Da Goethe die heutige Geldschöpfung als neue Alchemie ansah - und davor warnte, fragte am 18.9.2012 ein gewisser Jens Weidmann seine vielen Zuhörer:
Was ist eigentlich Geld? ...Vieles könnte als Geld fungieren: Muscheln, Perlen oder auch Nutzvieh. Das lateinische Wort für Vieh lautet »pecus«, wovon sich »pecunia« für Geld ableitet.
»Nach Golde drängt, am Golde hängt doch alles«, lässt Goethe Margarete im Faust I sagen. ..
Heutiges Geld ist durch keine Sachwerte gedeckt. Banknoten sind aus Papier. Beim Euro ist es Baumwolle. Jede Papiergeld-Annahme fußt auf dem Vertrauen der Bevölkerung, damit etwas kaufen zu können...
Notenbanken schaffen Geld, indem sie Geschäftsbanken gegen Sicherheiten Kredite gewähren oder ihnen Aktiva, zum Beispiel Anleihen abkaufen. Die Finanzkraft einer Notenbank ist unbegrenzt. Eine Notenbank kann Geld aus dem Nichts erschaffen.
In der Geldschöpfe-Szene im Akt 1 von Faust II erinnert Mephisto, als Narr verkleidet, an des Kaisers Geldnot:
»Wo fehlt’s nicht irgendwo auf dieser Welt? Dem dies, dem das, hier aber fehlt das Geld.«
Der Kaiser erwidert auf Mephistos Überredungsversuch:
»Ich habe satt das ewige Wie und Wenn; Es fehlt an Geld, nun gut, so schaff’ es denn!« Mephisto antwortet:
»Ich schaffe, was ihr wollt, und schaffe mehr!«
Er bringt den Kaiser im Trubel des Maskenballs dazu, eine Urkunde zu unterschreiben, die Mephisto vervielfältigen und als Papiergeld verbreiten lässt. Die Beteiligten erfreut der Erfolg. So kündet der Kanzler: »So hört und schaut das schicksalsschwere Blatt – (geschaffenes Papiergeld) – das alles Weh in Wohl verwandelt hat!«
Er liest: ›Zu wissen sei es jedem, der’s begehrt: Der Zettel hier ist 1000 Kronen wert.‹«
Mephisto facht die Freude noch an: »Ein solch Papier, an Gold und Perlen Statt, ist so bequem, man weiß doch, was man hat. Man braucht nicht erst zu markten, noch zu tauschen, Kann sich nach Lust in Lieb’ und Wein berauschen.«
Die Beteiligten erahnen nicht das böse Ende: Zwar entledigt sich der Staat einiger Schulden, die private Konsumnachfrage steigt, doch wird das Geld durch rapide Entwertung zerstört.
Es erstaunt, wie Goethe als Finanzminister die gefährlichen Bezüge von Papiergeldschöpfung, Staatsfinanzierung und Inflation – als Kernproblem ungedeckter Währungen beleuchtet.
Bei Faust denkt man an sich kaum an ökonomische Bezüge, schon gar nicht mit geldpolitischen Spannungsfeldern.
Wie sich Faust ökonomisch deuten lässt, schrieb Prof. Adolf Hüttl (einst Vizepräsident der Landeszentralbank Hessens) 1965 im Bundesbank-Mitarbeitermagazin unter der Überschrift: »Das Geld in Goethes Faust II«.
Prof. Hans Christoph Binswanger legte Mitte der 80er-Jahre das Buch „Geld und Magie – Deutung und Kritik der modernen Wirtschaft anhand von Goethes Faust“ vor:
Goethe sah die heutige Geldschöpfung als neue Alchemie an.
Wie klassische Alchemisten Blei zu Gold machen wollten, werde Papier zu Geld. Wenn Notenbanken unbegrenzt Geld aus Nichts schaffen, wie bleibt Geld werthaltig? In der Rückschau wurden staatliche Notenbanken oft geschaffen, um Regenten freien Zugriff auf scheinbar unbegrenzt viel Geld zu geben. Durch staatliche Zugriffe auf die Notenbank in Verbindung mit großem staatlichem Geldbedarf wurde die Geldmenge oft zu stark erhöht.
Der Geldentwertung folgte oft Inflation.
Quelle: https://www.bundesbank.de/de/presse/reden/begruessungsrede-710686