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  • Carsten Hardt

mehr als 1000 Beiträge seit 06.01.2000

Mit Sicherheit unsicher

Daniel Unruh schrieb am 19. März 2003 16:09

[Haben wir Hitler schon vergessen?]
> 60 Jahre später ist die zwingende Schlußfolgerung aus der
> Geschichte des Dritten Reichs so präsent wie nie:
> Nie wieder Totalitarismus! Nie wieder einseitiger Verzicht auf Krieg!

Die Überlebenden der KZs zogen zu Recht die Schlußfolgerung:
Nie wieder _Faschismus_ ! Nie wieder _Krieg_ !

> Heute hat Angela Merkel im Bundestag in einer beeindruckenden Rede

Der war gut ;)

> wieder ihre Position bekräftigt, daß nämlich aus der deutschen
> Geschichte nur eine Lehre gezogen werden könne: Man darf
> militärische Mittel niemals von vornherein ausschließen.

Genauer lautet die Lehre aus Sicht des deutschen Imperialismus
wohl eher: "Man darf militärische Mittel nur ausschließen, wenn
man militärisch nicht stark genug ist und es auch mit
wirtschaftlichen Mitteln geht." :(

(...)
> Doch es sind nicht die Formulierungen, auf die es ankommt, sondern
> die Gesinnung. Man mag Frau Merkel vorwerfen, daß sie ein einfaches
> Gemüt hat, doch versteht sie die Dynamik internationaler Beziehungen
> weit besser als Schröder und all die deutschen
> Fundamental-Pazifisten.

"Gesinnung" und "Verstehen" schließen sich eher aus.

> Das einzige wirkungsverwandte Instrument, das den Krieg
> langfristig ersetzen kann, ist eine glaubwürdige Drohkulisse.

Falsch: Damit die "Drohkulisse" (also das Drohen mit Krieg)
glaubwürdig bleibt, muss natürlich ab und zu demonstriert werden,
dass der Wille und die Fähigkeit zum Kriegführen immer noch
vorhanden sind.

> Deshalb ist es so wichtig, daß Europa und Amerika zusammenarbeiten,
> um weltweit ein ernsthaftes Drohpotential aufzubauen.

Das Drohpotential der USA alleine scheint schon ziemlich ausreichend.

> Aus diesem unbestrittenen Grundsatz läßt sich leicht ableiten, daß
> die ursächliche Verantwortung für den kommenden Irak-Krieg auf den
> Schultern von Schröder lastet. Durch sein pazifistisches Appeasement

Schröder hat in den letzten vier Jahren überzeugend nachgewiesen,
dass er kein Pazifist ist. Auch bei der Ablehnung dieses Krieges
dürften eher deutsche nationale Interessen als pazifistische Gründe
eine Rolle gespielt haben.

> des stalinistischen Diktators von Bagdad hat Schröder dafür gesorgt,

Hussein ist kein Stalinist.

> daß die amerikanische Androhung von Gewalt nicht mehr glaubwürdig
> war. Diese Glaubwürdigkeitslücke läßt sich aber nur noch durch die
> kompromißlose und sofortige Anwendung von Gewalt wieder schließen.

Danke, dass Sie indirekt meine obige Anmerkung bestätigen.

> Schröder hat also zu verantworten, daß die Amerikaner gar nicht mehr
> anders können, als ihre Drohung wahrzumachen.

Die USA haben gegenüber dem Sicherheitsrat als Argument für einen
Krieg die angeblich im Besitz des Irak befindlichen MVW geltend
gemacht. Dieses Thema hätte sich ohne Krieg klären lassen.

Der tatsächliche Kriegsgrund für die USA ist natürlich der Wunsch,
den Irak militärisch zu besetzen und als Ausgangspunkt für Druck
auf die anderen Staaten der Region (Ziel: Neuordnung) zu benutzen.
Die Annahme, dies hätte ohne Krieg erreicht werden können, erscheint
sehr optimistisch.

> Es bleibt zu hoffen, daß in der nächsten Legislaturperiode (nach
> dem Regierungswechsel)

Bis dahin sind es noch drei Jahre ...
Wenn Schröder wesentliche Teile seiner "Reformpolitik" ohne
relevanten Widerstand der Gewerkschaften durchsetzen kann, dann
wäre ein Regierungswechsel für das deutsche Kapital eher
kontraproduktiv.

> dann alle Schäden, die der deutsche Pazifismus verursacht hat,
> wieder beseitigt werden können und wir zu einem stabilen
> internationalen System zurückkehren, in dem eine glaubwürdige
> Drohkulisse Frieden und Sicherheit garantiert.

(Dieser "Frieden" wird mit Sicherheit unsicher bleiben.)

_Dürfte_ die Union denn eine wesentlich andere Aussenpolitik
betreiben als die derzeitige Regierung ?

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