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  • Haroun

236 Beiträge seit 19.08.2020

Re: Semi-OT, Frage ans Forum zu Diskussionsargumenten

Wer so eine radikale Meinung vertritt, wird sich durch keine Argumente überzeugen lassen.
Diese Geisteshaltung scheint mir tief verwurzelt. Aber wenn Du es versuchen willst, bitte:

Mal abgesehen davon, dass diese Art der kollektiven Bestrafung eines ganzen Volkes gegen internationales Recht verstößt, hier weitere Argumente

1. Oftmals wird in diesem Zusammenhang die Bombardierung Dresdens angeführt. Wer schon einmal in Dresden war, kann nur erahnen wie schön Dresden gewesen sein muss.
Allein die Vorstellung des Ausmaßes der Zerstörung tut mir sehr weh.
Aber der Vergleich der Hamas mit den Nazis ist jedoch eine Verharmlosung der Verbrechen der Nazis und eine Relativierung des Holocaust. Der bestialische Angriff der Hamas hat zwar das Ziel die Juden zu eliminieren und ist auch als genozidal zu werten, aber die Möglichkeiten der Hamas sind in keinster Weise mit denen der Nazis und ihrer Taten vergleichbar. Die Nazis haben ganz Europa in Schutt und Asche gelegt. Sie haben die Ermordung der Juden industrialisiert und von langer Hand geplant.

Insofern ist es nicht legitim den Tod von zahlreichen Zivilisten wovon 40% Kinder sind, in Kauf zu nehmen, nur um die Hamas auslöschen zu wollen.

2. Die Hamas lässt sich auch nicht vernichten.
Die Hamas verfügt über ca. 30- 50000 "Kämpfer" von denen laut israelischen Angaben ca. 7000 eliminiert wurden und dafür ca. 23000 Zivilisten sterben mussten. D.h. zur vollständigen Eliminierung müssten ca. 100.000 Zivilisten Ihr Leben lassen. Allerdings muss man wissen, dass zahlreiche Hamas-Kämpfer Ihre Eltern und Verwandten in früheren militärischen Aktionen verloren haben und so zur Hamas übergelaufen sind. D.h. mit jedem toten Zivilisten werden neue Terroristen rekrutiert. Des Weiteren sind viele Hamas-Anführer im Ausland, so dass hier ebenfalls von einer vollständigen Eliminierung nicht gesprochen werden kann.

3. Die Nazis hatten keine wirklichen Gründe die Juden zu hassen, während das Land der Palästinenser seit Jahrzehnten besetzt ist. Die Quelle für den Hass der Hamas ist die Vertreibung der Ureinwohner Palästinas, das täglich erlittene Unrecht und die permanente Besetzung. So lange diese Umstände sich nicht ändern, wird es immer Widerstand geben. Bestes Beispiel hierfür ist das Westjordanland, in dem die Hamas keine Mehrheit hatte. Die jüngsten Übergriffe der Israelis haben jedoch zu einer Radikalisierung der Bevölkerung geführt, so dass die Zustimmung zur Hamas von 12 auf 44% gestiegen ist:

https://apnews.com/article/israel-hamas-palestinians-opinion-poll-wartime-views-a0baade915619cd070b5393844bc4514

At the same time, 44% in the West Bank said they supported Hamas, up from just 12% in September. In Gaza, the militants enjoyed 42% support, up slightly from 38% three months ago.

--> Militärische Operationen führen daher dazu, dass die Hamas stärker wird als schwächer.
Diese militärischen Operationen und die dauerhafte Besetzung führen nicht dazu, dass weder die Israelis noch die Palästinenser sicherer leben werden.
Sie verhindern auch nicht zukünftige Greueltaten, sondern legen sogar die Grundlage dafür.

Dies Radikalisierung und Stärkung der Hamas ist auch eine Strategie Netanyahus um die Bildung eines palästinensichen Staats mit allen Mitteln zu verhindern:

https://www.ynetnews.com/articles/0,7340,L-4002043,00.html

According to the document Yadlin said a Hamas takeover would be a positive step, because Israel would then be able to declare Gaza as a hostile entity.

https://www.thenation.com/article/world/why-netanyahu-bolstered-hamas/

Retired Israeli general Shlomo Brom described the logic of Netanyahu’s position: “One effective way to prevent a two-state solution is to divide between the Gaza Strip and the West Bank.” If the extremist Hamas ruled Gaza, then the Palestinian Authority—a compromised comprador government with a tenuous hold on the West Bank—would be further weakened. This, according to Brom, would allow Netanyahu to say, “I have no partner.”

4. Eine Auslöschung der zivilen Bevölkerung in diesem Ausmaß würde die friedliche Koexistenz Israels mit seinen Nachbarn vollständig zerstören. Die Abraham-Vereinbarungen wären damit null und nichtig und eine Konfrontation mit der Hizbollah im Libanon unausweichlich. Im worst case Szenario würde dies sogar dazu führen, dass die Nachbarstaaten gestützt durch das Völkerrecht bedingt durch die humanitäre Katastrophe eingreifen. Der Eingriff kann aber muss nicht zwingend militärisch sein. Es reicht schon, dass z.B. kein Öl oder sonstige Waren nicht mehr geliefert werden.

5. Die jüdische Terrororganisation Irgun, die teilweise genauso menschenverachtend auf die Palästinenser schaute wie die Hamas auf die Israelis und die Vertreibung der Palästinenser zum Ziel hatte, konnte nur dadurch aufgelöst werden, als der israelische Staat gegründet wurde. Auch die PLO wurde gemäßigter als mit den Osloer Verträgen 1993 die Aussicht auf einen palästinensichen Staat bestand und die PLO hat das Existenzrecht Israels anerkannt. Als jedoch die Versprechen nicht erfüllt wurden, began die Hamas Ihren bewaffneten Kampf.

Ergo:
Nur die wirkliche Perspektive auf einen palästinensischen Staat kann nachhaltigen Frieden bringen. Hierzu muss der Westen auf BEIDE Seiten Druck ausüben, nicht nur auf die Palästinenser, die sie mit Sanktionen belegt haben, nur weil z.B. Abbas 2011 und 2022 einen Antrag zur Aufnahme in die UN gestellt hat. Die Besiedlung des Westjordanlandes muss ebenfalls sanktioniert werden. Es muss ein Fahrplan erstellt werden, dessen Schritte zu einem palästinensichen Staat führen, jeder der seine Verpflichtungen in diesem Fahrplan nicht einhält muss dann sanktioniert werden.

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