caphorn schrieb am 30.12.2022 14:56:
Nach der russischen Invasion in der Ukraine hat der Westen ein Embargo gegen russisches Öl und Kohle beschlossen und durch die Sperrung von Nord Stream 2 den russischen Gashandel sanktioniert.
Ich meine wenn man das als Zitat in einem Text liest, wie kann man den dann noch ernst nehmen?
Nord Stream 2 wurde nicht "gesperrt", sondern war kurz davor in Betrieb zu gehen und wurde dann gesprengt.
Nein, die Genehmigung zum Betrieb wurde ausgesetzt.
Von wem sagt uns der Autor nicht, kann er ja auch gar nicht, aber weil "der Westen" in dem, was er uns sagen will das Heft der Handlungsoption in der Hand haben muss, schreibt er "gesperrt", statt gesprengt, was er "dem Westen" natürlich niemals unterstellen würde.
Warum sollte "der Westen" auch Pipelines sprengen?
War schlicht unnötig, weil sowieso keine Betriebserlaubnis.
Insgesamt betrachtet waren beide Pipes für die Energieversorgung in Europa nicht notwendig. Die RF wollte sich damit den Rücken freihalten während die Kolonien, die damit wirtschaftlich noch abhängiger von der RF geworden sind, damit erpressbar waren.
Allein dieser Satz, mit dem was dann doch gesagt wird, indem etwas falsch gesagt wird, kommt mit derartig verwirrt vor, dass ich ihn für symptomatisch halte.
In den vergangenen 500 Jahren fiel die Antwort eindeutig aus: Niemand bezweifelte die wirtschaftliche Überlegenheit des Westens. Doch die globalen Spielregeln ändern sich. Möglicherweise hat Putin diesen Umstand früh erkannt und eiskalt ausgenutzt.
Putin hat bis vor kurzen versucht, nach den Spielregeln zu handeln, die aus der globalen wirtschaftlichen, aber vor allem militärischen Überlegenheit des Westens heraus vom Westen diktiert wurden.
Putin handelt seit Amtsbeginn nach eigenen Spielregeln.
Weil ihm die der UN nicht passen.
Fängt schon mit dem Tschetschenien-Krieg an.
Noch im Dezember letzten Jahres hat er innerhalb dieser "Spielregeln" Vorschläge unterbreitet, wie unter Berücksichtigung aller Interessen die geopolitischen Verhältnisse ohne eine brutale Dynamik hätten verhandelt werden können.
Er hat keine Vorschläge unterbreitet, sondern unannehmbare Ultimaten gestellt.
Das tut er bis heute.Jo
Der Westen hat das, wie in den ganzen letzten Jahren ignoriert; wie nach dem Zerfall der Sowjetunion, wie nach dem Putsch in der Ukraine 2014, wie nach dem Fake Abkommen von Minsk, wie nach den Bombardements des Donbass. Jetzt herzugehen und zu spekulieren, Putin habe möglicherweise die sich ändernden globalen Spielregeln früh erkannt und darauf gesetzt, ist wirklich eine "lustige" Denkungsart, die den Westen in einer Opferrolle Putin gegenüber verortet, sein eigenes eiskaltes Beharren auf die als offenbar unveränderlich empfundenen Spielregeln der Macht aber konsequent ausblendet. So quer denken die Senior Research Fellows des WeltTrends-Instituts für Internationale Politik? Dann wundert mich auch nicht, dass sie nicht wahrhaben wollen oder können, wie der russische Gashandel durch die Sprengung von Nord Stream 2 endgültig sanktioniert wurde. Und dass dort möglicherweise die Ursache für das liegt, was Herr Prof. hon. Alexander Rahr immerhin als "Geschwächter Westen: Die große geoökonomische Zeitenwende" zu erkennen in der Lage ist...
Kurz gesagt, der Held hat versagt und ist dadurch in die alten imperialen Muster geschlüpft - gepaart mit Wahnideen.