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Avatar von tzefix
  • tzefix

mehr als 1000 Beiträge seit 12.05.2010

Re: Das Kapital fürchtet sich jetzt schon...

Ich verzichte aus Gründen der Lesbarkeit auf das Zitieren und gehe auf die mir wichtigen Punkte ein.

Zu der Zerstörung der Linken:
Sicherlich war Wagenknecht nicht der einzige Auslöser. Ich vermute eher, sie hatte schon einen Niedergang - oder mindestens Stagnation - bemerkt, und wollte dagegen etwas tun, was die Auseinandersetzung dann verschärft hat.

Dennoch hat sie es ja nicht "aus Versehen" getan. Sie hat nicht einfach mal unüberlegt einen falschen Satz gesagt. Es war kein Fehler, wie wir Menschen halt manchmal Fehler machen und diese dann auch verzeihen können und müssen. Nein, sie hat sich stetig wiederholt, sie hat die entsprechenden Aussagen auch in einem Buch festgehalten. Wobei ich mir zusätzlich ziemlich sicher bin, dass Wagenknecht so gut wie nie irgendwelche unüberlegten Sätze hören lässt.

Sie hätte sich also auch eher schweigend zurückziehen können, die Demontage der Linken lassen, um dann wieder laut zu werden, wenn die Gründung der eigenen Partei abgeschlossen ist. Aber nein, sie musste ihrer gekränkten Eitelkeit Lauf lassen. Nicht aus dem Impuls heraus, sondern wohlüberlegt. Das sieht doch eher aus wie die typische kalte Rache einer gekränkten Frau. Vielleicht wähle ich sogar ihre Partei, aber ich vergesse nicht, was sie da getan hat.

Zu der fehlenden Bürgernähe - bzw. zur "ungebildeten" Arbeiterschaft der Linken;
Ja, dieser Vorwurf ist nicht unbegründet. Ich möchte aber dazu zwei kleine "Aber" anbringen.

Zum Einen ist die fehlende Bürgernähe kein Problem, welches nur Die Linke betrifft. Dieses Problem ist bei allen Parteien - und um so größer, als sie in irgendwelcher Weise das Wort "sozial" im Namen führen. Wenn ich an die Bemerkung denke "Gehen sie mal zum Friseur, dann finden sie auch Arbeit!" dann sehe ich darin nicht nur eine fehlende Nähe.

Bei den eher rechts ausgerichteten Parteien (auch der FDP), gibt es einen regelrechten Hass auf die Armen. In den Augen dieser Politiker weigern sich die Armen einfach reich zu werden. "Wer nicht in Aktien investiert, muss sich nicht wundern, wenn es bei der Rente nicht reicht." Also das sind "Abgehobenheiten" die man in dieser Form bei den Linken nicht findet. Ich weiss, das ist ein Stück Whataboutism, aber es soll zeigen, dass wir es mit einem Problem zu tun haben, das sich quer durch alle Parteien spannt.

Zum Zweiten kann ich diese Verachtung von links manchen ungebildeten Gruppierungen durchaus nachvollziehen. Ich bin selbst nicht frei davon.

Da versucht man als Linker oder als linke Partei gerade für diese Menschen Politik zu machen. Man argumentiert, als "Nicht-Politiker" engagiert man sich vielleicht sozial, tut was man kann - und was bekommt man dafür? Bei der sozialen Tätigkeit wird man vom "ungebildeten Volk" angemault bis bedroht und für die Zustände verantwortlich gemacht - und in der Politik wählen dieselben Dumpfbacken rechts. Was soll da anderes übrig bleiben, als Verachtung? Ich persönlich vertrete noch immer linke Ansichten und argumentiere auch entsprechend, aber von der sozialen Tätigkeit habe ich mich zurückgezogen. Soll doch machen wer will - oder am Besten garnichts machen, denn "das Volk" hat es nicht verdient. Und so wie ich mich abgewandt habe, hat sich vermutlich auch die gesamte Partei abgewandt - es gibt zwar "Die Linke", aber diese Partei fühlt sich für das arme und ungebildete Volk nicht mehr zuständig.

Und vielleicht ist es gerade aus diesem Grund wichtig, dass die neue Partei Wagenknechts sich eher an der Mitte der Gesellschaft orientiert, als bei der Arbeiterschaft. Wagenknecht selbst kann durch ihre Persönlichkeit auch niemals mit "Kumpelhaftigkeit" punkten. Sie wirkt immer distanziert.

Zur Zuwanderung:
"Wir können nicht alle Armen dieser Welt aufnehmen." Ein Satz, den man immer wieder hört. Ein Satz, der nur in seiner abstrakten Annahme richtig ist. Wir nehmen jetzt schon nicht "alle Armen der Welt" auf, wir werden es weiterhin nicht tun - und es ist auch nicht notwendig, weil sich nicht alle Armen der Welt bei uns versammeln wollen. Bei Flüchtlingswellen kommt immer nur der kleinste Teil bei uns an, der Rest flüchtet nur im Herkunftsland selbst oder in ein Nachbarland.

Von Rechts wird immer so getan, als würden diese Menschen aus reiner Boshaftigkeit oder materieller Gier zu uns flüchten. Das ist nicht der Fall. Menschen sind so gestrickt, dass sie eher an ihrem Herkunftsort bleiben wollen. Nur ein sehr, sehr kleiner Teil will wirklich auswandern. Flüchtlinge werden also zu ihrer Flucht gezwungen. Sei es nun wegen Krieg oder sei es "nur" aus wirtschaftlichen Gründen. Wenn du vor Ort nicht mehr leben kannst, MUSST du dich von dort wegbewegen.

Und deshalb ist auch für Linke der wichtigste Punkt, in den entsprechenden Ländern dafür zu sorgen, dass die Menschen dort eben leben können - eine Lebensperspektive haben. Und diese Menschen sind auch mit sehr niedrigem Lebensstandard zufrieden. Und doch wird ein solches Ziel für uns nicht kostenlos zu erreichen sein.

Die Begrenzung der Zuwanderung ist aus rechter Sicht nur eine Scheindiskussion. Rechts geht es nicht um Begrenzung. Sie wollen schlicht GAR KEINEN Fremden bei uns sehen. Und in nichts täuschen sie sich mehr. Natürlich wird die Zuwanderung immer wichtiger, wir sind längst eine "bunte" Gesellschaft und wer das nicht glaubt, der braucht doch nur einmal mit offenen Augen und Ohren durch die Zentren unserer großen Städte zu gehen.

Weiters werden von Rechts auch immer die "Kosten" für Flüchtlinge in den Vordergrund gestellt. Doch wer hat denn am Ende das Geld? Geld tut in der Tat Gutes, nämlich immer in dem Moment in dem es ausgegeben wird. Und der Flüchtling wird sein weniges Geld auf alle Fälle sehr bald bei uns wieder ausgeben. Wo es für Arbeit, Löhne und Gewinne sorgt.

Der Irrglaube der Rechten ist, dass wenn nur weniger für Andere - wie Flüchtlinge - ausgegeben wird, dann hätte er selbst mehr in der Tasche. Das wird nicht sein.

Und ich habe hier nur über Flüchtlinge gesprochen. Es gibt ja auch eine reguläre Zuwanderung.

Da scheint mir eine Partei, welche schon zu Start weg mit "Vernunft" wirbt, nicht ganz falsch zu sein. Wir brauchen eben vernünftige Gesetze und Vorschriften. Wer gegen die Realität handelt, wird immer eine Bauchlandung hinlegen.

Wir haben teilweise sehr merkwürdige und sehr falsche Vorstellungen in dieser Gesellschaft, wie eine Volkswirtschaft funktioniert. Sparsamkeit seitens des Staates führt in einer Volkswirtschaft zu keinen Mehreinnahmen der Bürger. Diese Vorstellung ist genauso falsch, wie die Vorstellung dass ein Staat handeln solle, wie eine "schwäbische Hausfrau".

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