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  • Systemverwalter

mehr als 1000 Beiträge seit 20.09.2006

zur Staatsferne der Medienaufsicht

Um mal ein praktisches Beispiel zu geben, wie gering die Staatsferne der Medienaufsicht schon vor 20 Jahren war, mal ein Beispiel aus der Praxis aus dem Gezerre mit den Verfechtern eines extrem autoritären Obrigkeitsstaats um staatliche Internetzensur (nach chinesischem Vorbild) damals:
Heise hatte damals breit berichtet über Sperrungsverfügungen der Bezreg. Düsseldorf und dem im Auftrag der Bezreg. von einer NRW-Uni und der Fa. Bocatel entwickelten Staatsfilter, der bereits Zugriffsversuche an die Polizei melden sollte.
Da laut Bezreg. sofort ohne grosse Prüfung alles wegzensiert werden sollte, worüber sich irgendeine Laien-Oma beschwert, sah ich als Naturwissenschaftler meinen Zugang zu Fachliteratur zukünftig in Gefahr, da sich zu diesem Zeitpunkt abzeichnete, dass ich im Staatsdienst wohl in Deutschland keine vernünftige Festanstellung erhalten würde und deshalb gezwungen sein würde, ein eigenes Unternehmen für Forschung (und Produktion) zu gründen.
(In der Tat kam es dann zwei Jahre später zu ersten Zensurmassnahmen bei zwei, in Beilsteins Handbuch als Literatur zitierten Chemiepatenten in der Datenbank Espacenet des Europäischen Patentamts, wo Patente damals auf die PAN AMP-Panikmache 2004-2012 hin spurlos verschwanden, nachdem jemand die Dummheit, sie in der Wikipedia deep zu verlinken, begangen hatte, wie ich durch Zufall im Hickhack über die PAN-AMP-Kampagnen später zufällig sah. PAN AMP wollte damals aus einer Verschärfung des SprengG gegen Polenböller 2003 wirtschaftlich Honig saugen, indem es chemische Demonstrationsexperimente aus Chemieunterricht/Vorlesungen als angebliche Gefahr für die Menschheit und hiernach mehrere tausend Mal zu kriminalisieren hinstellte und Staatsfilter gegen Vulkanversuch und Co. an Staat und ausgerechnet Schulen verkaufen wollte.)

Drum wandte ich mich in einer Mail an einen in einem Bericht als Befürworter genannten Unions-MdB, um dort -naiv wie ich damals gegenüber MdBs war- meine diesbezüglichen verfassungsrechtlichen Bedenken vorzutragen. Neben drohenden Eingriffen in Freiheit von Wissenschaft und Forschung (Art. 5 III GG) nebst wirtschaftlichen Konsequenzen solcher Zwangs-Scheuklappen für (gerade auch gewerbliche) Forscher in Deutschland trug ich damals vor, dass so ein Filter ein unzulässiger Eingriff ins Fernmeldeheheimnis nach Art. 10 GG sei und gab Beispiele für vertrauliche Telekommunikation anhand der Übertragung von E-Mails und Passwörtern an cgi-Programme von Webmail-Diensten an.
Wenige Jahre später kam dann das MPI für Int. Strafrecht in einem Gutachten für das BMJ zu der gleichen Schlussfolgerung.

Wie reagierte nun die Medienaufsicht in NRW (und RLP) darauf?
Nach wenigen Tagen erhielt ich zunächst eine Mail, worin heftig bestritten wurde, dass eine Zensur Wissenschaftlicher Literatur im Internet drohen könnte, wie sie 2 bzw. 4 Jahre später in Vorlagen der Innen- und Unweltministerkonferenz auf die PAN AMP-Verbots- und Zensurforderungen hin ausführlich erörtert und erstmals z.b. bei obiger Datenbank per Komplettlöschung in Einzelfällen realisiert wurde und um 2008-2010 in der Gesetzgebung abgeschwächt neu eingeführt wurde (u.a. überzogene Verschärfung des Anleitungsverbots im WaffG, was zuletzt sogar eine Intervention des BKA und den Protest des BKA und THW beim BMI hiergegen auf den Plan rief und der neue Par. 93a StGB, wo MdB Bosbach nachträglich die schädliche Streichung aller Ausnahmen im Regierungsentwurf sogar für Chemieprofessoren im Staatsdienst forderte und Chemiebücher als Gefahr für die Menschheit in einer agitatorischen Äusserung in einem TV-Privatsender hinstellte).
So weit so gut.

Dann aber wenige Wochen nach Bekanntwerden meiner Identität bei der Leitung der NRW-Medienaufsicht in Form des RP erhielt ich als Liberaler von einer Person -interessanterweise aus Rheinland-Pfalz als Sitz der Jugendschutz.net und ständiger MDStV-Verhandlungsfederführung-, eine höchst befremdliche Zuschrift, die sofort wie die eines V-Manns des Verfassungsschutzes (Rheinland-Pfalz oder Bundesamt) wirkte, der offenbar wegen meiner verfassungsrechtlichen Kritik(!) an Internetzensur meine Haltung zu Militaria-Sammlern und letztlich wohl Rechtsextremismus ausforschen sollte.
Sowas hatte ich noch nie erlebt.
Dann bekam ich ca. 10 Jahre lang bei jeder Wahl markierte Stimmzettel mit der offiziellen Begründung, dass dies angeblich ein Forschungsprojekt sei, mit dem Wähler meiner Altersgruppe erforscht werden sollten- mutmasslich ebenfalls eine mögliche Verfassungsschutz-Aktion.

Folglich besteht der Verdacht, dass mich die NRW-Medienaufsicht unter Federführung des obigen Regierungspräsidenten offenbar über die Medienaufsicht in RLP grundlos wegen fundierter juristischer und fachlicher Kritik an staatlicher Internetzensur mittels Staatsfiltern Verfassungsschutzbehörden zur Bespitzelung gemeldet hat!

So wenig Distanz besteht also zwischen von der Landesregierung ernannten Regierungspräsidien als Teil der Medienaufsicht und Verfassungsschutzbehörden als Inlandsgeheimdienst und so geht man mit Kritik und Kritikern um. Ich war entsetzt, denn sowas hätte ich allenfalls in autoritären Regimes wie Nordkorea aber nicht in (West-)Deutschland erwartet!

Das Posting wurde vom Benutzer editiert (03.06.2021 06:32).

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