Egal ob Hiroshima, Tchernobyl oder Bergamo: Deutsche Realpolitik, wenn man das noch so nennen möchte, ist mittlerweile nur noch Angstgelenkt, beherrscht von unverarbeiteten traumatischen Erfahrungen.
Nukleartechnologie hat sich in der Bilanz bisher als solider Wert hinter Wasserkraft eingefunden. Wasserkraft bleibt vorläufig unerreicht in seiner Klimaneutralität, seiner Nachhaltigkeit und seiner technologischen Überlegenheit - egal wieviel Landschaftsschützer mit hanebüchen Einwänden gegen höhere Staumauern landauflandab weibeln, jedenfalls in der Schweiz.
Kernenergie dumpf zu dämonisieren, disqualifiziert jeden Partizipanten im politischen Diskurs dahingehend, als dass er nicht im Stande ist, mit seinem Verstand über die eigene Ideologie hinaus zu denken bereit ist.
Wollen wir die Technologien auch weiterhin gegeneinander ausspielen, bleibt einzig Wasserkraft. Bereinigen wir nämlich jede Energiequelle auf Folgekosten, Umwelt- und Sozialverträglichkeit; schneidet Nukleartechnologie besser ab, als das Gas- oder Kohlekraftwerke je im Stande wären.
Wer nur im Ansatz die Mechanismen globaler Erwärmung begriffen hat, kann eigentlich schlecht gegen Atom-Strom sein - mit Sicherheit nicht zu Gunsten von Gas oder Kohle. Viel eher entlarvt sich hier emotional gelenkte, diffuse Angstmacherei als ideologisches Denkverbot.
Möglich, dass sich Frankreich, weit vor Macron, zu einseitig aufgestellt hat - zumal es ein eigentlich desolater Staat mit Demokratie-, Leistungs- und Sozialdefiziten ist; was aber medial vehement verweigert wird, zu benennen. Ein technologisches Vertrauen in Frankreich ist jedenfalls nicht zu empfehlen: Noch schlimmer als im deutschsprachigen Raum, wird in Frankreich spätestens seit Chirac nur noch Symbolpolitik betrieben. Erklärt übrigens die omnipräsente Bedrohung jeder Wahl durch den FN…
Die Zeiten, in denen es opportun war, Kernenergie stumpf als ach-so-grosse, unsichtbare Gefahr darzustellen, sind vorbei.. Jedenfalls für die Realpolitischen.
Umso zersetzender ist jeder Artikel, der sich nicht differenziert mit der Technologie auseinandersetzt und sich weiterhin auf Angstmacherei verlässt. Das tragische daran ist vor allem, dass damit Gelder für Forschung und Entwicklung im nuklearen Bereich verloren gehen, weil es für Investoren wenig attraktiv ist, damit in Zusammenhang gebracht zu werden. Häufig mache ich jedoch die Erfahrung, dass Atomgegnern diese Wendung bereits zu kompliziert ist und sich auf plumpes Halbwissen verlassen wird. So lange diese Denkverbote medial bewirtschaftet werden, brauchen wir nicht über realpolitische Ansätze zu sprechen. Die allgegenwärtig dümmliche Symbolpolitik hat uns erst in diese mühsame Situation gebracht - einzig weil es einzelnen Exponenten nur noch darum geht, „zu den Richtigen“ zu gehören und nicht mehr vermögen, unbeliebte Entscheide und Massnahmen zu vertreten.