Auf der einen Seite wird jetzt das stumpfe Machogehabe von wegen "Frauen an die Brust oder den Hintern greifen, ja Hilfe, sowas geht ja gar nicht" als toxisch männlich abgelehnt. Auf der anderen Seite wird nun gefordert, dass dagegen eingeschritten werden müsste, am besten auf bewährt toxisch männliche Art.
Wie stellt man sich das dann in der Praxis vor?
Ich meine, dass es nebensächlich ist, der holden Weiblichkeit mal wieder den Arsch nachzutragen, da man es als Mann gewohnt ist. Ehrlich gesagt, ist es auch schön, gebraucht zu werden. Auch wenn es etwas sexistisch ist, und ich mich deswegen schlecht fühlen sollte, ich mag es trotzdem.
Aber wenn ich jetzt wie ein wütender Gorilla aufspringe, rüberrenne und dem Grabscher die Hand breche, und dann auf seine Freunde einschlage, wie es mir beliebt, dann bin ich ein rechtes Arschloch. Es wird angenommen, dass ich etwas gegen Ausländer habe. Dem armen Dichter und Denker, der jetzt vier Wochen mit einem Gipsverband und gebrochenem Gebiss dasteht, muss gegen einen solchen Rassismus geholfen werden, gegen solche Abscheulichkeiten...
Und wenn ich dann nichts tue, weil ich nicht toxisch maskulin erscheinen möchte und davon ausgehe, dass die Dame in der Lage ist, sich selbst zu helfen, aber dann feststelle, dass die Dame tatsächlich nicht in der Lage war, sich selbst zu helfen, dann muss etwas getan werden. Das geht so nicht. Am besten eine Ausweiskontrolle und Überwachungskameras...
Wie verhält sich also ein moderner Mann in Berlin? Ganz doof gesagt, hört es sich doch verdächtig danach an, dass man etwas tun soll, aber nicht zu viel, aber trotzdem etwas tun, aber wie helfen...
Ich muss dazu sagen, auf gut Bayerisch geht das leichter. Da hat man eine rechte und eine linke Faust, und der Grabscher wird sich nicht mehr viel bewegen können. Und im Notfall, wenn der Grabscher behauptet: "Dann hat er meinen Freund am Bein gepackt und ihn wie eine Keule gegen mich geschwungen", dann hat ein ganzes Freibad voller Leute nichts gesehen, und der Bademeister ist ganz zufällig auf den Knopf gekommen, der die Aufnahmen vom letzten Tag löscht, und ich sitze in der ecke und futter Pommes. Und der Rettungssanitäter stellt dann fest, dass der Grabscher einfach nur sehr unglücklich gestürzt ist... Aber das ist wohl nur in Bayern akzeptiert, bayrische Manieren sind eben etwas grob für Preußen.
Und wenn ein Spargeltarzan den Bademeister mit einer Fahrradkette schlägt, dann wissen die meisten Leute genau, dass sie für die nächsten vier Minuten wegschauen sollen. Es sind nur spielende Hunde, und die beeindruckende bayrische Natur. Das klang jetzt zwar so, als würde ein Grabscher mit einem Handgelenksbruch gezwungen, eine Fahrradkette zu fressen, und er bekommt Ohrfeigen, bis er das ganze Teil unten hat. Ja, das ist nur die berühmt berüchtigte bayrische Natur, die kennst du als Großstädter nicht. Das ist der berühmt-berüchtigte Ohrfeigenvogel, der so schön singt, und kann auch ganz toll schmerzensschreie nachmanchen...
Wie erklärt man jetzt einem Menschen, der gerade ein Verbrechen begangen hat, auf Hochdeutsch den Konsens oder die deutsche Kultur, ohne selbst ein Verbrechen zu begehen? Besonders dann, wenn sich keine Dame einschaltet, wenn es keine weibliche Solidarität gibt, überhaupt nichts? Denn irgendwie hätte ich erwartet, dass in zivilisierteren Gegenden ein Deeskalationsteam geschickt wird, das beruhigend auf das Mädchen einredet, ihr sagt, dass es gar nicht so schlimm war, dass dem jungem Mann bestimmt nur die Hand ausgerutscht ist...
Nehmen wir nun an, ich werde verletzt. Es kann sein, dass ich als Corona-Opfer unter Langzeitfolgen wie Long Covid leide, oder dass ich etwas zu viel auf den Rippen habe oder einfach nicht in Form bin. Oder ich habe mich überschätzt und kann nicht gegen vier andere antreten. Oder der örtliche Gutmenschenverein nimmt die Videoaufzeichnung und klagt mich dann wegen Körperverletzung an... Bin ich da irgendwie abgesichert? SO rechtstechnisch?
Ich weiß, wenn so etwas in Bayern passiert, dann ist es dort ein sehr häufiges Krankheitsbild (Contusio Cerebri Saupreißii, ein sehr anerkanntes Krankheitsbild), dass man sich, wenn man stürzt und sich den Kopf anschlägt, an die wunderbarsten Dinge erinnern kann... Und wenn man dann so ineinandergestolpert ist, dass man einen Katheter braucht und die Krankenschwester weiß, dass es der Grabscher aus dem Freibad ist, dann passiert es ganz zufällig, dass etwas weniger Morphium in den Tropf gelangt als der Doktor verschreibt, der Katheter falsch liegt und so weiter... Wie handhabt Berlin das?
Ist da das Konflikt Löse Team schnell da? Bekommt der Mann der vieleicht ehrerettend eingreift eine Karte in der die Dame einträgt (mit Ort, Datum, und Unterschrift), er hat sich toxisch männlich verhalten, aber um mir zu helfen? Wird die Karte anerkannt? Wird dann erst mal ausdiskutiert wieso hier gerade eine sehr aufgewühlte Gegend ist, und wieso man doch jketzt mal aufhören sollte, so ganz bitte? Bekommt der Helfer vieleicht ein küsschen danach?
Weil an sonsten ist es doch sehr nachvollziehbar, wenn da jetzt keiner eingreift, weil er sich dann am Ende selbst zur Zielscheibe macht. Mann will ja nicht zu den toxisch männlichen Machos gehören, die ja sehr gerne angegriffen werden und gegen die vorgegangen wird, da muss man es auf hochdeutsch erst lernen, dass man als Mann das ganze einfach mal aussitzt. Es gibt ja so eine Welle der toxischen Maskulinität, das kennt man ja aus dem Internet....
Oder sehe ich das jetzt falsch?
Weil irgendwie verstehe ich da als Bayer schon die Männer, die sich etwas zu essen geholt haben, und einfach nur mampfend zugesehen haben. Sind halt die neuen Männer. Die haben es auch nicht leichter als wir damals...