Re: eine kühne Annahme

Politiker stört nur Machtentzug. Nicht-Teilnahme an Wahlen ist schweigende Zustimmung.

Ich habe meine Zweistimme bewusst nicht dem kleinsten Übel gegeben, das über 5% kommen kann, sondern einer Splitterpartei, die sich für Arbeit, Rechtstaat, Tierschutz und Elitenförderung einsetzt.

Die Erststimme ging an jene Partei, die in meinem Wahlkreis die größte Chance hatte, der CDU das Direktmandat abzunehmen. Da die CDU in meinem Bundesland keine Abgeordneten über die Landesliste nach Berlin schickt, bedeutet der Verlust des Direktmandats drei Überhangmandate weniger im Bundestag.
Die Erststimme war, da die Linke in meinem Wahlkreis irrelevant war, für den Parteienproporz im Bundestag irrelevant. D.h. es war taktische Wahl angesagt. Das hat vier Leuten weniger zu Posten und Pfründen als Politiker verholfen: dem abgewählten CDU-Mann und bis zu drei weiteren Politikern, die sonst über Ausgleichsmandate ins Parlament gekommen wären.

Eine niedrige Wahlbeteiligung würde mich als Politiker nicht weiter stören, wenn ich damit zu Posten und Pfründen käme. Wer nicht wählt, braucht sich nicht zu wundern, wenn ihre Interessen nicht von der Politik berücksichtigt werden.

Da die Wahlbeteiligung unter den gut Betuchten größer ist, als unter den ärmeren Leuten, tendiert die Politik auch eher dazu, für die gut Betuchten Politik zu machen. Warum sollte sich ein Politiker für die Unterschicht den Arsch aufreißen, wenn diese es ihm nicht durch ihre Stimmen dankt?

In Freiburg gab es eine Volksabstimmung über den Verkauf der städtischen Wohnungen. Sie ging gegen den Verkauf aus. In dem vom Verkauf an stärksten betroffenen Stadtteil lag die Wahlbeteiligung mit 50% höher als sonst bei kommunalen Wahlen üblich. Da ist sie nur 40%.

In den Stadtteilen der Akademiker sind es 80%.

D.h. obwohl es um eine elementare Frage für Mieter ging, stimmten 50% der Leute im am stärksten betroffenen Stadtteil trotzdem nicht ab.

Tja, wenn der Verkauf durchgegangen wäre, hätten diese Leute es sehr schnell am eigenen Geldbeutel negativ bemerkt.

Wie heißt es so schön? Die Demokratie ist die schlechteste aller Staatsformen - abgesehen von allen anderen.