Himmelfahrt schrieb am 14.09.2022 16:12:
murdock01 schrieb am 14.09.2022 14:20:
Und was stattdessen? Ein bedingungsloses Grundeinkommen, von dem man menschenwürdig leben kann?
Oder schweben dir für Deutschland Favelas wie in Brasilien oder Obdachlose in Masse in den Randgebieten der Städte wie in den USA vor?Stärkung der Familie wäre mal eine Idee. Mal ganz ehrlich: Würdest du Bruder oder Schwester vor der Tür stehen lassen? Das Problem ist, daß den Menschen zu wenig von ihrem hart verdienten Geld bleibt.
Zu wenig im Vergleich zu wo? Deutschland liegt bei den Einkommenssteuern im unteren Mittelfeld der Länder der EU. Vor uns liegen noch Frankreich, Dänemark, Belgien, Schweden, Finnland, Italien, Österreich, Griechenland, Niederlande, Luxemburg, Kroatien, Norwegen, Bosnien und Ungarn.
Bei Kranken-, Renten- und Arbeitslosenversicherung liegt Deutschland ziemlich weit vorn, das hat aber auch damit zu tun, dass jeweils nur ein bestimmter Teil der arbeitenden Bevölkerung die Kosten schultert, während ein anderer Teil sich da heraushalten kann. Würden alle, ohne Ansehen des Einkommens bzw. Beschäftigtenstatus (Gutverdienende, Beamten, Selbstständige, ...) sich daran beteiligen, wären auch diese Abzüge signifikant niedriger.
Es wird eben ein Großteil umverteilt. Umverteilung streichen und schon hat die Bevölkerung wieder genug Kohle.
Erläutere doch mal, welchen Teil der Abzüge du gern streichen würdest und was das dann gesamtwirtschaftlich für Folgen hätte. Sicher, wir brauchen keine knapp einhundert Krankenversicherungen in Deutschland, allerdings machen die Verwaltungskosten nur einen Bruchteil der Ausgaben aus, die privaten Krankenversicherungen liegen da deutlich höher (die müssen nämlich, im Gegensatz zu den gesetzlichen Krankenversicherungen Gewinn machen).
Für die Familie reicht es dann auf jeden Fall und es ist auch wieder Kohle für "Soziales" übrig. Und damit meine ich nicht die aktuelle Zwangssolidarität.
Auch da, was schwebt dir denn da so vor? Ein Sozialsystem, basierend auf freiwillig gespendeten Almosen? Kein Sozialsystem, jeder soll sehen, wo er bleibt?
Falls dir das nicht reicht: Stärkung der Unterhaltspflicht. Väter zahlen ja auch jetzt schon für Ihre Kinder. Warum sind Kinder eigentlich die einzige Bevölkerungsgruppe bei der der Staat sich in Sachen Versorgung vollständig aus der Verantwortung zieht?
Was bitte meinst du damit, dass der Staat sich in Sachen Versorgung aus der Verantwortung zieht? Ein paar Zeilen vorher hast du das Hohelied der Versorgung durch die Familie gesungen und jetzt soll der Staat dafür einstehen? Das tut er übrigens, wenn ein Vater oder eine Mutter keinen Unterhalt leisten kann.
Sind Eltern bedürftig, sind zuerst die Kinder gefordert. Können diese keinen Unterhalt leisten, dann springt das Sozialsystem ein, sie bekommen dann Arbeitslosengeld bzw. Grundsicherung. Das sieht auch bei Geschwistern so aus, nur dass es hier keine Unterhaltsverpflichtung gibt, sondern direkt das Sozialsystem greift.
Wie wäre es denn mit Unterhalt für die Eltern (gibt es in begrenztem Umfang ja bereits). Warum nicht auch Unterhalt für den Bruder oder die Schwester.
Weil das eine politische Entscheidung in Deutschland war, dass nur Verwandte in direkter Linie gegenseitig unterhaltsverpflichtet sind.
Am Beispiel des Kindesunterhalts läßt sich da das ganze Maßnahmenpaket durchexzerzieren. Du würdest dich wundern wie wenig Unterhalt der Staat den Kindern beim Ausfall des Versorgers bietet und was von den Vätern erwartet wird. Unterhaltsvorschuß Vater Staat: 177 € versus Mindestunterhalt biolog. Vater ab 396 €.
Warum soll ich mich da wundern? Wir haben in der Familie solch einen Fall, Mutter erhielt staatl. Unterhaltsvorauszahlung, weil Vater nicht leisten kann.
Hmm, und was ist jetzt genau dein Problem? Ist der staatliche Unterhaltsvorschuss zu niedrig oder der Unterhalt der biologischen Eltern zu hoch (übrigens auch Mütter können Unterhaltsverpflichtet sein, wenn das Kind z.B. bei seinem Vater lebt)?
Die staatl. Unterhaltsvorauszahlung ist eine Leistung aus Steuermitteln. Was soll jetzt genau deiner Meinung nach passieren? Keine Unterhaltsvorauszahlung? Unterhaltsvorauszahlung zu niedrig, mehr Geld (was dann wiederum zu höheren Steuern führt, die du ja eingangs anscheinend beklagt hattest)?
Nach oben offen! Vorteil: Wenn du für deinen Bruder Unterhalt bezahlst, dann wirst du schon dafür sorgen, daß der sich einen Job sucht. So Argumente wie "2.000 € Netto für 40 h Lebenszeit ist echt zu wenig" wirst du dann vermutlich kaum akzeptieren.
Wenn du deinem Bruder oder deiner Schwester helfen möchtest, wer verbietet es dir? Und das Argument "2.000 € Netto für 40 h Lebenszeit ist echt zu wenig" kann ich sehr wohl akzeptieren. Das Gegenargument ist dann "wenn es dir zu wenig ist, melde dich arbeitssuchend, dann bekommst du ALG1 oder 2. Ist das dir auch zu wenig, such dir eine besser bezahlte Arbeit."
Alles in allem werde ich nicht so recht schlau aus dem, was du so schreibst. Soll der Staat jetzt mehr leisten oder weniger? Einmal beklagst du dich über zu hohe Abzüge, dann aber wieder darüber, dass der Staat sich aus der Verantwortung zieht.