet, dass aber der Mann an ihrer Seite, ihr Kollege, Nachbar, ihr Partner, der Vater ihrer Kinder mit denen zusammen sie sich durch den Alltag kämpft, ihr geborener Feind ist?
Im Moment scheint es, dass die Genderasten und Wokeschisten vor Kraft kaum noch gehen können. Die nächste Wahl wird ihnen, obwohl kaum ein Wähler das anstreben wird, einen weiteren Aufschwung geben.
Ob es danach einen rechten autoritären backslash geben wird, weiß ich nicht. Ich fürchte ja und habe keine Freude daran. Nein, ich fürchte ihn eher. Aber ich weiß, dass ich und Menschen wie ich dann nicht an der Seite der sich als "Links" phantasierenden Identitätsniks sein werden. Ob Menschen, die das wie ich sehen, ausschlaggebend sein werden? Vielleicht nicht, kann sein. Sicher aber sollten sie sich nicht sein.