Ansicht umschalten
Avatar von
  • unbekannter Benutzer

mehr als 1000 Beiträge seit 24.06.2004

Re: Wo der Hund bei ALG-II-Sanktionen begraben ist

Sinerider schrieb am 13.09.2022 22:31:

murdock01 schrieb am 13.09.2022 22:27:

Sinerider schrieb am 13.09.2022 22:20:

murdock01 schrieb am 13.09.2022 22:17:

Sinerider schrieb am 13.09.2022 21:59:

murdock01 schrieb am 13.09.2022 21:33:

Sinerider schrieb am 13.09.2022 17:22:

Nach dem Urteil des BVerfG stellt ALG II das sozio-ökonomische Existenzminimum dar. Daher ist eine Kürzung durch eine Verwaltungsentscheidung nicht möglich. Das müsste dann schon ein Richter nach einem Gerichtsverfahren anordnen.

Nein, das ist falsch. Siehe Urteil des BVG von 2019, Az. am Ende...

Tut man das nicht, dann ist das genau nicht mit dem Prinzip der Rechtsstaatlichkeit zu vereinbaren. Ein "Wunder", dass dies so lange praktiziert werden konnte. Man redet sich damit heraus, dass ja ein Widerspruch möglich ist, der dann unweigerlich zu einem Gerichtsverfahren führt. Die Sanktion wäre also somit quasi einverständlich zu Stande gekommen.

Nein, das Jobcenter darf sanktionieren (in gewissen Grenzen). Dazu muss es keinen Richter fragen.

Nun ist es halt so, dass die meisten Sanktionen vor Gericht landen und in zu vielen Fällen der ALG-II-Empfänger Recht bekommt.

Das ist für die Bundesrepublik erheblich teurer als gleich auf Sanktionen zu verzichten.

Was allgemein aus gutem Grund nicht gesagt wird: Eine Vollsanktion ist in Deutschland gar nicht möglich. Der Sanktionierte hat dann Anspruch auf Sozialhilfe.

Nein, dass ist halbwegs falsch. Richtig ist, dass eine Vollsanktionierung nicht möglich ist, das hat das BVG 2019 geurteilt (1 BvL 7/16).
Falsch ist, dass SGB XII (regelt Sozialhilfe) Sanktionen auffängt:
SGB II §31b, Satz 2:
(2) Während der Minderung des Auszahlungsanspruchs (vulgo Sanktion, Anmerkung von mir) besteht kein Anspruch auf ergänzende Hilfe zum Lebensunterhalt nach den Vorschriften des Zwölften Buches.

Die gute Frage ist, ob die Entscheidung des BVG von 2019 vor dem BVerfG Bestand haben könnte. Die Frage ist ja nun von BVerfG elegant umgangen worden.

Wenn das Jobcenter Sanktionen erlässt, dann wird nur dann kein Richter befragt, wenn der Sanktionierte der Sanktion nicht widerspricht.

"Kein Anspruch zu haben" ist Juristendeutsch und bedeutet, dass die Leistungen des Sozialamts eine Ermessensentscheidung sind.

Nein, dass ist schon wieder falsch. Anspruch auf Hilfe nach SGB XII hat, wer entweder keiner Erwerbstätigkeit nachgehen kann oder die Regelaltersgrenze für Rentenbezug erreicht hat. Wer Anspruch auf Leistungen nach SGB II hat, erhält grundsätzlich keine Leistungen nach SGB XII.
Da gibt es auch keine "kann"-Bestimmung.

Also hat das Sozialamt bei Kunden von mir die vollsanktioniert waren und denen Hilfe gewährt wurde, widerrechtlich gehandelt? In einem Fall wurde sogar die ausstehende Stromrechnung in Höhe von über 1000 Euro übernommen.

Ja, hat es. Erstens ist eine Vollsanktionierung nicht mehr (seit 2019) möglich (bzw. verfassungswidrig), dazu habe ich dir das entsprechende Urteil herausgesucht.
Zweitens schließen sich SGB II und SGB XII gegenseitig aus, das habe ich dir auch entsprechend mit Link belegt.
Was ein Sozialamt macht oder nicht entzieht sich meiner Kenntnis, was da und warum gelaufen ist, kann ich nicht mal vermuten.
Die Gesetzeslage und die Rechtsprechung ist in diesem Fall aber eindeutig, da gibt es auch keine Auslegungsmöglichkeiten, das wird dir jeder Anwalt mit entsprechenden Kenntnissen im Sozialrecht bestätigen.

Ja, die Fälle waren vor 2019. Was mir noch zur Übernahme der Stromrückstände einfällt, da waren Kinder in der sanktionierten Familie. Vielleicht hat das einen anderen Paragraphen zum Wirken gebracht.

Hmm, ja, die Kinder haben ja einen eigenen Anspruch und sind i.d.R. nicht erwerbsfähig. Die Sanktion richtet sich ja auch immer nur gegen das Mitglied der Bedarfsgemeinschaft, welches einen Regelverstoß begangen hat.
Siehe dazu auch
https://www.anwalt.de/rechtstipps/alle-fuer-einen-bei-sanktion-in-bedarfsgemeinschaft_044137.html

Bewerten
- +
Ansicht umschalten