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  • hdwinkel

mehr als 1000 Beiträge seit 16.06.2012

Re: Gorbatschow wollte keinen russisch-revanchistischen Mafiastaat

Dass Sie andere Wertungen der politischen Ereignisse der letzten 3 Jahrzehnte als Propagandamärchen abtun, sagt mehr über Sie selbst aus, als über Ihre eigene Interpretation derselben Ereignisse.
Auf welcher Basis wollen Sie denn argumentieren? Alle anderen sind entweder zu blöd, oder gar Propagandisten des Kreml?

Inhaltlich machen Sie den gleichen Fehler wie unsere Außenministerin, aus einer Werteposition heraus die Welt zu betrachten und zu werten und vor allem zu direkten Handlungsempfehlungen zu kommen.
Ihre Erzählung und Interpretation der Ereignisse laufen im Grunde auf einen Kampf Gut gegen Böse hinaus. Auf der einen Seite der demokratische und fortschrittsgetriebene Westen und auf der anderen Seite der Mafiastaat, wenn nicht sogar die faschistische Diktatur in Russland.
Die Ukraine praktisch als Schlachtfeld in diesem Kampf.

Nur hat genau diese Interpretation ein paar unschöne Kratzer.

- Die Veröffentlichungen Robert McNamaras, einschließlich der Warnung vor einem Übertreten roter Linien Moskaus waren bereits 1997, also Jahre vor Putin.

- Die Balten haben ihre russische Minderheit eben gerade nicht eingeladen, den eigenen Staat mit aufzubauen, sondern haben diese als Eroberer betrachtet. Das entspricht in etwa ziemlich genau dem Menschenbild der AfD, die türkischstämmige Deutsche eben gerade nicht als Deutsche versteht.

- Die Ereignisse in Moldau und Georgien betrafen (und betreffen) das Verhältnis zwischen einer rumänischen Mehrheit auf der einen und russische sowie ukrainische Minderheiten auf der anderen in Transnistrien, sowie ossetische bzw. abchasische Minderheiten gegenüber georgischen.
Im Konflikt in Bergkarabach standen sich Armenier und Aserbaidschaner gegenüber.
Alles Konflikte, die zum Teil Jahrhunderte alt sind.

- Die westliche Interpretation, dass der Ukrainekrieg ein Krieg der Freiheit gegen die Unfreiheit ist, berührt nur einen eher nachgelagerten Aspekt. Der Maidan wurde nämlich anfangs auch von den östlichen Landesteilen unterstützt. Das hörte schlagartig auf, als Bandera-Leute mit an die Macht gelangten.
siehe dazu: "Die fatalen Fehler der Regierung in Kiew"
https://www.spiegel.de/politik/ausland/krim-krise-die-fatalen-fehler-der-kiewer-regierung-a-956680.html

usw.usw.

Merken Sie etwas? Die Ereignisse in den ehemaligen Nachfolgestaaten der Sowjetunion folgen keinem Drehbuch Demokratie und Freiheit gegen Autokratie, sondern sind viel eher durch Nationalismen zu erklären.
Der Ukrainekrieg ist demnach ein weiterer späterer Erbfolgekrieg der Sowjetunion. In der u.a. fatalerweise die Territorienfrage bürokratisch durch Übernahme der sowjetischen Verwaltungsgrenzen zwar völkerrechtlich geklärt wurden, aber offensichtlich nicht im Einklang mit den Interessen der Beteiligten.

Macht diese Interpretation Russland zu einem Guten?
Nein, Russland ist der schlimmste der Nationalisten dort.
Aber etwas anderes wäre eine Konsequenz: Es ist weder unser Krieg, noch besteht in Russland die Absicht, seinen Nationalitätenkonflikt in Polen oder Deutschland auszutragen.

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