killingfields schrieb am 09.01.2025 19:39:
Die Frage ist nur, warum sollte Europa so handeln?
Guter Beitrag. Bei dieser letzten Frage muss genauer hingeschaut werden. Was genau ist das "Europa", das hier handelt? Finden Abstimmungen statt, bei der europäische Völker befragt werden? Beruhen die Handlungen des "Europas" auf Bürgerinteressen? Werden zur Meinungsbildung beispielsweise europaweit Umfragen beim Mittelstand durchgeführt? Werden flächendeckend Handlungsempfehlungen von der Industrie eingeholt?
Nö. Es handelt die EU-Kommission. Wenn wir jetzt mal setzen - etwas unsachlich, weil es längere Begründung erfordert - dass die EU-Kommission transatlantisch geprägt ist, außerordentlich USA-freundlich, dass sich ihre Handlungsmotivation fast ausschließlich an geopolitisch-strategischen Konzepten orientiert, dann haben wir, auf die Wirtschaft beschränkt, zwei Europas, die sich in der Frage verstecken. Es stellen sich zwei Fragen:
"Warum sollte Europa so handeln?" wird zu:
1) Warum sollte die EU-Kommission so handeln?
2) Warum sollte Europas Wirtschaft so handeln?
zu 1) Sie sollte so handeln, wenn sie in der Zukunft einen militärisch ausgetragenen Krieg in Europa sieht. Dann ist es zwingend erforderlich, sich zuvor von seinen zukünftigen Feinden wirtschaftlich abzukoppeln. Andernfalls könnte man vom Feind strukturell geschwächt werden. Diese Abkopplung kann viele Jahre dauern, wird die Lebensstandards der europäischen Bevölkerung verschlechtern, das Leben für viele deutlich teurer machen. Wenn aber der kommende Krieg für alternativlos gehalten wird, dann ist auch die Abkopplung alternativlos. Diese muss in Kauf genommen werden. Damit das Volk nicht unruhig wird, werden überhöhte Feindbildern aufgebaut, Angst macht still. Gleichzeitig wird von den Bürgern Resilienz gefordert. O-Ton Steinmeier: "Wir brauchen den widerstandsfähigen Bürger."
Langfristige Geostrategie toppt alles. Und der Wohlstandsverlust betrifft ja auch nicht die Mitglieder der EU-Kommission, andere wohlhabende Kommissare, reiche Machthaber, Hochprofiteure des militärisch-industriellen Komplexes. Auch nicht deren Kinder und Kindeskinder, nicht ihre Erben. Die geforderte Widerstandsfähigkeit ist die Widerstandsfähigkeit bei den Anderen.
Deshalb sollte Europa (= EU-Kommission) so handeln. Sagen die Kriegstreiber. Und die Amerikaner, die sich Ent-Schulden wollen, d.h. ihren immensen Schuldenberg langfristig durch einen Krieg abtragen wollen.
zu 2) (Warum sollte Europas Wirtschaft so handeln?)
Sie sollte so nicht handeln. Sie sollte sich auch nicht immer neue Regulierungen und Vorschriften aufdrücken lassen, Produktrichtlinien, Lieferkettenbestimmungen, Sicherheitsvorschriften, ..., die uns alle mit irgendwelchen Vorwänden von Sauberkeit und moralischer Überlegenheit verkauft werden, aber in Wahrheit zum Ziel haben, chinesische Produkte und Vorprodukte vom Markt zu drängen.
Ohne China können wir unseren heutigen Lebensstandard vergessen. Alleine können wir diesen nicht halten. Ist für mich eine Utopie, ein Wunschdenken. Uns fehlt es nicht nur an physischen Rohstoffen, sondern zunehmend auch an intellektuellen. Uns fehlt es an Produktionswilligkeit. Wenn ich nur nach Deutschland schaue, was da an Bildungsmangel heranwächst, an Arbeitsunfähigkeit, also die Unfähigkeit, acht Stunden pro Tag, fünf Tage die Woche konzentriert an einer bestimmten Sache zu arbeiten, dann sieht das finster aus. Am Ende gehen sie zur Bundeswehr, weil ihnen nichts anderes mehr einfällt und sie dort mit offenen Armen empfangen werden. An der neuen alten Ostfront wird viel Personal benötigt.
Deshalb sollte Europa (= Wirtschaft) nicht so handeln. Sagen Arbeiter, Angestellte, Arbeitssuchende, Rentner. Aber sie werden nicht gefragt. Bekommen vermutlich auch keine Zugangskarten für die Bunker, die zurzeit reaktiviert und neu gebaut werden.
Das Posting wurde vom Benutzer editiert (10.01.2025 16:05).