sinus schrieb am 2. November 2006 20:36
> the observer schrieb am 2. November 2006 15:19
> > sinus schrieb am 2. November 2006 12:54
> Sorry für die nächste Bemerkung, aber ich kann sie mir einfach nicht
> verkneifen : Ist euch denn nie aufgefallen, wie gerade in den
> Wissenschaften die sogenannt fundamentalsten Sätze alle paar
> Jahrzehnte über den Haufen geworfen wurden? Noch vor 100 Jahren
> glaubte man, die wesentlichsten Entdeckungen gemacht zu haben. Dann
> kam Einstein, Bohr, Heisenberg etc. Und diese Entwicklung ist noch
> lange nicht zu Ende.
Wenn wir über fundementale Sätze reden, sprechen wir wohl über
Unterscheidliches. Was ich damit meine sind Energie-,
Impulserhaltungssätze, Hauptsätze der Thermodynamik. Und die sind
bisher unantastbar; vor allem die der Thermodynamik sind die am
meisten gesicherten Sätze der Physik.
Es ist immer ein Risiko, wenn man meint, es gäbe nichts mehr zu
entdecken, auch wenn Wissenschaftsjournalisten wie John Horgan ("An
der Grenze des Wissens") da anderer Meinung sind. Bisher ist für jede
gelöste Frage mindestens eine neue entstanden.
Aber meinst Du nicht auch, daß es ein Qualitätsmerkmal ist, wenn wir
feststellen, daß wir gerade durch wissenschaftliche Arbeit zu immer
besseren Modellen gelangen? Immerhin hat sich die Methode dabei nicht
geändert - sie muß also zuverlässig sein, wenn sie es ermöglicht, daß
wir unser Kenntnisse immer mehr erweitern.
> > > Man bedenke nur einmal, wie die
> > > Quantenmechanik unser Weltbild verändert hat. Aber die Konsequenzen,
> > > die sich aus der Quantenmechanik ergeben, sind bis heute bei vielen
> > > Wissenschaftlern noch nicht angekommen.
> > Welches sind denn diese Konsequenzen?
> 1) Die Determiniertheit der Welt. Der Kant-Laplace Dämon hat sich als
> eine Illusion erwiesen. Und trotzdem wird an diesem Konstrukt
> festgehalten und mit allerlei Theorien zu retten versucht.
Die Wissenschaft hat sich vom Determinismus längst verabschiedet. Und
wenn mans genau nimmt, sind diejenigen, die unverändert daran
festhalten, ausgerechnet die (Mono)Theisten, denn für sie ist ja
alles auf dieser Welt vorherbestimmt und unausweichlich - eben Gottes
Plan.
> 2) Die Abstraktion des Beobachters. Wir wissen heute, das es
> unmöglich ist, ein System unter Ausschluss des Beobachters zu
> beobachten. Jede Beobachtung greift selbst in das Beobachtete ein und
> verändert dieses. Gerade unter erkenntnistheoretischen
> Gesichtspunkten hat das tiefgreifende Konsequenzen.
Das ist kein Problem für die Physik; eher eines für die Philosophen.
Allerdings muß man sich ernsthaft fragen, inwieweit solche
quantenmechanischen Vorgänge überhaupt einen (erkennbaren) Einfluß
auf unsere Alltagwelt, die Makrowelt eben, ausüben.
> > > Man hält lieber am
> > > altbewährten fest, weil einem das Neue in seinen Denkgewohnheiten
> > > derart erschüttern würde, dass man sein Weltbild neu ausbauen müsste.
> > > Und einige sind sich gar nicht bewusst, dass es eben nur Bilder sind
> > > und nicht die Wirklichkeit selbst.
> > Ich habe eher den Eindruck gewonnen, daß es "die andere Fraktion"
> > ist, die sich nicht von liebgewonnenen Weltbildern trennen läßt. Wenn
> > man sich die Religion und die Wissenschaften gegenüberstellt und
> > betrachtet (was eigentlich gar nicht glücklich ist, weil das eine
> > nicht das Gegenteil des anderen ist), wird man schnell feststellen,
> > wo Stagnation herrscht und wo Fortschritt. Wo neues Denken
> > vorherrscht, und wo das Dogma zuhause ist.
> Vielleicht zuerst zur Klärung dessen was ich unter Religion verstehe,
> bevor es wieder zu Missverständnissen kommt. Ich verstehe unter
> Religion das Streben des Menschen, sein Verhältnis und seine
> Verbundenheit mit dem Kosmos zu suchen, sich wieder mit dem Kosmos zu
> verbinden, den Sinn seiner Existenz zu ergründen. Das hat nichts mit
> den gängigen Konfessionen zu tun.
Im weitesten Sinn stimme ich mit Dir darin überein. Es ist die Suche
des Menschen auf die für ihn dringendsten Fragen, und es ist sein
Bedüfnis, Harmonie, Orientierung und Geborgenheit in seiner welt zu
finden.
> In diesem Sinne stellen für mich die uralten Überlieferungen und
> Mythen Erinnerungen an ein altes Wissen dar, das den heutigen
> Menschen aufgrund der Entwicklung ihres Bewusstseins nicht mehr
> zugänglich ist.
Alte Mythen offenbaren teilweise ein tieferes Naturverständnis als so
manche etablierte Religion dieser Tage, da gebe ich Dir recht.
Trotzdem hatten die Menschen damals längst nicht den Wissensstand von
heute, und sie hatten keine Möglichkeiten, sich bestimmte Vorgänge
anders zu erklären als unter Zuhilfenahme von Gottheiten und
Naturgeistern. Und es ist ist für mich eine merkwürdige Diskrepanz,
wenn sie einerseits hochbegabte Mathematiker und Astronomen waren,
die die Umlaufbahnen der Planeten, die Sonnenfinsternisse genauestens
berechnen konnten, und andererseits ihren Göttern Menschenopfer
darbrachten, wenn der Regen ausblieb oder, um ihr Land vor
Naturkatastrophen zu bewahren.
> Es hilft in meinen Augen nicht, wenn wir dieses Wissen einfach als
> nichtig über Bord werfen. Es geht meiner Meinung nach heute darum,
> uns dieses alte Wissen neu zu erobern und ihm aus neuen Standpunkten
> etwas Neues abzuringen. Neues Denken bedeutet in diesem Sinne nicht
> nur einfach ein anderes Denken, sondern ein übergreifendes Denken,
> das sich an allem orientiert, was es in der Welt gibt, auch wenn sich
> gewisse Dinge anfänglich nicht in das gewohnte Denkmuster einfügen
> lassen.
Irgendwie gehen wir schon konform, aber an einer ganz bestimmten
Stelle trennen sich die Auffassungen. Was Du altes Wissen nennst,
würde ich eher bezeichnen als ein Weltverständnis, als Art und Weise,
wie sich der Mensch innerhalb der Natur oder des Universums sieht.
Was mir aber vor allem wichtig erscheint ist, hervorzuheben, daß wir
uns unseres Verstandes bedienen müssen, und der hat sich innerhalb
der letzten Jahrtausende doch etwas weiterentwickelt. Und da helfen
uns beispielsweise esoterische Strömungen, die wieder verstärkt
aufkommen, keinesfalls weiter.
> the observer schrieb am 2. November 2006 15:19
> > sinus schrieb am 2. November 2006 12:54
> Sorry für die nächste Bemerkung, aber ich kann sie mir einfach nicht
> verkneifen : Ist euch denn nie aufgefallen, wie gerade in den
> Wissenschaften die sogenannt fundamentalsten Sätze alle paar
> Jahrzehnte über den Haufen geworfen wurden? Noch vor 100 Jahren
> glaubte man, die wesentlichsten Entdeckungen gemacht zu haben. Dann
> kam Einstein, Bohr, Heisenberg etc. Und diese Entwicklung ist noch
> lange nicht zu Ende.
Wenn wir über fundementale Sätze reden, sprechen wir wohl über
Unterscheidliches. Was ich damit meine sind Energie-,
Impulserhaltungssätze, Hauptsätze der Thermodynamik. Und die sind
bisher unantastbar; vor allem die der Thermodynamik sind die am
meisten gesicherten Sätze der Physik.
Es ist immer ein Risiko, wenn man meint, es gäbe nichts mehr zu
entdecken, auch wenn Wissenschaftsjournalisten wie John Horgan ("An
der Grenze des Wissens") da anderer Meinung sind. Bisher ist für jede
gelöste Frage mindestens eine neue entstanden.
Aber meinst Du nicht auch, daß es ein Qualitätsmerkmal ist, wenn wir
feststellen, daß wir gerade durch wissenschaftliche Arbeit zu immer
besseren Modellen gelangen? Immerhin hat sich die Methode dabei nicht
geändert - sie muß also zuverlässig sein, wenn sie es ermöglicht, daß
wir unser Kenntnisse immer mehr erweitern.
> > > Man bedenke nur einmal, wie die
> > > Quantenmechanik unser Weltbild verändert hat. Aber die Konsequenzen,
> > > die sich aus der Quantenmechanik ergeben, sind bis heute bei vielen
> > > Wissenschaftlern noch nicht angekommen.
> > Welches sind denn diese Konsequenzen?
> 1) Die Determiniertheit der Welt. Der Kant-Laplace Dämon hat sich als
> eine Illusion erwiesen. Und trotzdem wird an diesem Konstrukt
> festgehalten und mit allerlei Theorien zu retten versucht.
Die Wissenschaft hat sich vom Determinismus längst verabschiedet. Und
wenn mans genau nimmt, sind diejenigen, die unverändert daran
festhalten, ausgerechnet die (Mono)Theisten, denn für sie ist ja
alles auf dieser Welt vorherbestimmt und unausweichlich - eben Gottes
Plan.
> 2) Die Abstraktion des Beobachters. Wir wissen heute, das es
> unmöglich ist, ein System unter Ausschluss des Beobachters zu
> beobachten. Jede Beobachtung greift selbst in das Beobachtete ein und
> verändert dieses. Gerade unter erkenntnistheoretischen
> Gesichtspunkten hat das tiefgreifende Konsequenzen.
Das ist kein Problem für die Physik; eher eines für die Philosophen.
Allerdings muß man sich ernsthaft fragen, inwieweit solche
quantenmechanischen Vorgänge überhaupt einen (erkennbaren) Einfluß
auf unsere Alltagwelt, die Makrowelt eben, ausüben.
> > > Man hält lieber am
> > > altbewährten fest, weil einem das Neue in seinen Denkgewohnheiten
> > > derart erschüttern würde, dass man sein Weltbild neu ausbauen müsste.
> > > Und einige sind sich gar nicht bewusst, dass es eben nur Bilder sind
> > > und nicht die Wirklichkeit selbst.
> > Ich habe eher den Eindruck gewonnen, daß es "die andere Fraktion"
> > ist, die sich nicht von liebgewonnenen Weltbildern trennen läßt. Wenn
> > man sich die Religion und die Wissenschaften gegenüberstellt und
> > betrachtet (was eigentlich gar nicht glücklich ist, weil das eine
> > nicht das Gegenteil des anderen ist), wird man schnell feststellen,
> > wo Stagnation herrscht und wo Fortschritt. Wo neues Denken
> > vorherrscht, und wo das Dogma zuhause ist.
> Vielleicht zuerst zur Klärung dessen was ich unter Religion verstehe,
> bevor es wieder zu Missverständnissen kommt. Ich verstehe unter
> Religion das Streben des Menschen, sein Verhältnis und seine
> Verbundenheit mit dem Kosmos zu suchen, sich wieder mit dem Kosmos zu
> verbinden, den Sinn seiner Existenz zu ergründen. Das hat nichts mit
> den gängigen Konfessionen zu tun.
Im weitesten Sinn stimme ich mit Dir darin überein. Es ist die Suche
des Menschen auf die für ihn dringendsten Fragen, und es ist sein
Bedüfnis, Harmonie, Orientierung und Geborgenheit in seiner welt zu
finden.
> In diesem Sinne stellen für mich die uralten Überlieferungen und
> Mythen Erinnerungen an ein altes Wissen dar, das den heutigen
> Menschen aufgrund der Entwicklung ihres Bewusstseins nicht mehr
> zugänglich ist.
Alte Mythen offenbaren teilweise ein tieferes Naturverständnis als so
manche etablierte Religion dieser Tage, da gebe ich Dir recht.
Trotzdem hatten die Menschen damals längst nicht den Wissensstand von
heute, und sie hatten keine Möglichkeiten, sich bestimmte Vorgänge
anders zu erklären als unter Zuhilfenahme von Gottheiten und
Naturgeistern. Und es ist ist für mich eine merkwürdige Diskrepanz,
wenn sie einerseits hochbegabte Mathematiker und Astronomen waren,
die die Umlaufbahnen der Planeten, die Sonnenfinsternisse genauestens
berechnen konnten, und andererseits ihren Göttern Menschenopfer
darbrachten, wenn der Regen ausblieb oder, um ihr Land vor
Naturkatastrophen zu bewahren.
> Es hilft in meinen Augen nicht, wenn wir dieses Wissen einfach als
> nichtig über Bord werfen. Es geht meiner Meinung nach heute darum,
> uns dieses alte Wissen neu zu erobern und ihm aus neuen Standpunkten
> etwas Neues abzuringen. Neues Denken bedeutet in diesem Sinne nicht
> nur einfach ein anderes Denken, sondern ein übergreifendes Denken,
> das sich an allem orientiert, was es in der Welt gibt, auch wenn sich
> gewisse Dinge anfänglich nicht in das gewohnte Denkmuster einfügen
> lassen.
Irgendwie gehen wir schon konform, aber an einer ganz bestimmten
Stelle trennen sich die Auffassungen. Was Du altes Wissen nennst,
würde ich eher bezeichnen als ein Weltverständnis, als Art und Weise,
wie sich der Mensch innerhalb der Natur oder des Universums sieht.
Was mir aber vor allem wichtig erscheint ist, hervorzuheben, daß wir
uns unseres Verstandes bedienen müssen, und der hat sich innerhalb
der letzten Jahrtausende doch etwas weiterentwickelt. Und da helfen
uns beispielsweise esoterische Strömungen, die wieder verstärkt
aufkommen, keinesfalls weiter.