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  • wurmer

mehr als 1000 Beiträge seit 19.11.2002

Re: Die Absurdität des akademischen Prekariats

+++++ Danke für deinen Beitrag. Ich teile jeden einzelnen Gedanken.

Momentan sieht es so aus, daß ich in den letzten 4 Jahren meiner akademischen Absurdität (das Wort "Laufbahn" wäre ein schlechter Witz) an ca. 20 (Drittmittel)Anträgen mal sehr intensiv, mal eher am Rande beteiligt war. Von diesen 20 Anträgen wurde genau einer bewilligt (ein hochschulinterner Antrag). Auf dieser Stelle "sitze" ich nun. Pikanterweise hat diese Stelle das primäre Ziel, weitere Drittmittelanträge zu schreiben (neben ein wenig Alibi-Forschung und Mithilfe in der Lehre). Jetzt wirke ich nun - gottseidank nicht federführend, nur unterstützend - an einem weiteren Antrag mit, welcher wiederum - neben Forschungsstellen - auch Stellen schafft, die quasi nur dafür da sind, damit weitere Anträge geschrieben werden. Willkommen in Absurdistan, wo Forscher:innen ihre kostbare Lebenszeit damit verbringen, Anträge mit offensichtlich immer weiter sinkender mittlerer Bewilligungsquote zu schreiben, um dann im Bewilligungsfall bereits am nächsten Antrag zu feilen.
Nunja - diese absurde, künstliche Konkurrenzschaffung und Zeitvernichtung scheint ja politisch genau so gewollt zu sein.

Nur als Beispiel zu diesem Theater eine rein zufällige Stellenausschreibung (hab damit nix zu tun):
https://jobs.zeit.de/jobs/wissenschaftliche-r-referent-in-m-w-d-zur-unterstuetzung-eines-exzellenzclusterantrages-universitaet-bielefeld-bielefeld-1070374

Wir suchen eine Person mit Erfahrung in der Wissenschaft, die den Prozess der Beantragung eines Exzellenzclusters aktiv und koordinierend unterstützen kann. Die Aufgaben umfassen die Koordination von Workshops und Meetings, sowie deren Vor- und Nachbearbeitung. Konkrete inhaltliche Beiträge zu dem Antrag in Form von Recherchen und Textbeiträgen werden ebenfalls erwartet.
Thematisch gesehen ist der Antrag im Bereich der interaktiven intelligenten Systeme und der kognitiven Robotik angesiedelt. Da es sich um eine interdisziplinäre Initiative handelt, suchen wir eine Persönlichkeit die gerne in einem interdisziplinären Team arbeiten möchte. Die Stelle ist offen für verschiedene Fachdisziplinen (z. B. Geisteswissenschaften, Linguistik, Psychologie, Soziologie, Medizin, Gesundheitswissenschaften, etc.).
Das Verfolgen einer eigenen Forschungstätigkeit oder die Fortführung eines Promotionsprojektes werden ausdrücklich erwünscht und unterstützt.
Die Ausschreibung erfolgt unter Vorbehalt der Mittelbewilligung.
Ihre Aufgaben
Unterstützung des Antrages auf ein Exzellenzcluster durch Recherchen und Textbeiträge (30 %)

Koordination des Schreibprozesses des Antrags (20 %)

Vorbereitung und Moderation von Meetings und Workshops zur Vorbereitung des Antrages auf einen Exzellenzcluster (10 %)

eigene Forschungstätigkeit (40 %)

Befristet auf 2 Jahre..

soso. Haben die Herren Professor:innen selber keine Lust mehr, Anträge federführend zu pushen und zu schreiben und wollen ebenjene Tätigkeit "outsourcen"? Mit der Karotte vor der Nase, daß man ja 40% nebenbei forschen kann? (wer's glaubt daß das nebenbei Forschen gut klappen wird.. wird seelig..)

Das Posting wurde vom Benutzer editiert (24.01.2023 12:57).

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