Ansicht umschalten
Avatar von ZaZw
  • ZaZw

121 Beiträge seit 19.07.2015

Christen und Apokalypse

Ein Theologe schreibt einen Artikel über die vermeintlichen seherischen Fähigkeiten einer Hildegard von Bingen, geb. 1098. Ob diese Dame Analphabetin (wie damals 99% ihrer Zeitgenossen in Mitteleuropa) war, darüber streiten sich die Gelehrten. Auf der eingangs gezeigten Buchminiatur jedenfalls wird sie mit ihrem Schreiber Bruder Volmar gezeigt, dem sie gerade ihre Eingebung durch den Heiligen Geist diktiert. Das sagt schon einiges, aber wenn man im entsprechenden (durchaus gewogenen) Wikipedia-Artikel über sie liest, sie habe sich mit den "Eigenschaften und Wirkungen von Kräutern, Bäumen, Edelsteinen, Tieren und Metallen" in medizinischer Sicht beschäftigt, dann ahnt man welche "Geistesgröße" diese Frau war ... zu Hildegards Zeit hatten die Christen offenbar innerhalb weniger Jahrhunderte das Kunststück fertiggebracht, die antike Hochkultur mit ihren durchaus beachtlichen medizinischen Errungenschaften völlig auszulöschen.

Ausgerechnet eine Symbolfigur dieser jammernswerten religiös bedingten kulturellen Wüste, die sich christliches Mittelalter nennt, soll nun "irgendwie geahnt" haben, was uns aufgeklärten Menschen im 21. Jahrhundert blüht ... geht's noch! Da fällt mir spontan der gute alte Georg Christoph Lichtenberg (aufgeklärter preußischer Naturwissenschaftler) ein, der vor gut 250 Jahren folgenden Aphorismus rausgehauen hat: "Vom Wahrsagen läßt sichs wohl leben in der Welt, nicht aber vom Wahrheit sagen."

Und nochwas: Peter Sloterdijk, der brilliante Zeitgeistanalysen erstellt hat, beschäftigt sich in seinem Artikel ausschließlich mit menschengemachten(!) Apokalypsen, während christliche Weltuntergänge rein als himmlische Strafen zu verstehen sind. Das hat also absolut nichts miteinander zu tun!!!

Bewerten
- +
Ansicht umschalten