Ansicht umschalten
Avatar von exkoelner
  • exkoelner

mehr als 1000 Beiträge seit 28.06.2012

die Problematik der sinkenden Profitrate ist wohl nicht wirklich jedem geläufig

Leider wissen das noch immer nicht alle, nein, im Gegenteil, ganz wenige:

"Mithin muss der Geldbesitzer auf dem Markt eine Ware finden, schreibt Marx, „deren Gebrauchswert selbst die eigentümliche Beschaffenheit besäße, Quelle von Wert zu sein.“[2] Das ist die menschliche Arbeitskraft. Der Geldbesitzer kauft die Arbeitskraft zu ihrem Wert, der wie bei jeder anderen Ware auch durch die zu ihrer Reproduktion gesellschaftlich notwendigen Arbeitszeit (Unterhaltskosten des Arbeiters und seiner Familie) bestimmt ist. Mit dem Kauf der Arbeitskraft hat der Geldbesitzer aber das Recht, die Arbeitskraft über diese „notwendige Arbeitszeit“ hinaus zu gebrauchen. In dieser „Surplusarbeitszeit“ erzeugt der Arbeiter den Mehrwert, der dem Kapitalist zufällt.

Aus dieser Überlegung heraus unterscheidet Marx zunächst zwei Arten von Kapital. Das konstante Kapital wird in Produktionsmitteln eingesetzt, also für Maschinen, Werkzeug und Rohstoffe ausgegeben. Es geht mit der Produktion nach und nach auf das Endprodukt über. Das variable Kapital umfasst die Ausgaben für die Arbeitskraft. Es ist im Produktionsprozess Quelle für den Mehrwert.

Der Mehrwert kann einerseits „absolut“ durch Verlängerung der täglichen Gesamtarbeitszeit, andererseits „relativ“ durch Verkürzung des notwendigen Teils des Arbeitstages erhöht werden. Die zweite, wichtigere Möglichkeit geschieht hauptsächlich in der fortschreitenden Mechanisierung, also durch Automation und Steigerung der Produktivität der Arbeit (Intensivierung).

Bei der Analyse des Akkumulationsprozesses des Kapitals kommt Marx zu dem Schluss, dass der Mehrwert, der nicht dem persönlichen Verbrauch des Kapitalisten dient, in konstantes und variables Kapital verwandelt wird. Adam Smith, auf dessen Arbeitswerttheorie die Mehrwerttheorie von Marx aufbaut, hatte noch unterstellt, dass es lediglich zu einer Akkumulation des variablen Kapitals kommt. Marx begründet mit seiner Akkumulationstheorie die Verdrängung des Arbeiters durch die Maschine.

Im dritten Band des „Kapital“ widmet sich Marx der auf dem Wertgesetz basierenden Bildung der Durchschnittsprofitrate, dem Verhältnis des Mehrwerts zum Gesamtkapital eines Unternehmens. Kapital von „hoher organischer Zusammensetzung“, also einem überdurchschnittlich hohen Anteil des konstanten Kapitals am Gesamtkapital, erbringt eine im gesamtgesellschaftlichen Kontext unterdurchschnittliche Profitrate. Die Konkurrenz der Kapitalisten untereinander gleicht die Einzelprofitraten in Richtung Durchschnittsprofitrate aus, indem Kapital aus Branchen hoher in Branchen niedriger organischer Zusammensetzung wandert. Durch diesen Prozess werden die Waren nicht zu Werten, sondern als Summe aus anteilig aufgewandtem Kapital plus Durchschnittsprofit zu Produktionspreisen verkauft. Gesamtgesellschaftlich fällt weiterhin die Summe aller Warenwerte mit der Summe der Warenpreise zusammen, das Wertgesetz bleibt erhalten.

Die Steigerung der Produktivität der Arbeit lässt das konstante Kapital schneller wachsen als das variable. Da nur das variable Kapital Mehrwert hervorbringt, muss die Profitrate tendenziell sinken. Schon David Ricardo hatte vor Marx die Theorie vom fallenden Unternehmensgewinn entwickelt. Marx selbst legt Wert auf das Wort „tendenziell“ und führt eine Vielzahl von Faktoren an, die diesem Fall eine gewisse Zeit entgegenwirken können.

Quelle: http://www.timepatternanalysis.de/Blog/2017/02/13/marx-mehrwert-und-sinkende-profitrate/

Daraus ergibt sich, das mit zunehmender Produktivität auch zunehmend Kapital im Verhältnis zu Arbeit investiert ist. Das bedeutet, das Kapital (Eigen- oder Fremd, egal) zunehmend Rendite fordert, aber dieser "Mehrwert" nur aus Arbeit generiert werden kann, die bei zunehmendem Anteil am Gesamtprodukt (Ware) immer geringer wird. In anderen Worten, pro produziertem Mehrwert braucht es zunehmend Kapital, aber immer weniger Arbeit - ein Dilemma. Mit "Wachstum, Wachstum" steigt unendlich und exponentiell der Rendite-Anspruch, ein im Kapitalismus nicht einlösbares Versprechen - und der Kapitalismus kollabiert.

Ähnliches findet man auch in einer empirischen Gesamtumsatz-Rendite-Rechnung der aktuellen BWL, so kommunistisch ist das ganze nämlich gar nicht, ist einfach Logik und Mathematik.

https://www.modu-learn.de/verstehen/management/rentabilitaetsrechnung/

Für eher bürgerlich angehauchte hat das Piketty nochmal auf 700 Seiten anhand empirischer Daten errechnet, und kommt auf eine ersten einfachen Lösungsansatz im bürgerlichen, kapitalistischem System:

"Mit der Höhe der Vermögen soll der Steuersatz auf bis zu zehn Prozent steigen. Damit nicht genug der Provokation: Der Franzose stellt sich vor, dass die Einkommensteuer bei Millionären einen Satz von 80 Prozent erreichen kann. Der drastischen Bedrohung müsse man mit drastischen Mitteln begegnen."

https://www.zeit.de/2014/23/thomas-piketty-umverteilung-kapitalismus/seite-3

Das entspricht in etwa dem, was Roosevelt in den 30ern in den USA einführte, mit dem New Deal.

Aber leider ist das alles gar nicht nur Ansatzweise erkennbar und geplant, und daher bleibt vorüber gehend nur die stetige Absenkung der Arbeitseinkommen aller, die arbeiten, bis die Löhne noch nicht mal mehr für den Selbsterhalt (Essen und Wohnung) reichen, denn die Profitrate sinkt bei steigender Produktivität und damit steigendem Kapitaleinsatz unbarmherzig immer weiter. Und den produzierten Kram kann sich natürlich auch keiner mehr leisten, und deswegen sinkt die Profitrate noch schneller, weil die Konsumenten irgend wann in Massen insolvent, also kaufunfähig werden ... aber ja, es handelt sich nur um ein kleines Hüsteln des Welt-Wirtschaftssystems ... *hust*

Bewerten
- +
Ansicht umschalten