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  • Aristophanes

mehr als 1000 Beiträge seit 22.01.2003

Anmerkung zu den Akteuren des Gesundheitssystems

Wer sich mit dem "griechischen System" nicht auskennt, kann die Ausführungen des Autors einmal mehr missverstehen.

Grundsätzlich hat jeder Bürger mit gesetzliche Krankenversicherung ein Anspruch auf die Übernahme der Behandlungskosten, die privaten Behandlungen werden nicht von der gesetzlichen Krankenversicherung erstattet. Soweit so normal...

Es wäre aber nicht Griechenland, wenn die Praxis nicht wesentlich komplizierter wäre.

Die Unterscheidung zwischen privaten und gesetzlichen Ärzten ist in der Praxis nicht gegeben. Nahezu alle Ärzte der staatlichen Krankenhäuser arbeiten zusätzlich auch in privaten Kliniken. Letzteres ist sehr lukrativ für die Ärzte, führt aber in der Praxis zu absolut skurrilen Situationen. Gut möglich, dass du von einem Arzt in einem staatlichen Krankenhaus abgewiesen wirst und genau dieser Arzt dich dann wenige Stunden später freudig in einer privaten Klinik behandelt.

Hinzu kommt, dass die gesetzliche Krankenversicherung nicht mit der in Deutschland vergleichbar ist. Insbesondere hat diese keine flächendeckenden Verträge mit Ärzten und Krankenhäusern. Böse Zungen behaupten schon immer, dass du zu einem Arzt, der einen Vertrag mit der staatlichen Krankenversicherung hat, nicht gehen willst. Die Standards in staatlichen Kliniken sind unterirdisch, insbesondere wenn diese nicht in Athen oder Thessaloniki liegen.

In Griechenland ist es daher durchaus üblich, auch als gesetzlich Versicherter eine Behandlung, wenn sie es sich leisten können, lieber privat zu bezahlen, um sich den Arzt aussuchen zu können. Nicht wenige mit ernsthaften Erkrankungen nehmen dafür auch eine Reise nach Heidelberg oder Moskau auf sich, um nur zwei Beispiele zu nennen.

Erschwert wird alles durch die Nachwirkungen der Krise. Da die gesetzliche Krankenversicherung über z.T. Monate und Jahre ihren Pflichten kaum nachgekommen ist, bestehen Apotheker, Ärzte und Krankenhäuser auf Barzahlung.

Alles in allem war das Gesundheitssystem Griechenlands schon vor der Krise auf eine solche Katastrophe nicht vorbereitet. Die sog. Finanzkrise hat es nun auch nicht besser gemacht.

Das Gesundheitssystem würde einem Ausbruch wie in Italien oder Spanien völlig machtlos gegenüber stehen. Mein Eindruck ist, dass sich die Bürger darüber völlig im Klaren sind und das einer der wesentlichen Gründe ist, warum die Griechen den angeordneten Maßnahmen, die bei weitem strenger sind als in Deutschland, sehr, sehr diszipliniert folgen.

Das Posting wurde vom Benutzer editiert (06.04.2020 12:21).

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