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  • TecDoc

mehr als 1000 Beiträge seit 17.05.2004

O.K. ...

> > > Eben, darum müsen wir auch von der reinen Kostenbetrachtung weg
> >
> > Von der Kostenbetrachtung können und dürfen wir nie weg - wir können
> > höchstens die neuen Aspekte dabei betrachten, die du hier bringst.

> Ich sagte "reine" Kostenbetrachtung. Die anderen Leistungen werden
> zur Zeit aber schlicht verschwiegen. Und diese würden, wenn sie nicht
> auf freiwilliger Basis erbracht werden, Mehrkosten auf der Seite der
> Sozialversicherung oder der Staatsausgaben verursachen.

Nein. Sie würden zu einem Teil einfach gar nicht erbracht werden.
Dann wird eben schlechter/weniger betreut, mehr vernachlässigt, kein
Vereinssport betrieben, etc.. Unschön, je nach Ausmaß sogar häßlich,
aber durchaus real und in anderen Gesellschaften gängig.

> Also muss man
> sie doch irgendwie berücksichtigen.

Von daher ist die Berücksichtigung zwar nicht obsolet, aber relativ.

> > > und
> > > uns fragen, welche Leitungen erbringen diese Menschen für die
> > > Gesellschaft. Und da passiert, zumindest hier in meinem unmittelbaren
> > > Umfeld, mehr als sich in den nackten Zahlen und Kostenbetrachtungen
> > > ausdrückt. Das reicht über Nachbarschaftshilfe bis zur zeitweisen
> > > Betreuung von pflegebedürftigen Menschen oder Kindern, Ergänzungen
> > > zum Unterricht innerhalb der Schule, in Sportvereinen.
> > > Und das passiert unentgeldlich.
> >
> > Das mag in deinem persönlichen Umfeld so sein - man kann es jedoch
> > weder verallgemeinern, noch wird es bisher erfasst. Ob die Mehrheit
> > der Unterstützungsbedürftigen solche Leistungen bringt, oder auch nur
> > eine nennenswerte Minderheit, weiss man nicht.
> > Ausserdem: Die gegenseitigen Hilfen ("Nachbarschaftshilfe") heben
> > sich gegenseitig auf, das ist kein Dienst für die Gesellschaft
> > allgemein.

> Aber jeder Dienst und jeder Leistung in und an der Gesellschaft hebt
> sich doch irgendwann auf. Das ist doch genau das Prinzip.

Aäehm, nein gerade nicht. Das ist NICHT das Prinzip der Solidarität.
->

> Ich helfe
> Dir in der Notlage, dafür hilfst Du, oder Deine Kinder, mir wenn ich
> mal in einer Notlage bin.

Das ist das Prinzip der Gegenseitigkeit, NICHT das der Solidarität,
das ist nicht das Gleiche: denn es gibt viele Mitglieder der
Gemeinschaft, die von vorneherein länger oder für immer
unterstützungsbedürftig sind, und dies niemals "ausgleichen" können!
Man denke nur an Schwerbehinderte oder Dauerarbeitslose.

> Das es in diesem System Menschen gibt die mehr einbringen und andere
> die mehr davon profitieren liegt doch auf der Hand. Aber das ist doch
> so gewollt und auch im Gesamtkontext nicht weiter tragisch.

Das kann sehr schnell "tragisch" werden - z.B. wenn diese
"Umverteilung" zu große Ausmaße annimmt, oder Ungleichgewichte
enstehen zwischen "Einzahlern" und "Beziehern", oder vor allem dann,
wenn die Legitimität des Bezuges von Unterstützung in Frage gestellt
ist. ("Ich unterstütze Menschen in Not, keine faulen Säcke")

> Ausserdem
> könnten wir das Solidarprinzip gleich komplett über Bord werfen. Aber
> dann würde keine Gesellschaftm mehr funktionieren.

Es geht nicht ums Solidarprinzip selbst. Sondern um Ausmaß und
Gestaltung desselben.

> > > Und was ändert das, wenn jemand teilweise für seinem Elend selbst
> > > verantwortlich ist?
> >
> > Selbstverständlich ändert dies etwas. ->
> >
> > > Er bleibt ein Mensch und Mitglied der Gesellschaft.
> >
> > Dieser Umstand ändert nichts an der berechtigten Frage, ob man diesen
> > Menschen die gleich hohe gesellschaftliche Unterstützung geben soll,
> > wie den Menschen, die ohne jedes eigene Verschulden in eine Notlage
> > gekommen sind.

> Also Du willst das Grundeinkommen weiter bescheiden, wenn eine
> selbstverschuldete Notlage vorliegt.

Das ist ein falscher Schluss von dir ...

> Das musst Du mir aber genauer
> erklären, weil es nach "verhungern lassen" riecht.

... und dies eine idiotische Unterstellung. Auch du (oder deine
Eltern) haben noch zuviel DDR drinne.

> > Die Frage stellt sich schon deshalb, weil eine in jedem Fall gleiche
> > Unterstützung eine indirekte Belohnung, ein Anreiz für
> > unverantworliches Verhalten liegen würde ("ich kann Scheisse bauen
> > wie ich will, wenns schiefgeht, trägt mich die Gemeinschaft").
> > Und ja, so etwas würde es geben - Menschen sind eben keine Engel.

> Und wieviel Aufwand würde das verursachen? Und wieviel Menschen würde
> dabei versehentlich mit über die Klinge springen?

Es "springt" keiner "über die Klinge" - es gibt das Lebensminimum für
alle, und mehr nicht.

> Also lieber 500€ ausgeben um 5€ Missbrauch zu bekämpfen?
> Nein tut mir leid. Das sehe ich deutlich anders.

Ist mir recht egal, wie du das siehst, in der Praxis rechnete sich
bisher der Aufwand immer: Die vielgescholtenen Sozialdetektive z.B.,
die "unkorrekte" Hartzz4-Empfänger nachschnüffeln, rechnen sich für
die Kommunen, weil sie viel höhere Summen an Mißbrauch aufdecken, als
sie kosten.
Es ist eine traurige, aber nun mal wahre Realität, daß nicht alle
Menschen Engel sind, die bis auf ein paar ganz wenige Ausnahmen alle
vööllig unschuldig in Hartz4 geraten sind.

[...]

> > > Wenn Du anfängst auszugrenzen dann wirst Du genügend "Gründe" als
> > > Vorwand finden, das auch zu tun.
> >
> > Mit dieser Aussage, das wären alles nur "Vorwände", gibst du einen
> > universalen Freibrief fürs Scheisse bauen im eigenen Leben. Ich
> > "grenze" nicht "aus", ich verlange, daß die Menschen selbst
> > Verantwortung für ihre Leben übernehmen.

> Das Menschen für ihr Tun und Handel verantwortlich sind, steht doch
> ausser Frage. Aber willst Du Menschen die aus Leichtsinn, Dummheit,
> oder sonstigen Gründen in einer Notlage sitzen erst mal ohne Hilfe

Nicht "ohne", aber nur mit minimaler Hilfe.

> im eigen Saft schmoren lassen, bis sie dafür genug gebüßt haben.

Was ich will? - Um es kurz zu sagen: Ja, ich meine, Dummheit,
Leichtsinn, etc. muss bestraft werden. Und was ich "will"? - Ich
"will", daß alle anderen Menschen eine, jawohl Scheissangst, einen
Morderespekt davor haben, eine solche Dummheit, leichtsinn, etc.
überhaupt zu begehen!

> Und
> wenn da eine Familie dranhängt, die gleich mit. Wäre das nicht so
> etwas wie vorsätzlich unterlassene Hilfeleistung?

... des Familienoberhaupts? Welches in seiner Verantwortung als
Familienoberhaupt, eine derartige Dummheit, Leichtsinn, etc. begangen
hat? Ja, stimmt, unterlassene Hilfeleistung -oder schlicht Versagen-
könnte man diesem Familienoberhaupt vorwerfen ...

> > > Und dann landest  Du in einer Ellenbogengesellschaft.
> >
> > Na ja, das ist noch was anderes ...

> Nein, das ist genau das worauf Du zusteuerst. Der eigene Egoismus
> wird so hoch gesetzt, das man Angst hat, jemand könnte sich auf meine
> Kosten, von meinem sauer verdientem Geld, ein sorgloses Leben machen.
> Wer lässt sich schon gerne Ausnutzen. Man wäre ja auch ein Depp. Also
> fängt man ich an zu kämpfen, das der eigene Futtertrog doch bitte
> nicht angetastet wird. Und genau darum dreht sich die ganze
> Diskussion, nicht nur hier im Forum.

Das ist falsch, eine Unterstellung, die offensichtlich auf alter
DDR-Denke beruht: Es geht um daß Maß der Solidarität, nicht um die
Solidarität als solche!
Es riecht eher danach, daß man mit diesem deinem Totschlagargument
("Solidarität soll abgeschafft werden") jede Diskussion über das
Ausmaß von Solidarität, wie weit sie denn gehen soll, abwürgen will.

[...]

> Das wir keinen Konsenz erzielen konnten ist nicht weiter tragisch,
> hier geht es schließlich um nichts. Wir dürfen/müssen nicht darüber
> entscheiden. Aber zumindest habe ich ein paar Denkanstöße bekommen,
> vor allem von Ommadawn und TecDoc. Damit ist das Thema für mich noch
> nicht abgeschlossen. Ich würde aber gerne die Diskussion an dieser
> Stelle beenden.

> Hat Spaß gemacht.

Dito, und O.K., beenden wir es hier.

Gruss,
  TecDoc


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