Die sog. Fallpauschale sollte einen Missstand des vorherigen Vergütungsmodells beseitigen: Davor war es für die Krankenhäuser sehr lukrativ die Patienten möglichst lange im Krankenhaus zu halten. Jedenfalls in den Problemregionen.
Das auch eine eigene Abrechnung der Pflegeleistungen das Problem nicht grundsätzlich löst, kann man ja wunderbar in der Altenpflege beobachten.
Dort gibt es Pflegesätze und keine Fallpauschalen. Trotzdem ist der Beruf des Altenpflegers wesentlich unbeliebter, als der des Krankenpflegers.
Daher wurde ja im letzten Jahr mit viel Tamtam die Ausbildung reformiert und die Ausbildung zur Pflegefachkraft angestoßen, damit die Altenpflege quasi unter dem Label der Krankenpflege mitsegeln kann.
Das System die niedergelassenen Ärzte finde ich viel erheiternder.
(Dort wird ja jetzt wenigstens die Benachteiligung des Ruhrgebiets aufgehoben und ein seit 1993 bestehender Missstand, als dieses Gebiet als einziges einen "Sonderstatus" bekam, behoben.)
Die niedergelassenen Ärzte werden von der Denke her als Freiberufler betrachtet, die praktisch alle Verrichtungen am Patienten selber vornehmen. Deren Arzthelferinnen seien lediglich die dienstbaren Geister, welche hauptsächlich den Verwaltungstechnischen Kram übernehmen und kleine Handreichungen vollbringen. Daher werden die meisten Verrichtungen recht hoch vergütet. Ein Arzt der nach diesem Modell arbeitet, hat ein recht gutes, aber nicht außergewöhnlich hohes Einkommen.
Das Modell klemmt allerdings an zwei Seiten:
1.) Der Landarzt in der Pampa, der womöglich sogar recht lange Fahrzeiten bei den Hausbesuchen hat, bewegt sich am unteren Ende der Einkommensskala.
2.) Bei uns setzt sich immer mehr der Kassenarzt als Unternehmer durch. Dort verrichten nicht nur die Arzthelferinnen einen großteil der Tätigkeiten, nein diese Leute haben auch selber angestellte Ärzte (gerne Berufsanfänger oder aus Osteuropa), die für schmales Geld deren Arbeit durchführen. Das skaliert ganz ordentlich und sorgt dafür, dass unsere Ärzte ihre "Work-Life-Balance" ernst nehmen, bzw. mit ihrer Zeit lieber die Privatpatienten behandeln.
Möglich wird der ganze Irrsinn durch die sog. Kassenzulassung. Nein, dies ist nicht ein Befähigungsnachweis auch Leistungen für gesetzlich Krankenversicherte erbringen zu können, wie mancher naiver Zeitgenosse vielleicht glauben könnte, sondern ein Recht, welches auch vererbt oder verkauft werden kann!!! Damit gibt es auch das Recht den Kundenstamm und deren Krankenakten gleich mitzuverhöckern. Also nicht wundern, wenn der "Neue" dann schon den kompletten Krankheitsverlauf in den Händen hält.
Für den niedergelassenen Arzt sind seine Praxis (mit den ganzen Geräten), der Kundenstamm und die besagte Kassenzulassung ein wesentlicher Teil seiner Altersvorsorge, die natürlich eine hohe Rendite abwerfen soll. (Bezogen auf den eigenen Erwerb). Dies ist der zweite Teil des sog. Landarztproblems. Die neuen Landärzte sollen natürlich für gutes Geld diese Sachen übernehmen und dann mit ihren eigenen Einnahmen den dafür erforderlichen Kredit abstottern. Wenn sich aber die Region entvölkert und die Kunden wegsterben, ist die Chance hoch, trotz viel Arbeit mit einem Verlust aus dieser Sache herauszukommen.
Jetzt will NRW ja die Medizinstudenten zweiter Klasse einführen, um dieses Problem zu lösen.
Für das Gesundheitssystem, die Pflege (und auch die GRV) gilt:
1.) Alle Systeme sind unterfinanziert. Aber eine Anhebung auf die realen Kosten würde einen massiven Nettolohnverlust bedeuten, daher läßt man lieber die Finger davon.
2.) Da in Deutschland die Lohnkosten der mit Abstand größte Kostenfaktor sind, wird hier am Stärksten gespart. Dann muss die Pflegekraft halt noch für mehr Patienten rackern oder pflegefremde Tätigkeiten übernehmen, damit die Kasse stimmt.
3.) Auch für diese Bereiche gibt es ein Qualitäts- und Gerechtigkeitsproblem. Das kleine Dorfkrankenhaus mag zwar lauschig und familiär sein, hat aber kaum die erforderliche Praxis und Erfahrung, um mit Problemfällen die plötzlich auftreten können, angemessen umgehen zu können. Die Bettenburg mit Massenabfütterung für den Großstädter, der sowieso den ländlichen Raum quersubventioniert mit dem Sanatorium Lebensabend auf dem flachen Land, wird nicht zu machen sein.
4.) Aber das Hauptproblem unseres Systems ist der Standesdünkel, die Ungleichbehandlung von Freiberuflern, Unternehmern im Vergleich zu den zwangsversicherten Angestellten. Der "Private" versichert nur sein ganz persönliches Risiko. Die Solidarität ist für die Anderen. In der Rentenversicherung zahlen die Anderen die Rente für seine Alten, während er sein Vermögen gewinnbringend investieren kann. Wenn dann doch alles schieflaufen sollte, dann wird man ihn auch nicht mit der Blechbüchse in der FuZo finden. Nein, dann gibt es Hartz IV bzw. die Grusi, auf denen sich auch der größte Teil der Angestellten wiederfinden wird. Vielleicht bekommen die nach vielen Jahren der Zwangsabgabe Geld für eine Kiste Bier mehr im Monat. Aber mehr ist das unseren Politikern nicht wert. Aber klar! Das liegt ja auch daran, dass nur ein verschwindend geringer Teil von diesen selbst in diese Sozialsysteme einzahlt. Die Kassen der Anderen zu plündern ist in Berlin schon sehr lange ein Volkssport.
Das Posting wurde vom Benutzer editiert (12.08.2018 11:18).