Seit Kriegsbeginn ist die ukrainische Wirtschaft natürlich ein einziges Desaster. Der ukrainische Staat hängt derzeit komplett am Tropf des Westens und würde bei Ausbleiben der Stütze-Zahlungen aus dem Western vermutlich unmittelbar pleitegehen.
Allerdings gab es bis Kriegsbeginn durchaus echte wirtschaftliche Erfolgsgeschichten:
Die Getreideproduktion, seit jeher ein Hauptstandbein der Ukraine, nahm seit den 2000er Jahren stetig zu. Grund dafür ist, dass mittlerweile mit westlichen Produktionsmethoden gearbeitet wird und die Unternehmens- bzw. Feldergrößen riesig sind. Da gibt es einzelne Felder (!) von über 1000 Hektar - in Ländern wie der Schweiz oder Österreich wird man wahrscheinlich kaum landwirtschaftliche Betriebe solcher Gesamtgröße finden. Der Getreideexport über die Schwarzmeerhäfen war bis Kriegsbeginn gut eingespielt und die Ukraine entsprechend gut in den Getreideweltmarkt integriert - und dort absolut wettbewerbsfähig.
Der Metallurgiesektor, traditionell zweites Wirtschaftsstandbein, ist mittlerweile nur noch teilweise weltmarktfähig. Während die Stahlindustrie tendentiell an Boden verlor, liefen Produktion und Export von Eisenerz und Roheisen (Eisenpellets) immer gut, auch das über die Schwarzmeerhäfen (vor allem Mariupol - seit Kriegsbeginn weggefallen).
Sehr gut läuft etwa seit 2010 der IT-Sektor, genauer gesagt das IT-Outsourcing an ukrainische Programmierer. Diese erbringen zwar meist nur Standardaufgaben, erzielen aber für ukrainische Verhältnisse hohe Einkommen (Durchschnitt USD 3.000 - 6.000/Monat) bei einer lächerlich geringen Steuerbelastung von 5%. Diese Programmierer sahen (vor Kriegsbeginn) keinen Grund, das Land zu verlassen, weil sie in der Ukraine vergleichweise gut leben. Meist gut gebildet, sind sie auch so etwas wie der Nukleus einer sich bildenden modernen Mittelschicht.
Ein wirkliches Problem für Wirtschaft und Gesellschaft ist die fehlende Rechtssicherheit. Trotz allen Lippenbekenntnissen der Regierung zählen Gesetze nichts, wenn sich Regierung oder bestimmte Behörden nicht daran halten wollen. Zuletzt sah man das im November 2022 bei der handstreichartigen, gesetzeswidrigen entschädigungslosen Enteignung von 5 ukrainischen Großunternehmen (keines hatte Verflechtungen mit Rußland). Angesichts des aktuell laufenden Krieges - und der irgendwann bevorstehenden langwierigen Wiederaufbauphase - wird sich daran realistischerweise auch nichts ändern. Das wird in westlichen Mainstreammedien allerdings derzeit nicht laut thematisiert, man könnte auch sagen, dass der Mantel des Schweigens über diese Themen gedeckt wird. Schade.