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  • crumar

mehr als 1000 Beiträge seit 08.03.2007

Bilanzfälschung des kleinbürgerlichen Feminismus

Vorab: Der Autor schrieb und schreibt größtenteils sehr gute Texte und ich möchte nicht, dass meine Anmerkungen abwertend klingen.
Nur ist er offensichtlich auf einige permanent und penetrant vorgebrachte feministische Argumente hereingefallen, die materielle oder biologische Grundlagen leugnen.

So hier z.B.: "Auch der Altersunterschied zwischen Partnern in einer gemischtgeschlechtlichen Lebensgemeinschaft spielt eine Rolle. Immerhin bei 23,7 Prozent betrug im Jahre 2019 in Deutschland der Unterschied vier bis sieben Jahre, bei 14,2 Prozent sieben bis elf Jahre."

In einem freien Partner- und Sexualmarkt ist es doch offensichtlichen, welchen weiblichen Imperativen die Wahl folgt - der Mann hat bereits Ressourcen und Status erarbeitet und ist damit attraktiver als gleich alte Männer.

Die aktive Rolle der "sexuellen Selektion" der Frauen Ernst zu nehmen bedeutet, sie sind nicht zufällig in solchen Partnerschaften, sie wollten es so.
Wenn das Kriterium der Partnerwahl die eigene materielle Absicherung und die der gemeinsamen Kinder ist, dann braucht man sich über traditionelle Arbeitsteilung nach Geschlecht nicht zu wundern.
Solche biologischen Realitäten möchten Feministinnen am liebsten leugnen.

Der nächste Satz ist tricky: "Männer in Partnerschaften teilen ihr Einkommen mit dem der Frauen."
Erstens Frauen haben einen hälftigen Anspruch auf das Familieneinkommen.
Demgegenüber trugen "Frauen in Partnerschaften (...) 2013 ein gutes Drittel zum gemeinsamen Haushaltseinkommen bei".
Ja, von denen, die einer Arbeit nachgehen - was ein Drittel aller Frauen in D mit einem Kind unter 18 Jahren im Haushalt gar nicht tut. Das sind reine Hausfrauen.

Zweitens bedeutet der hälftige Anspruch jedoch, das "Patriarchat" der bürgerlichen Gesellschaft hat damit bereits normativ festsetzte, die Arbeit in und außerhalb des Hauses ist gleich viel WERT.
Sonst ließe sich der hälftige Anspruch gar nicht begründen.
D.h. egal, ob es sich um Haus- oder Care- oder Erwerbsarbeit handelt, egal ob qualifiziert oder unqualifiziert.

Der "Wert" der identischen Stunde "putzen" oder "Kinderbetreuung" richtet sich damit nach dem Einkommen des Mannes und eben nicht nach der Konkurrenz auf dem Arbeitsmarkt (diese Konkurrenzverhältnisse wollte man der bürgerlichen Frau gerade ersparen).

Schöner Euphemismus: "Wer in einer Partnerschaft oder Ehe ein höheres Arbeitseinkommen nach Hause bringt, ermöglicht der jeweils anderen Person insofern einen höheren Lebensstandard."
Wer nur in einem Mini-Job arbeitet, der kann davon schlicht nicht leben.
Er kann nicht nur der Verpflichtung zur Finanzierung der eigenen Existenz nicht nachkommen, sondern auch nicht der von Kind/Kindern.

Die Selbstverständlichkeit, mit der unterschlagen wird, dass eine Frau bei der Existenz von zwei Kindern für 50% der Care- und Hausarbeit für diese Kinder sowieso zuständig wäre, dass sie selber 50% der Miete, der Nahrungs-, der Kleidungskosten zu tragen hätte ist atemberaubend.

Noch atemberaubender: sie kocht tatsächlich auch für sich selbst, sie putzt und wäscht für sich selbst, so wie sie das tun MÜSSTE, wäre sie Single.
Die kleinbürgerlich feministische Bilanzfälschung der Zeitverwendung beruht auf der Ideologie, eine Frau ist dafür schlicht nicht zuständig, denn sie wird selbstverständlich vom Mann versorgt.
Alles was sie demnach tut, tut sie in dieser Ideologie aufopferungsvoll für andere. Nope, nur alles, was sie über das HINAUS tut, was sie ohnehin tun müsste, um sich zu reproduzieren (und anteilig Kind/Kinder).

EIGENarbeit erzeugt auch beim kochen keinen Wert, weil ich selber konsumiere, was ich produziert habe - weshalb ich von der feministischen Forderung nach bezahlter "Hausarbeit" im Kontext von "Single-Haushalten" noch nie gehört habe.

"Frauen leisten im Durchschnitt mehr Haushalts- und Sorgearbeit, Männer mehr Erwerbsarbeit."

Ich möchte den Satz anders formulieren: Männer stellen per eigener Erwerbsarbeit Frauen dafür frei, Haushalts- und Sorgearbeit überhaupt verrichten zu können.

Wie weit feministische Argumentation hinter der Realität zurück und in einem Lala-Land hängt, sieht man an diesem Zitat (nicht vom Autoren): "Wenn der (männliche) Arbeiter auswärts essen oder vorgepackte Mahlzeiten kaufen, seine Wäsche zum Waschsalon bringen müsste usw., würde er mehr ausgeben, als wenn eine Frau für ihn zu Hause kocht und wäscht."

Als existierte keine Waschmaschine, als könnten Männer nicht kochen oder wenigstens Brote schmieren und als wäre eine zu Hause sitzende und zu versorgende Frau nicht wesentlich teuer als eine komplette Miele-Einbauküche (und Waschmaschine und Wäschetrockner und Thermomix).
So ein Quatsch wird 2019 noch veröffentlicht - als wären wir in den 1950ern.

Ansonsten unterschreibe ich natürlich die Forderungen vom Autoren.
Das Credo "Beutet sie aus, so lange sie jung sind!" muss endlich weg.
Prima wäre auch die Abschaffung von ungesicherten und prekären Arbeitsplätzen, die eine Planung für die Zukunft mit einer Familie erheblich erschweren.

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