Terre de Femmes warnt seit Jahren vor dieser vermeintlichen Gefahr, das ist ein alter Hut. Leider macht sich der Text nicht einmal die Mühe zu konkretisieren, worin diese Gefahr nun genau bestehen soll. "Terre des Femmes geht davon aus, dass derzeit mehr als 17.000 Mädchen, die in Deutschland leben, potenziell gefährdet sind." Durch was? In Deutschland beschnitten zu werden? Oder in der Heimat beschnitten worden zu sein? Dann sollte sich das irgendwie auch zahlenmäßig in der Kriminalitätsstatistik niederschlagen - schließlich warnt man ja auch davor, dass die Gefahrenlage akut ist. Leider schweigt sich der Artikel hierzu völlig aus, was man damit eigentlich genau meint und die 17.000 Opfer fallen vom Himmel. Das hat bei den hektischen Warnungen von Terre de Femmes leider eine gewisse Tradition.
Es ist wirklich deprimierend, dass ich hier einen Kommentar ausgerechnet aus dem Spiegel zitieren muss, aber in einem sehr gelungenen Essay zu der widersprüchlichen und diskriminierenden Haltung des deutschen Staates zu männlichen und weiblichen Beschneidung geht der Autor auch auf das Zahlenwerk ein, das der vermeintlichen Gefahr zugrunde liegt. Der Artikel ist aus dem Jahr 2018, die vermeintliche Gefahr wird also schon viel länger an die Wand gemalt.
Ich zitiere: "An dieser Stelle nun muss die liebste Statistik der Gefahrenberichterstattung zu Wort kommen: die Polizeiliche Kriminalstatistik (PKS). (...) Anzahl der erfassten Fälle von weiblicher Genitalverstümmelung: 2014: null; 2015: null; 2016: null; 2017: null. Insgesamt seit 2013: null Taten, null Tatverdächtige" (Quelle: https://www.spiegel.de/panorama/justiz/genitalverstuemmelungen-ueber-verstuemmelungen-von-koerpern-und-wahrheiten-a-1225357.html).
Um auf die vermeintliche "Gefahr" zu kommen, die Telepolis hier völlig unkritisch von Terre de Femmes übernimmt, muss man schon gewaltige statistische Tricks unternehmen, vgl. hierzu die Details im o.g. Artikel.
Dabei frage ich mich, was man bei TdF hiermit eigentlich bezwecken will. Es gibt doch schon ein Gesetz, das weibliche Beschneidung explizit unter Strafe stellt. Ein Zustand, von dem Opfer männlicher Beschneidung nur träumen können. Absurd, dass man im Jahr 2012 die Genitalverstümmelung von Männern ohne Betäubung (was in diesem Artikel bei Frauen so gescholten wird, siehe Telepolis-Artikel) per Gesetz explizit erlaubt und bei Frauen im Jahr 2013 explizit unter Strafe stellt.
Das Argument, Beschneidung bei Frauen sei etwas anderes als bei Männern ist falsch und führt in die Irre. Ich verweise auf eine ganze Webseite, die sich dem Thema widmet: www.beschneidung-von-jungen.de, hier wird ausführlichst dargelegt, dass die weiblichen und männlichen Beschneidungsformen sehr ähnlich zueinander sind - sowohl, was die Art der geschädigten Organbestandteile betrifft (ja, auch Frauen haben eine Vorhaut, die Klitorisvorhaut, die bei einer weiblichen Beschneidungsform entfernt wird) als auch was die Schädigung beim sexuellen Lustempfinden betrifft.
Wer das nicht glauben mag, dem sei ein Artikel empfohlen, dessen Autor das Sexualempfinden mit und ohne Vorhaut explizit vergleichen kann, da er erst im Erwachsenenalter beschnitten wurde: https://www.spiegel.de/gesundheit/clemens-setz-ueber-seine-beschneidung-vorher-war-der-sex-besser-a-d1847ec1-6bcd-40ee-aeb5-3fe150056318. Der Kommentar spricht Bände.
Aber das ist alles hinlänglich bekannt und diskutiert worden; gebracht hat es nichts, diesen Wahnsinn zu stoppen, der Männern hier angetan wird. Die Geschlechter-Gleichstellungsbewegung scheint das wenig interessiert zu haben. Zehn Jahre ist es her, dass dieses Unrecht in Deutschland gesetzlich legitimiert wurde - kein Protest, kein Aufschrei der Betroffenen hiervon hat auch nur irgendwen zum Umdenken gebracht.
Ich bin jedoch sehr enttäuscht, dass selbst ein Medium wie Telepolis völlig unreflektiert die Zahlenflunkereien - sorry, anders kann man es nicht nennen, was Terre de Femmes da macht - dieser NGO übernimmt.
Wer weibliche Beschneidung geißelt und die Tatsachen zur männlichen Genitalverstümmelung unkommentiert lässt, macht sich an diesem Unrecht mit schuldig.
Das Posting wurde vom Benutzer editiert (02.02.2024 00:47).