Im Artikel wird leider wiederholt falsch dargestellt welche Parteien an Entwürfen einer Absicherung der Unabhängigkeit des Bundesverfassungsgericht arbeiten:
Mit der von Bundestagsfraktionen von SPD, Grünen, FDP und CDU/CSU angestrebten
verfassungsrechtliche Absicherung des Bundesverfassungsgerichts sollen...
So stellen CDU/CSU, SPD, FDP und Grüne sicher...
Die Gesetzesentwürfe auf die sich die Aussagen berufen, werden auch von Stefan Seidler vom SSW unterstützt, was im Artikel leider mehrfach ignoriert wird.
Die Linke wird diesbezüglich überhaupt nicht erwähnt; diese unterstützt die Änderungen im Prinzip, findet aber, dass die Vorschläge nicht weit genug gehen und hat daher einen eigenen, detaillierteren, weiter reichenden Gesetzentwurf eingebracht [1] - leider kein Wort davon im Artikel.
Die Linke ist die einzige Partei die wirklich an der Unabhängigkeit des BVG interessiert ist. In deren Entwurf wird sicher gestellt, dass die 2/3-Mehrheit bei der Wahl der Richter ins GG eingetragen wird.
Hier der Wortlaut des Entwurfs von CDU/CSU, SPD, FDP, Grüne und SSW [2]:
Artikel 93 GG
-------------
...
(2) Das Bundesverfassungsgericht besteht aus Bundesrichtern und anderen Mitgliedern; es
gliedert sich in zwei Senate. In jeden Senat werden je zur Hälfte vom Bundestag und vom
Bundesrat acht Richter gewählt; sie dürfen weder dem Bundestag, dem Bundesrat, der
Bundesregierung noch entsprechenden Organen eines Landes angehören. Durch Bundesgesetz nach
Absatz 5 kann vorgesehen werden, dass das Wahlrecht vom anderen Wahlorgan ausgeübt werden
kann, wenn innerhalb einer zu bestimmenden Frist nach dem Ende der Amtszeit oder dem
vorzeitigen Ausscheiden eines Richters eine Wahl seines Nachfolgers nicht zustande kommt.
(3) Die Amtszeit der Mitglieder des Bundesverfassungsgerichts dauert zwölf Jahre,
längstens bis zum Ende des Monats, in dem das Mitglied das 68. Lebensjahr vollendet.
Nach Ablauf der Amtszeit führen die Richter ihre Amtsgeschäfte bis zur Ernennung des
Nachfolgers fort. Eine anschließende oder spätere Wiederwahl ist ausgeschlossen.
...
Man achte auf den Indikativ "...Durch Bundesgesetz nach Absatz 5 kann vorgesehen werden, dass das Wahlrecht vom anderen Wahlorgan ausgeübt werden kann...". Dies erlaubt weiterhin durch einfache Mehrheit im Bundestag die Unabhängigkeit des BVG zu beenden oder noch stärker zu beschneiden.
Weiter ist die Aussage im Artikel
Vielmehr dienen die Gesetzesänderungen gerade dazu, den politischen Einfluss der Mitte und
der sie vertretenden politischen Kräfte auf das Verfassungsgericht abzusichern und sogar
auszuweiten.
nicht nachvollziehbar, denn das ist der aktuelle Stand ohne die Änderung, da das gesamte Verfahren in einem Bundesgesetz geregelt ist [3]. Jede Einschränkung dessen durch Aufnahme ins GG stärkt das BVG gegen Änderungen.
Der Entwurf von CDU/CSU, SPD, FDP, Grüne und SSW schränkt den Spielraum durch das Bundesverfassungsgerichtsgesetz minimal ein, da Dauer, Ruhestand und Wiederwahl der Richter ins GG aufgenommen werden sollen (Änderung damit nur mit 2/3 Mehrheit).
Alles andere kann mit einfacher Mehrheit jederzeit durch Änderungen im Bundesverfassungsgerichtsgesetz (BVerfGG) geändert werden.
Nur im Entwurf von Die Linke wird die Unabhängigkeit des BVG gestärkt und die Parteien im Bundestag oder Bundesrat zur Zusammenarbeit angehalten (wie vom Artikel auch gefordert), denn in deren Entwurf heißt es ausdrücklich:
Artikel 94 GG
-------------
(1) Das Bundesverfassungsgericht besteht aus zwei Senaten mit jeweils acht Bundesrichtern
und anderen Mitgliedern. Die Mitglieder des Bundesverfassungsgerichtes werden je zur Hälfte
vom Bundestag und vom Bundesrat für die Dauer von zwölf Jahren mit einer Mehrheit von
zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen gewählt.
...
(3) Kommt innerhalb von zwei Monaten nach dem Ablauf der Amtszeit oder dem vorzeitigen
Ausscheiden eines Richters die Wahl eines Nachfolgers im Bundestag oder Bundesrat nicht
zustande, so hat das Bundesverfassungsgericht Vorschläge für die Wahl zu machen. Das Plenum
des Bundesverfassungsgerichts beschließt mit einfacher Mehrheit, wer zur Wahl als Richter vorgeschlagen wird.
Ist nur ein Richter zu wählen, so hat das Bundesverfassungsgericht drei Personen
vorzuschlagen; sind gleichzeitig mehrere Richter zu wählen, so hat das
Bundesverfassungsgericht doppelt so viele Personen vorzuschlagen, als Richter zu wählen
sind. Scheitert eine Nach- oder Neuwahl auf Vorschlag des Bundesverfassungsgerichts dreimal
im Bundestag oder Bundesrat, findet die Nach- oder Neuwahl durch die Präsidenten der
obersten Bundesgerichte statt...
Leider wird dieser sinnvolle Entwurf im Artikel nicht erwähnt.
[1] https://dserver.bundestag.de/btd/20/110/2011025.pdf
[2] https://dserver.bundestag.de/btd/20/129/2012977.pdf
[3] https://www.gesetze-im-internet.de/gg/art_94.html