Es ist doch offensichtlich, dass die Eskalationsdrohungen Russlands gegenüber der NATO überwiegend nach innen gerichtete Propaganda sind. Moskau möchte seine Bevölkerung in Angst halten, indem es suggeriert, ein Krieg gegen die NATO stünde unmittelbar bevor oder sei bereits im Gange. Denn je mehr russische Soldaten die Heimreise im Leichensack antreten, umso unpopulärer wird der Krieg und die Verluste lassen sich auf die Dauer nicht verbergen. Da muss das Bedrohungsgefühl hoch gehalten werden - das gilt im übrigen für des Westen genauso, auch wenn es da bisher keine Beerdigungen gibt.
Weder die NATO noch Russland haben ein Interesse daran, sich wegen der Ukraine in eine direkte Konfrontation ziehen zu lassen. Die Strategie des Kreml wie auch die des Westens ist nicht auf Eskalation, sondern auf Abnutzung angelegt, darauf dass dem Gegner wirtschaftlich, politisch und militärisch die Puste ausgeht. Für den Westen ist entscheidend, dass er keine eigenen Leute verliert, für Russland dass es nicht alle Chancen auf einen Sieg verspielt, wenn die konventionell überlegene NATO wirklich direkt in den Konflikt eingreifen sollte.
Trotzdem ist es von beiden Seiten ein Spiel mit dem Feuer, bei dem eine falsche Bewegung, eine Fehlinterpretation katastrophale Folgen haben kann. Man kann nur hoffen, dass das allen Beteiligten klar ist.