Es ist eine Grundsatzentscheidung. Akzeptiert man den status quo, also die unangefochtene Herrschaft des Bürgertums und damit Geltung des von ihm entwickelten Wirtschaftssystems und gibt man sich mit punktuellen Veränderungen, Modernisierungen oder wie immer man es nennen mag zufrieden - oder lehnt man das alles ab und optiert für eine fundamentale Opposition mit dem Ziel die Epoche der Herrschaft des Bürgertums zu beenden und durch etwas zu ersetzen, was heute bestenfalls in vagen Umrissen beschreib- und vorstellbar ist, so wie auch die revolutionären Bürger, Händler des 16. bis 18. Jahrhunderts noch nicht so konkret wussten, wie ein Post-Ancien Regime wohl aussehen würde.
Beides hat sein Für und Wider. Das pragmatische Eintreten ins politische Kleinklein, dass das Schlimmste zu verhindern trachtet, hat den Vorteil einer garantierten, wenn auch beschränkten Wirksamkeit. Und nur diese Option gibt es für diejenigen, die etwas innerhalb der bürgerlichen Institutionen erreichen wollen. Alles andere wäre ja deren Selbstüberschreitung und nicht vorgesehen - wenn auch schon vorgekommen in unheilvoller Richtung.
Und so sind die Grünen nun eben die neuen Sozialdemokraten, die eine ökologische Überformung, keinen Umsturz anstreben. Mit dieser Zielsetzung ist der Kretschmann'sche oder Baerbock-Habeck'sche Ansatz wohl zielführend, denn Opposition ist Mist, wie ein anderer sich begnadet ins System Fügender schon mal trotzig bemerkt hat.
Diese Haltung kann man rational begründen. Sie verspricht wenig, kann aber meist mehr halten. In der heutigen Situation gibt es aber ein Problem. Der bürgerliche Wanderer befindet sich nicht in einer der diversen Sackgassen, in die er sich im Lauf der Zeit schon verirrt und auch wieder hinausgefunden. Diesmal ist es schlimmer. Der übliche Ausweg aus der ökonomischen Sackgasse, ein grosser Krieg, ist angesichts heutiger Überbewaffnung mit einem übergrossen Risiko verbunden, könnte in allgemeiner Vernichtung enden. Die andere, ökologische ist neuartig und man ahnt, unter bürgerlichen Vorzeichen hat sie überhaupt keinen Ausweg.
In dieser Lage gewinnt der radikale Ansatz wieder an Anziehungskraft, die der evolutionäre gleichzeitig einbüsst. Wer zu lange warten, den bestraft das Chaos.