Den Anfang der osmanischen Eroberung Europas machte 1354 die türkische Eroberung von Gallipoli an der anderen Meerenge, den Dardanellen.
1368 wurde dann Adrianopel, heute Edirne, in Thrakien, also in Europa, die Hauptstadt des Osmanischen Reiches. Das Osmanische Reich definierte sich also von da an als europäische Macht.
1453 reichte das Osmanische Reich bereits bis zur Donau und hatte in etwa die Ausdehnung des Byzantinischen Reiches um 1060. Es fehlte nur noch die Hauptstadt selbst.
Nun war Mehmed ll. sich der Bedeutung der Stadt durchaus bewusst. Der Begriff Byzantinisches Reich ist nämlich nicht zeitgenössisch, sondern modern und verschleiert gleich mehrere zum Verständnis wichtige Aspekte.
Er oberte nämlich 1453 Neu-Rom und damit die Hauptstadt des Römischen Reiches. Dieses Reich hatte in seinem Selbstverständnis den Anspruch auf Weltherrschaft. Und Mehmed sah sich in der Nachfolge der Caesaren. Mit dem Besitz von Stadt und Land war er nun Herr einer Großmacht. Er legte sich folglich auch den Titel Römischer Kaiser zu.
Wobei sich die byzantinischen Griechen selbst als Römer bezeichneten und von den Türken auch Römer genannt wurden. Mehmed sah sich also auch als Kaiser der Griechen.
Er machte sich selbstredend auch zum Schutzherrn der Orthodoxen Kirche.
Das ist der andere Aspekt, den der Begriff Byzanz verdeckt: Ostrom war seit etwa 610 ein griechisch dominiertes Reich, Konstantinopel war folglich die Hauptstadt Griechenlands und das Zentrum der griechischen Kultur.
Wenn im Neugriechischen von der Stadt (groß geschrieben) die Rede ist, so ist Istanbul, bzw. für Griechen Konstantinopel, damit gemeint, nicht Athen.
Es ging den Osmanen bei ihren Eroberungen nicht um die Islamisierung Europas. Die Griechen von Konstantinopel konnten etwa im Osmanischen Reich führende Positionen einnehmen.
Die heutigen türkischen Geschichtsklitterer unterschlagen in ihrer einseitig nationalistischen Geschichtsumschreibung einige Aspekte des osmanischen Vielvölkerstaats.
Die Osmanen pochten auch in den folgenden mindestens 100 Jahren auf dem römischen Universalkaisertum für sich.
Karl V. musste nach dem Vertrag von 1535 im diplomatischen Verkehr mit der Hohen Pforte auf den Titel Römischer Kaiser verzichten, da dieser Titel mit dem verbundenen Anspruch auf Weltherrschaft nur dem in Neu-Rom residierenden Sultan-Basileus zustand.
In den Jahrzehnten nach 1540 kam es dann auch zu neuen militärischen Allianzen:
Frankreich, Kirchenstaat und Osmanisches Reich verbündeten sich gegen Habsburg, also Spanien mit den Niederlanden und Österreich.
Wir Steven Runciman lapidar dazu anmerkte, war es spätestens dann bei den Christen Westeuropas mit dem Kreuzfahrergedanken vorbei. Mit dem des Heiligen Krieges bei den Osmanen aber auch.
Und die orthodoxen Völker zogen nach den Erfahrungen von 1204 ohnehin vielfach den Turban des Sultans der Tiara des Papstes vor.
Die Osmanen respektierten nämlich den orthodoxen Glauben der unterworfenen Völker, während die katholischen Mächte für Hilfe für die Griechen immer auch die Kirchenunion und damit die Unterwerfung unter (Alt-)Rom forderten.
Die Sache ist also nicht ganz so einfach.