Dem kann ich so nicht zustimmen sondern möchte eher vehement widersprechen, insbesondere daß das in absehbarer Zukunft denkbar wäre:
Uns deutsche verbindet, glücklicherweise, eine ausgeprägte Liebe zum Bargeld, was eine schnelle Transformation soziokulturell unmöglich macht. Schauen wir nach Schweden, war die Gesellschaft dort schon sehr viel offener für "ecash", als die Banken dort auf unverschämte Weise zuerst in einem von Rentnern geprägten Stadtteil Stockholms ihre Bargeldservices abschafften. Das müsste man hier ersteinmal sehr gut vorbereiten, da das vermutlich mit der Pandemie vergleichbare Proteste nach sich ziehen würde, wenn soetwas mal eben schnell beschlossen würde.
Und wie gesagt, hat selbst Schweden hier eine Rolle rückwärts gemacht, nachdem sie durch den Ukrainekrieg feststellen mussten, wie Fragil eine Welt ist, die nur auf IT basiert: Auch SWIFT lässt sich mal eben lahmlegen, mit weitreichenden Folgen für das Interbankengeschäft. Das ist denen jetzt plötzlich viel zu heikel geworden, nachdem sie etwas aufgewacht sind.
Das die Banken da ein heuchlerisches Interesse dran haben ist natürlich nachvollziehbar, um auf das Argument der geschlossenen Bankautomaten zurückzukommen aber vorgeschoben. Das wird mit Sprengungen argumentiert, deren größter Anteil auf niederländische Banden, allen voran aus Utrecht, entfällt. Interessanterweise existiert dieses Phänomen in den Niederlanden aber kaum, weil die halt sicherere Automaten haben. Daraus ließe sich mE schließen - immerhin sind Bankster die Blaupause des neoliberalen Hardcorekapitalismus - daß es hierzulande immernoch billiger ist, die halt sprengen zu lassen und hier und dort mal vorübergehend oder nachts zu schließen, als sichere anzuschaffen, solange die Versicherungen das noch mitmachen.
Die eigentliche Motivation dahinter dürfte eher sein, daß insbesondere viele Einwanderer eher andere Kanäle nutzen, und zwar quer durch, von hochgebildeten Vietnamesen über Syrier zu Afrikanern. Da entgeht den Banken halt Geschäft.
In unserem momentanen, soziokulturellen Habitat würde eine schnelle (mittelfristige) Bargeldabschaffung in meinen Augen viel zu stark zur Etablierung alternativer Zahlungssysteme wie zB Crypto oder Krügerrand führen, wodurch Bankster und Fiskus ungleich weniger Kontrolle auf Finanzströme hätten.
Dazu kommt auch, daß an Überzeugung grenzende Voraussagen über eine baldige Bargeldabschaffung seit gut und gerne 20 Jahren zunehmen, während da keine harten Fakten zu existieren und meistens sind die auch sehr schwach begründet. Das mag an einer tendenziell atomaren Weltsicht liegen, aber die Realität ist vielmehr universell. Selbst in einer seh kleinen Firma gibt es immer viele verschiedene Kräfte die in völlig verschiedene Richtungen und sehr häufig gegeneinander wirken. Das trifft um so mehr auf ungleich komplexere demokratische Systeme zu und auf FinTech sowieso.
Das halte ich nebenbei bemerkt auch für einen der Gründe, daß die Demokratie derzeit weltweit immer unbeliebter wird: Diese kann selbst im Idealfall nur einen faulen Kompromiss hervorbringen, bestenfalls mit dem größten gemeinsamen Nenner, aber selbst das würde ja bedeuten daß zwangsläufig viele damit unzufrieden sind. Mit der Demokratie ist es eben ein wenig wie mit der Wissenschaft, wie insbesondere durch die Pandemie klar wurde. Das beste Tool das wir haben, ohne Zweifel, aber wird halt dementsprechend auch sehr gerne ziemlich unwissenschaftlich missbraucht. Um so wichtiger sich detailliert damit auseinanderzusetzen, um ihre Stärken und Schwächen zu erkennen und so eine veritable Einschätzung zu ermöglichen.