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  • Jerry Tomcat

336 Beiträge seit 17.01.2018

Re: Ihre Einschätzung des Grundgesetzes ist falsch, Frau Gärtner!

Exoteriker schrieb am 21.01.2018 21:25:

Grundrechte können nicht priorisiert werden. Sobald man das macht, gibt es genau ein Grundrecht, und alle niedriger priorisierten Rechte sind keine mehr.

Selbstverständlich geht das. Grundrecht 5 ist wichtiger als 6, 7, 8 usw. Konfligiert 5 mit 7, so wird 5 genommen. 7 ist wichtiger als 9. 22 ist unwichtiger als 3 aber 3 ist weniger wichtig als 1.

Und selbstverständlich ist dann, wenn 1 mit 1+X kollidiert, 1 dem 1+X vorzuziehen. Du willst hoffentlich nicht so schlimm formulieren wollen, daß alle 1+X mit 1 konfligieren und daher immer 1 gilt. Tip: schreib einfach in 1 etwas rein, was nicht mit anderen 1+X konfligiert...

Ich vertrete dezidiert den Ansatz der Widerspruchsfreiheit von Gesetzen und NICHT die Priorisierung, aber wenn man schon widersprüchlich formuliert, so kann durch eine festgelegte Priorisierung wieder Klarheit hergestellt werden.

Es gilt das Prinzip der praktischen Konkordanz bei Grundrechten.
https://de.wikipedia.org/wiki/Praktische_Konkordanz

Das ist eine Meinung und nirgendwo im GG fixiert.

Und in der Praxis ist sowas wie Konkordanz selbstverständlich unmöglich, denn wenn sich Gesetze widersprechen (und das tun die Grundrechte nun mal) und es keine Prioritätsregel gibt, so muß eine Entscheidung pro x und contra y getroffen werden. Bei Widerspruch ist Ausgleich nicht möglich. Das ist simple Logik: A ist nicht B. Entweder es gilt A ODER B (oder irgendein C). Aber A und B können nicht gleichzeitig gelten.

Man kann nicht einerseits behaupten, Forschung & Lehre seien frei, und im nächsten Satz behaupten, die Freiheit der Lehre entbinde nicht von der Treue zur Verfassung. (Art.5 Abs.3). Wenn die Lehre frei ist, dann bedeutet diese Freiheit auch, daß ich nicht verfassungstreu sein muß. Oder aber ich muß verfassungstreu sein, aber dann ist die Lehre eben nicht frei. Diesen Konflikt kannst du nicht auflösen, ohne entweder das Wort "frei" oder das Wort "verfassungstreu" seines Sinnes vollständig zu berauben. Im Zweifel wird das Grundrecht abgewogen, zwischen Freiheit & Verfassungstreue.
Nebenbei haben wir mit Art.5 einen Fall vorliegen, wo sich ein Grundrecht sogar schon intern widerspricht, sogar schon im selben Absatz.

Wer behauptet, es gäbe eine freie Meinungsäußerung, kann nicht gleichzeitig Sätze verbieten wie: "Ich bin der Meinung, daß man alle XY vergasen sollte" . Das ist aber in Deutschland so. Dank Art. 5 Abs.2 wo die Meinungsäußerung sogar durch "allgemeine Gesetze" beschränkt aka zensiert werden kann. Eines dieser allgemeinen Gesetze ist StGB §130.

Und davon, daß das deutsche Recht auch noch einen Unterschied zwischen Meinung und Tatsachenbehauptung macht, man noch viel mehr Meinungen zensieren kann, da sie auch Tatsachenbehauptungen sind, mal ganz zu schweigen. Selbstverständlich ist ein Satz: "Die XY hat es nie gegeben" eine Meinung. Genauso wie wenn ich sage: "Die Maulwürfe hat es nie gegeben." Du weißt, was man für XY einsetzen kann, damit es strafbar wird: Maulwürfe sinds nicht.

In Deutschland darf man bei Strafandrohung nicht einmal behaupten, Gerhard Schröder färbe sich die Haare. Wenn ich sage: "Donald Trump färbt sich die Haare" so interessiert das in den USA niemanden. Und Trump würde auch niemals einen Prozess deswegen vom Zaun brechen, er würde sich absolut lächerlich machen.

Gerhard Schröder ging allein schon wegen der Vermutung einer evtl. Haarfärbung bis vors BVerfG und gewann. Denn in Art.5 Abs.2 wird die freie Meinungsäußerung gleich wieder durch ein ominöses "Recht der persönlichen Ehre" zensiert. Das sind Widersprüche, zwischen Art.5 Abs.2 und Art.5 Abs.1.
Und der Prozess, den Schröder vor dem BVerfG führte, zeigt ja, daß es diese Widersprüche gibt. Denn wäre Art. 5 widerspruchsfrei formuliert worden, so würde entweder Meinungsäußerungsfreiheit ODER persönliche Ehre oder irgendwas anderes gelten. Der Prozess wäre gar nicht möglich gewesen.

Tatsächlich wurde GEGEN freie Meinungsäußerung und FÜR das Recht auf persönliche Ehre entschieden. Grundrechteabwägung, Entscheidung PRO X und CONTRA Y. Nix Konkordanz. Sondern Androhung eines Strafbefehls über 200.000€ gegen die Zeitschrift BUNTE, sollte die Vermutung einer Haarfärbung des G.S. je noch einmal veröffentlicht werden.

Herr Schröder hat eine ausnehmend schöne Frisur. Sagt der Maulwurf. Der sieht leider nicht gut. Aber gut aus. Schön schwarz das Fell. Und nix gefärbt, alles Natur...;-)

Oh, und es kann diese Konflikte geben, z.B. zwischen #5 und #8

Ich sehe hier keinerlei Konfliktpotential. Im Gegenteil. Das Verbot exzessiver Kautionen oder Geldstrafen (#8) STÜTZT den Schutz des Eigentums und das Verbot von Enteignungen ohne gerechte Kompensation (#5). Das Verbot von "cruel and unusual punishment" meint das Folterverbot und das gilt in den USA. Kein Konflikt mit #5, denn das schreibt lediglich vor, daß vor einer Leib- und Lebensstrafe (also Knast oder Todesstrafe, was beides keine grausamen oder ungewöhnlichen Strafen im Sinne der Folter sind) ein ordentlicher Prozess zu stehen hat.

George Mason hat schon sehr darauf geachtet, daß seine Amendments sich nicht in die Quere kommen.

jt

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