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mehr als 1000 Beiträge seit 02.09.2003

Stattdessen nun also Nachverurteilungs-Journalismus

Zunächst ein Disclaimer: Ich kenne Gil Ofarim (flüchtig) und habe auf mehreren Veranstaltungen mit ihm gesprochen. Stets trug er sichtbar den Stern. Er ist ein zurückhaltender, fast schüchterner Mensch. Starallüren habe ich bei ihm nicht gesehen, aber das muss nichts heißen.

Auch wenn das jetzt fast alle überraschen wird: Es gilt nach wie vor die Unschuldsvermutung (übrigens für Ofarim und den Hotelmanager). Denn da das Verfahren vorläufig (nach Zahlung der Auflagen endgültig) eingestellt wird, bleibt die Schuldfrage ungeklärt, und daran ändert - so verwunderlich das vielen erscheinen mag - die geständige Einlassung Ofarims nichts.

Verleumdungsprozesse sind nämlich kompliziert, wenn es keine Zeugen gibt, die die angeblich gefallene antisemitische Äußerung bestätigen können. Dies war hier der Fall. Dazu kommt, dass auf dem Überwachungsvideo der Stern nicht auszumachen ist, was allerdings nicht bedeutet, dass Ofarim ihn nicht trug und dass der Manager ihn nicht doch in einem von der Kamera nicht erfassten Moment gesehen hat.

Die geständige Einlassung, die zur Einstellung führte, kann also durchaus ein taktisch kluges Verhalten sein. Dass das Gericht darauf einging, kann wiederum ein Hinweis darauf sein, dass es Ofarim eben nicht zweifelsfrei der Lüge überführen konnte. Das ist in einem Strafprozess aber notwendig.

Dem Hotelmanager wird ein Schmerzensgeld lieber gewesen sein als ein unsicherer Prozessausgang.

Dass Ofarim dieses Video, ohne handfeste Beweise zu haben, nicht hätte posten sollen, ist evident, gerade weil der Vorwurf des Antisemitismus in Deutschland eben ein riesiges Echo findet. Gerade dieses Echo hat wiederum ein Zurückrudern fast unmöglich gemacht.

Damit ich nicht falsch verstanden werde: Es ist sehr wahrscheinlich, dass die Aussage "Pack Deinen Stern weg, dann kannst Du einchecken" tatsächlich nicht gefallen ist.

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