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  • Tlazolteotl

mehr als 1000 Beiträge seit 18.04.2008

Re: Wir Deutsche sind in der Regel schwer in Ordnung

-fdik- schrieb am 22.01.2018 12:08:

Tlazolteotl schrieb am 22.01.2018 11:25:

-fdik- schrieb am 22.01.2018 09:59:

Re: Wir Deutsche sind in der Regel schwer in Ordnung

Nein, sind wir nicht.

Da bin ich völlig anderer Meinung. Ich bin Deutscher, und ich bin gerne Deutscher.

Ich bin auch mein ganzes Leben schon Antifaschist. Ich lasse mir von niemandem die Verbrechen meiner Vorfahren anhängen! Ich stehe für das ein, was ich selber bin, was ich selber mache. Und was ich mache ist, dass ich meine Verantwortung wahrnehme, dass Faschismus nie wieder zur vorherrschenden Ideoligie wird.

Ich weiss, dass die allermeisten Deutschen schwer in Ordnung sind. Sicher, auch bei uns gibt's Arschlöcher. Die gibt's halt überall. Aber es ist keinesfalls so, dass wir Deutsche alle Arschlöcher sind. Im Gegenteil.

Wir haben – und darauf bin ich ein bisschen stolz – aus unserer Geschichte gelernt. Wie haben die Verbrechen unserer Vorfahren so gut aufgearbeitet wie kein Volk vor uns.

Wir wissen, wie falsch Hetze, Faschismus, Rassismus und Kulturchauvinismus sind. Weil wir uns intensiv damit beschäftigt haben. Wir wissen, wie falsch Militarismus und Krieg sind. Wir wissen, wie wichtig Frieden ist.

Das lass ich mir nicht wegnehmen.

Und dennoch bleibt der Makel an uns haften, wie ein Kaffeefleck in einem Buch, welches man immer wieder vervielfältigt und weiter gibt. Was wir daraus machen und uns annehmen, ist jedoch in der Tat eine andere Sache.

Im Gegenteil. Heute gibt es wieder starke politische Kräfte in Deutschland und ausserhalb Deutschlands, die uns zurück in die Militaristen-Rolle bringen wollen. Denen sei gesagt:

Nie wieder!

Du wirst wohl bei der Mehrheit der Deutschen damit problemlos eine Einigkeit erzielen können.

Zurück mit der Bundeswehr ins Land! Diese Armee ist zur Landesverteidigung gegründet worden, und nicht, um Raubzüge im Ausland zu führen!

Rückbau der Bewaffung auf reine Verteidigungstaktik! Kein Umbau von Eurofightern in Jagdbomber! Diese Geräte sind dazu da, dass sie den Luftraum Deutschlands verteidigen, und nicht dazu, fremden Luftraum zu verletzen und dort Bomben zu steuern oder auch noch selbst abzuwerfen! Stoppt den Militarismus!

Die Idee der Bundeswehr ist der Staatsbürger in Uniform, und nicht alle Staatsbürger sollen nun uniformiert werden! Unsere Gesellschaft braucht keinen Militarismus!

Wenn wir uns einig sind, dass von unseren Nachbarländern keine Bedrohung ausgeht, können wir die Bundeswehr auch ganz auflösen. Solange wir das nicht sind, kann es von mir aus eine Armee zur Landesverteidigung geben. Aber das war's!

Ich will keine Militäreinsätze schönreden, aber ich fürchte, man kann die Welt um einen herum auch nicht einfach ignorieren. Ich sehe die Situation heute nicht, aber wer weiß was da noch kommt. Zu Handeln, frei nach dem Motto "Der Klügere gibt nach" ist keine besonders intelligente Maxime, denn irgendwann haben die Dummen damit die Oberhand und man ist von ihnen umzingelt. Ich bin kein Fan dieser "Werte" Phrase, aber irgendwann wird man sich positionieren müssen, wenn man sich nicht vollständig auf der Nase rumtanzen lassen will.

Es geht hier nicht um Schuld, sondern um Risiko, Risikovermeidung, Kosten und Nutzen. Der Bürger will verständlicher Weise keine Verschlechterung seiner Lebensumstände.

Oh doch, es geht immer um Schuld bei Mord und Totschlag. Und es geht immer darum, Mass zu halten, abzuwägen und einen kühlen Kopf zu behalten.

Ich rede nicht von Einzelfällen, sondern habe größere Maßstäbe im Blick. Den Luxus der Einzelfallbetrachtung kann man sich leisten, wenn einem das Thema noch nicht über den Kopf gewachsen ist. In Situationen wie 2015 / 16 bleibt dir gar nichts anderes übrig, als die Risikobewertung an die Situation anzupassen, weil Einzelfälle nicht mehr beherrschbar sind.

“Der Bürger” will was jeweils ganz unterschiedliches. Wir Bürger wollen eben nicht alle dasselbe, sondern es gibt unterschiedliche Meinungen. Und das ist ganz gut so. Deshalb die Idee, dass wir über wichtige Dinge abstimmen, aber gleichzeitig auch Minderheitenrechte achten, und unsere Mitbürger nicht einfach wegbügeln.

Ich hoffe doch ernsthaft, dass wir uns nicht streiten müssen, dass es einen extrem breiten Konsens in der Bevölkerung gibt, was das Bedürfnis nach Sicherheit und Stabilität für die eigenen Lebensumstände angeht.

Davon abgesehen habe ich selbst erlebt, das man als Deutscher in Frankreich nach wie vor mit dem NS Regime in Verbindung gebracht wird.

Ja, und das ist falsch. Lass uns diesen Fehler erkennen und nicht wiederholen! Lass uns mit denen unter unseren französischen Nachbarn sprechen, die das falsch machen – die meisten jedoch sind auch dort schwer in Ordnung meiner Erfahrung nach.

Ich finde, das alles ist eine Haltungsfrage. Wir könnten Haltung zeigen, nein: wir sind gefordert, hier Haltung zu bewahren.

Übrigens: Haltung ist eine Tugend, die zutiefst in unserer deutschen Kultur verankert ist. Genau wie Grosszügigkeit, Fleiss, Hilfsbereitschaft und Perfektion in dem, was wir tun.

Die Leute plappern immer über eine “Leitkultur” – ausgerechnet die, die unsere Werte so überhaupt nicht zeigen. Ich kann da nur Reinhard Mey zitieren: deren Werte sind immer die verkehrten!

Viele meinen mit Leitkultur weit weniger hochtrabende Dinge, sondern verlangen, dass sich Neubürger schlicht nicht wie die letzten Assis verhalten. In Deutschland findet das Leben nicht auf der Straße statt und es gab zumindest mal das latente Bewusstsein und Bemühen, dass man seinen Mitmenschen nicht auf den Sack geht. Letzteres weicht aber immer mehr der Ignoranz und Provokation, was bei weitem nicht nur ausländischen Mitbürgern, sondern auch einer ganz mies erzogenen jungen Generation zu verdanken ist.

Aber wir haben Werte hier in Deutschland. Dass wir nie wieder Krieg wollen, und friedlich bleiben, dass wir erkannt haben, wie falsch Militarismus, Faschismus und Rassismus sind, das alles zählt dazu.

Das haben wir erreicht. Es ist viel.

Die allermeisten Deutschen wollen nicht den Krieg in Afghanistan. Sie wollen, dass die Bundeswehrsoldaten nach Hause kommen, und nicht in fremden Ländern auf andere Menschen schiessen, oder sich erschiessen lassen.

Die meisten wollen das nicht. Frag mal ein paar Deiner Freunde und Bekannten.

Da muss ich nicht Fragen, ich kenne die Antwort auch so und ziehe deine Aussage nicht im Geringsten in Zweifel. Ich weiß aber auch, dass eben keiner die Verantwortung für den Rest der Welt und deren Probleme übernehmen will. Jeder lebt hier schon in seinem Hamsterrad und ist damit ausreichend belastet. Die haben weder Lust auf eingeschleppte Probleme noch auf sonstige Mehrbelastung zu Gunsten anderer, ganz egal welcher Grund dahinter steht. Wer das ignoriert, macht damit die Arbeit für den braunen Sumpf.

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