elfboi schrieb am 12. September 2008 20:19
> ...denn die preußische Bürokratie war auch für ihre
> Menschenfeindlichkeit bekannt, und ohne Preußen wären die Nazis auch
> kaum möglich gewesen...
Eigentlich war Preußen eines der Länder, in denen Sozialdemokraten
und Kommunisten am stärksten waren.
Brutgebiet der Bewegung war Bayern.
Das System der Nazis war nicht wirklich mit preußischer Strenge
organisiert, eher im Gegenteil.
Es war das pure Chaos, Kompetenzen wurden über alle möglichen
Organisationen verteilt, keiner wusste, wer wirklich für irgendetwas
zuständig war. Entscheiden war, mit der Tat den Willen des Führers zu
erfüllen, nicht den des Vorgesetzten. So beschreibt es zumindest
Joachim Fest in seiner Hitler-Biographie. Und in Littells 'Die
Wohlgesinnten' bekommt man darin auch einen schönen Einblick.
Joachim Fest:
"... dieser Kleinkrieg um Kompetenzen(...) setzte sich bis auf
unterste Ebene fort (...) Im Jahre 1942 existierten allein
achtundfünfzig Oberste Reichsbehörden sowie eine Fülle
außerstaatlicher Machtträger, die kreuz und quer durch die Instanzen
kommandierten, sich um Führungsrechte balgten, Befugnisse geltend
machten, und mit einigem Recht kann man das Dritte Reich eine
autoritäre Anarchie nennen. Minister, Kommissare, Sonderbeauftragte,
Amtswalter, Statthalter, Gouverneure usw. mit vielfach bewußt unklar
gehaltenen Aufgaben bildeten ein unentwirrbares Kompetenzknäuel, das
einzig von Hitler selber mit gleichsam habsburgischem
Führungsverstand überblickt, balanciert und beherrscht wurde."
(...)
"Im entschiedensten Gegensatz zur populären Auffassung, die den
autoritären Systemen Entschlußkraft und Durchsetzungsenergie
nachrühmt, ist es denn auch die größere Nähe zum Chaos, die sie von
anderen Formen der staatlichen Organisationen unterscheidet, und
alles Ordnungsgepränge nicht zuletzt ein Versuch, die
herrschaftstechnisch motivierte Konfusion hinter grandiosen Fassaden
zu verbergen."
(...)
"Nicht zu Unrecht hat man diesen Führungsstil als 'institutionellen
Darwinismus' gekennzeichnet und die verbreitete Auffassung seiner
größeren Effizienz die 'Lebenslüge' aller autoritären Systeme
genannt."
[Joachim Fest "Hitler" S. 573 f]
> ...denn die preußische Bürokratie war auch für ihre
> Menschenfeindlichkeit bekannt, und ohne Preußen wären die Nazis auch
> kaum möglich gewesen...
Eigentlich war Preußen eines der Länder, in denen Sozialdemokraten
und Kommunisten am stärksten waren.
Brutgebiet der Bewegung war Bayern.
Das System der Nazis war nicht wirklich mit preußischer Strenge
organisiert, eher im Gegenteil.
Es war das pure Chaos, Kompetenzen wurden über alle möglichen
Organisationen verteilt, keiner wusste, wer wirklich für irgendetwas
zuständig war. Entscheiden war, mit der Tat den Willen des Führers zu
erfüllen, nicht den des Vorgesetzten. So beschreibt es zumindest
Joachim Fest in seiner Hitler-Biographie. Und in Littells 'Die
Wohlgesinnten' bekommt man darin auch einen schönen Einblick.
Joachim Fest:
"... dieser Kleinkrieg um Kompetenzen(...) setzte sich bis auf
unterste Ebene fort (...) Im Jahre 1942 existierten allein
achtundfünfzig Oberste Reichsbehörden sowie eine Fülle
außerstaatlicher Machtträger, die kreuz und quer durch die Instanzen
kommandierten, sich um Führungsrechte balgten, Befugnisse geltend
machten, und mit einigem Recht kann man das Dritte Reich eine
autoritäre Anarchie nennen. Minister, Kommissare, Sonderbeauftragte,
Amtswalter, Statthalter, Gouverneure usw. mit vielfach bewußt unklar
gehaltenen Aufgaben bildeten ein unentwirrbares Kompetenzknäuel, das
einzig von Hitler selber mit gleichsam habsburgischem
Führungsverstand überblickt, balanciert und beherrscht wurde."
(...)
"Im entschiedensten Gegensatz zur populären Auffassung, die den
autoritären Systemen Entschlußkraft und Durchsetzungsenergie
nachrühmt, ist es denn auch die größere Nähe zum Chaos, die sie von
anderen Formen der staatlichen Organisationen unterscheidet, und
alles Ordnungsgepränge nicht zuletzt ein Versuch, die
herrschaftstechnisch motivierte Konfusion hinter grandiosen Fassaden
zu verbergen."
(...)
"Nicht zu Unrecht hat man diesen Führungsstil als 'institutionellen
Darwinismus' gekennzeichnet und die verbreitete Auffassung seiner
größeren Effizienz die 'Lebenslüge' aller autoritären Systeme
genannt."
[Joachim Fest "Hitler" S. 573 f]