Hand auf's Herz: dass die Ampel-Regierung so lange irgendwie "funktioniert" hat, ist eigentlich ein Wunder. Denn eigentlich passen die drei Parteien schlichtweg nicht ins gleiche Boot.
Die FDP kann eigentlich nur "gewinnen", wenn sie der Koalition den Rücken zukehrt. Denn bei den vergangenen Landtagswahlen wurden SPD und FDP herb abgestraft für die Ampel-Politik - nur die Grünen sind "stabil" geblieben. Klar: die Ampel fährt Maximalforderungen der Grünen, dabei kommen Sozialpolitik und "Besitzstandswahrung" der FDP unter die Räder. Insgeheim wird Habeck eher als Kanzler wahrgenommen als der schwache Amtsinhaber, dazu kommt positive Begleitmusik aus den Medien, die selbst gröbste diplomatische Faux Pas noch schönfärben.
Die SPD ist trotz nomineller Koalitionsführung nur der "Juniorpartner" der Grünen und die FDP bietet sich nicht einmal als bürgerliches Korrektiv der grünen Maximalforderungen an - warum soll der Wähler diese Situation goutieren? Entsprechend knallt es bei jeder Wahl. Die Watschen kann gar nicht schallend genug ausfallen.
Träten nun die FDP-Mitglieder bei der Umfrage auf die sprichwörtliche Notbremse, könnte dies der FDP langfristig nur helfen. Da sie sowieso keine Akzente setzt in der Regierung, ist sie nur Mehrheitsbeschaffer im Parlament. Die Fraktionsdisziplin zwingt sie, jeden Mist mitzutragen. Als Oppositionspartei könnte sie aber gegen die Politik der Regierungskoalition stimmen - sie könnte also wieder "wirksam" mitregieren. Natürlich ist das alles nur dann stimmig, wenn man der Parteienlogik folgt: eigentlich könnte schon jetzt die FDP gegen die Regierungspläne stimmen und als Korrektiv fungieren, aber dafür braucht man halt auch Nerven und die Fähigkeit, jenseits der Fleischtöpfe denken zu können.
Fliegt die Koalition auseinander ohne FDP? Nicht unbedingt: die unbequeme Wahrheit lautet, dass Rot-Grün auch ohne FDP weiterregieren könnte - nur eben ohne Parlamentsmehrheit. Minderheitsregierungen sind aber durchaus zulässig nach Grundgesetz und sogar "demokratischer": denn nun muss die Minderheitsregierung die Opposition zur konstruktiven Mitarbeit überzeugen, statt mit satter Parlamentsmehrheit alles abnicken lassen zu können.
Bleibt die FDP aber weiterhin an der Regierung beteiligt, kommt die Klatsche auch 2024 wieder raus. 2025 ist dann Wahljahr: wer will eine Partei wählen, die nicht als Korrektiv mitwirkt, sondern "Bauchschmerzpolitik" bis zum Erbrechen fährt? Wer wählt eine Partei, die es nicht auf die Kette bekommt, die Interessen ihrer Wähler zu vertreten, sondern untergebuttert wird vom zweiten Juniorpartner in der Regierungskoalition?