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  • Bajoran

mehr als 1000 Beiträge seit 22.12.2015

Re: @RJellen Feministische Lebenslügen zurück in die Geschichte transferiert

Das ist die erste ernsthafte Kritik an Jellen aus der Sicht der politischen Ökonomie, die ich hier gesehen habe. Bravo!

Aber ich bin mir nicht sicher, ob du die Sache im Detail richtig fasst.

Der Sklavenbesitzer lebt nicht von der Arbeit der Sklaven, sondern diese umgekehrt von seiner Arbeit und seinen Ressourcen?

Genau! Und in Verhältnissen der patriarchalen Vielehe werden Frauen als Quasi-Sklaven gehalten. Sie und ihre Kinder produzieren den Reichtum der Familie. Denn Reichtum ist aufgehäufte Arbeit, immer.

Es ist doch unverkennbar, die männliche Verpflichtung auf das Teilen seiner Ressourcen macht einen Mann attraktiver, der mehr davon hat, denn es wird stillschweigend vorausgesetzt, dass Frau und gemeinsame Kinder davon profitieren.
Der seit Jahrhunderten dem Mann vorgeworfene "Egoismus" ist vor diesem Hintergrund substanzlos.

Darauf läuft Jellens These hinaus. Das ist ihr eigentlicher Inhalt, den Jellen aber nicht wahrhaben will. So ist es aber nicht. Der Mann ist in der patriarchalen Familie der Herr. Die ihm untergebenen Frauen und Kinder produzieren für ihn. Ob ich das als Egoismus bezeichne oder nicht, ist egal. So sind nun mal die Verhältnisse. Er ist der persönliche Eigentümer. Er wird seine Arbeitskräfte (Frauen und Kinder) nicht leiden lassen, wenn er halbwegs clever ist, logisch.

Erst wenn Frauen kein eigenes Motiv und kein eigenes Interesse haben an einer bestimmten historischen Situation, wenn sie also passive Hascherl sind und im Grunde KEIN Mitglied der Gesellschaft, dann kann diese Heuchelei funktionieren.

Das ist im Prinzip richtig. Ich nehme mal an, du definierst Interessen als materielle Interessen. Nun, wenn Frauen zur Heirat mit einem bestimmten Mann gezwungen werden, haben sie erst einmal keine Möglichkeit auf ihr Schicksal Einfluss zu nehmen.

Was die Arbeitsteilung nach Geschlecht zusätzlich befeuerte, denn Frauen waren noch stärker lokal gebunden und in die Kinderaufzucht involviert, während sich zwangsläufig ergab, der Mann musste mehr Nahrung produzieren.

Das ist, glaube ich, einfach falsch. In fast allen großen historischen Bauernkulturen der Welt, stehen die Frauen auf dem Feld, sitzen am Mühlstein, gehen mit ihren Wasserkrügen auf dem Kopf zum Brunnen und produzieren den Großteil der Nahrung. Die Kinderaufzucht läuft komplett nebenher. Mit ihrem Neugeborenen auf dem Rücken müssen sie gleich wieder aufs Feld. Die Großeltern oder andere Familienmitglieder übernehmen später Erziehung und Aufsicht. Sobald die Kinder etwas größer sind, müssen sie natürlich ihre Arbeitskraft ebenfalls zur Verfügung stellen.

Weil sich historisch und kulturell durchgesetzt hatte, dass Arbeit und Ressourcen von Männern als "shareware" zu betrachten sind.

Im eigentlichen Patriarchat sind Männer die Besitzer. Frauen haben keinen Besitz, außer ihrer Arbeitskraft.

Eltern - und 50% von "Eltern" sind Frauen (shocking!) - konnten Söhne weiterhin darauf verpflichten, sie im Alter mitzuversorgen.
Dazu mussten sie in der Herkunftsfamilie verbleiben.
Die gleiche Logik und nicht "Frauenverachtung" sorgt dafür, dass chinesische und indische Bauern potentiell weibliche Säuglinge abtreiben - es ist nämlich in ihrem ureigensten Interesse.

Auch das scheint mir so nicht zu stimmen. Die eingeheirateten Frauen sind es doch, die mit ihrer Arbeit die Schwiegereltern versorgen. Das Problem in Indien ist, dass der Mann diese Arbeitskraft, die Frau, die er heiraten will, nicht einkaufen muss. Nein, ganz im Gegenteil. Die Familie der Frau muss auch noch dafür bezahlen, dass ihnen eine Arbeitskraft abgenommen wird. Da macht es natürlich Sinn, sich diese Kosten zu sparen und weibliche Babys zu töten.

Das Posting wurde vom Benutzer editiert (13.04.2021 13:06).

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