Stell dir vor, du wirst durch ein Schadensereignis zum Schwerstbehinderten. Kann jedem passieren, jeden Tag. Schwerer Autounfall, Sturz vom Gerüst oder einfach nur unglücklich gestolpert. Der Arm ist ab, die Beine unnütz, der Kopf ein wenig blöde - schlimmer geht immer.
Klar, kann noch besser werden aber Wunder sind selten und die Diagnose eindeutig.
Und schon geht es los...
Du wirst jetzt nicht vorläufig als Schwerstbehinderter anerkannt, vielmehr de jure als Verunfallter und völlig unabhängig von der Diagnose. Die Institutionen haben nun drei Jahre Zeit, abzuwarten, ob sich, wie durch ein Wunder, dein Zustand nicht doch erheblich verbessert, bevor sie ein abschließendes und rechtsgültiges Verfahren der Anerkennung einleiten müssen. Im Kleingedruckten deiner privaten Versicherung findest du nach einem netten Gespräch mit dem Sachbearbeiter diesen Zusatz: Keine Zahlung bevor nicht abschließend beurteilt wurde.
Du brauchst ein sackteures Therapiehilfsmittel, jetzt, sofort, nicht erst in drei Monaten, weil bis dahin die Schäden irreversibel sind. Pech gehabt, weil der Entscheidungsprozess dauert nun mal, gut und gerne 2-6 Monate, also bezahlst du das Teil aus deiner eigenen Tasche, wenn du denn das Geld hast. Damit verzichtest du de jure und de facto auf eine Erstattung der Kosten, weil auch hier, erst rechtskräftige Feststellung, dann Beschaffung.
Klar, du hast Rechte ohne Ende, halt in einem asymmetrischen Machtverhältnis, das durch die Gesetzgebung zementiert ist.
Und jetzt noch kein Wort darüber, dass die Mitarbeiter in den Institutionen gezielt darauf trainiert werden, Ansprüche, auch berechtigte, abzuwehren und dafür so ziemlich jedes Mittel recht ist.
Aber nein, wer spricht denn hier von Feindseligkeit und strukturelle Gewalt. Tse, tse, tse...
Das Posting wurde vom Benutzer editiert (21.05.2021 12:52).