Ansicht umschalten
Avatar von archenoe
  • archenoe

mehr als 1000 Beiträge seit 05.02.2004

Re: Das Unvermögen der Kritik

logiko schrieb am 19.03.2022 13:02:

Was willst du?
Wenn die Leute gehirngewaschen sind von Politik und Gesellschaft, werden sie das bei sich selbst zuletzt erkennen, eher bei den andern.
Es ist das alte Problem der Willensfreiheit. Man denkt, man sei frei, insoweit man sich mit seinem Willen im Reinen wähnt, während die andern dir ständig aufzuzeigen versuchen, du seist ferngesteuert, insoweit sie sich mit deinem Willen nicht im Konsens wähnen.
Damit es ihnen gut geht, müssen die Individuen bei denen unterkriechen, die ihren persönlichen Willen als einen Allgemeinen erscheinen lassen, um nicht am ständigen Widerspruch zu zerbrechen, weil das Selbstgefühl der Willensfreiheit in der Negation ihres Wollens zugrunde geht.

Sie sind nicht "gehirngewaschen". Sie denken und fühlen das schon selbst, aber eben massiv systemisch bedingt. Sich daraus zu befreien, ist ein vertracktes Unterfangen. Ich schaffe das selbstredend auch nicht völlig.

Suchst du auch nach persönlich Schuldigen? Wer sollen denn die absichtsvollen Gehirnwäscher sein? Die meisten (Politiker, Redakteure, Reporter, Moderatoren, oft auch Wissenschaftler usw.) glauben doch an das, was sie da so von sich geben? Meinst du die Kriegstreiberin Anne Will betreibt bewusst Gehirnwäsche (um nur ein Beispiel zu nennen)?

"Ferngesteuert"? Verbleibst du auf der nur scheinbar kritischen Ebene des Manipulationsvorwurfes? Unterschätzt du möglicherweise die Wirkungen der materiellen Verhältnisse? Klar, dass in diesen Verhältnissen naheliegende "Gemeinte" stützt diese Verhältnisse und kann in zugespitzten Lagen (wie Krieg) schon mal temporär den Ausschlag (meist zum Schlechten) geben, ist aber nicht die Basis der Verhältnisse. Simples Beispiel: Werbung ist nur das Sahnehäubchen auf dem Fetischcharakter der Ware.

Bei "denen unterkriechen, die ihren persönlichen Willen als einen Allgemeinen erscheinen lassen" klingt auf den ersten Blick systemkritisch und treffend, geht aber letztlich dann doch nicht über die Manipulationsthese hinaus. Fast könnte man sogar sagen, dass es (zumindest in zugespitzten Lagen) umgekehrt verläuft. Die politische Klasse, deren Willensfreiheit systemisch ebenso eingeschränkt ist, wird vom nationalistisch-aggressiven "Mob" getrieben, aber auch das wäre mir zu sehr der Manipulationsthese verhaftet (nur eben umgekehrt).

Den Folgesatz in deinem letzten Abschnitt habe ich nicht verstanden.

Bewerten
- +
Ansicht umschalten