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mehr als 1000 Beiträge seit 01.12.2023

Re: Nicht bindend? Da hängt das politische Überleben der FDP dran.

Naja, ich bin mal ganz ehrlich: die grünen Maximalforderungen sind nicht umsetzbar. Da kann man noch so sehr mit dem Fuß aufstampfen: physikalische Gesetzmäßigkeiten lassen sich für die Klimarettung nicht aufheben. Und wenn wir eben im Winter wenig Sonne am Himmel haben (Solarstromerzeugung nahe Null) und auch relativ wenig Wind weht, dann können wir eben nicht beliebig viele E-PKW und Wärmepumpen (beides hohe Bürden für die Stromerzeuger) ans Netz klemmen. Irgendwann ist Schluss.

20 Jahre lang wurde die Energiewende eher verschlafen: die notwendigen technischen Voraussetzungen wie wirtschaftlich betreibbare Speicher sind überhaupt nicht geschaffen worden. Man hätte auch per Gesetz für Windräder und Solaranlagen eine Speicherpflicht von z.B. 4 Stunden "Flaute" zur "Einspeisestabilisierung" vorschreiben können, hat darauf aber verzichtet, vielleicht sogar aus rein wirtschaftlichen Überlegungen heraus. Denn Akkuspeicher ist halt einfach teuer - und nicht überall lassen sich Pumpspeicherwerke bauen.

Jetzt haben wir effektiv drei miteinander kollidierende "Wenden": Die Energiewende, die unsere Energieversorgungssicherheit gefährdet, weil technische Lösungen fehlen und physikalische Gesetzmäßigkeiten uns in die Parade fahren. Kurzfristige Lösungen sind schlichtweg nicht möglich und eine Rückkehr von Kohle- und Kernkraftwerken als Hauptversorger ist politisch undenkbar. Die als Reservekapazität ausgelegten Gaskraftwerke springen nun in die Rolle der Grundbedarfsdeckung ein, was natürlich den Gaspreis in die Höhe treibt und unserem Netz die Reserven zur Regulation raubt, wenn kein Wind weht und gerade ein grauer Wintertag den Solarertrag auf Null reduziert. Nachts ist ja eh nichts los.

Die Mobilitätswende fordert einen Umstieg zur E-Mobilität auf, was die Bürde auf das Netz übermäßig erhöht, zumal ja Reisende kein Interesse an einem 15-Stündigen Ladezyklus mit 7kW (2x 230V zu 16A) haben, sondern nach 20m Minuten weiterfahren möchten. Die Fast-Charging-Technologie ist aber prinzipbedingt eine Risikotechnologie für die Energieversorger, da auf einmal durch einen einzelnen Verbraucher Leistungsspitzen von 200 - 300kW verursacht werden (um einen 100kWh-Akku in 20 Minuten zu laden, braucht man bis zu 300kW). Stehen an einer Raststätte 10 FastCharger rum, könnten im Worst Case Szenario eben auch 10 Fahrzeuge zugleich mit maximaler Last ihre Akkus laden - also bis zu 3MW Leistungsaufnahme. Dafür müssen nicht nur die Leitungen ausgelegt werden, nein, auch das nahe Kraftwerk merkt die massive (und potentiell unerwartete) Lastspitze. Das wirkt sich wieder auf die Spannung und die Netzfrequenz aus, um die zu stabilisieren müsste ein Pumpspeicherwerk kurzfristig einspringen. Wegen ZEHN (!) FastChargern so ein Aufwand! Auch hier wieder wird der Wunsch durch schnöde Physik gestochen.

Und im Winter sollen wir nicht mehr mit Gas und Öl heizen, auch Holz ist keine Lösung - also basiert unsere Wärmewende bzw. Heizungswende wieder auf Strom. Und auch wenn unter Idealbedingungen eine Luftwärmepumpe mit einer Arbeitszahl von 4 zu 1 aus einem Kilowatt Leistungsaufnahme vier Kilowatt Heizleistung erschaffen könnte, gilt dies nicht für niedrige Temperaturen. Je kälter, desto schlechter ist die Arbeitszahl - im dümmsten Falle ist sie dann nur 1:1. Was nützt ein solches Heizsystem, welches ausgerechnet dann, wenn man es benötigt, die schlechteste Effizienz hat? Dann kann ich auch einen elektrischen Ölradiator hinstellen. Nur in den Übergangsmonaten (September, Oktober, März, April) sind Wärmepumpen dann brauchbar - aber dann heizt man generell eher weniger. Im dümmsten Falle werden aus rund 10.000kWh Gas-Heizleistung eben 10.000kWh Strom-Heizleistung. Das ist nicht nur teuer - sondern stellt auch eine erhebliche Bürde für unsere Stromversorger da. Der Löwenanteil entfällt auf dien Wintermonate, also genau die Zeit, in der Sonne fast nichts beiträgt zum Strommix. Im Norden kann der Wind einen Beitrag leisten, aber im windarmen Süden, der sonst auf die Sonne setzt? Süddeutschland muss somit elektrische Energie aus dem Ausland importieren und bezieht damit Kernenergie aus Frankreich und Kohlestrom aus Österreich oder Tschechien. Soviel zur "grünen Wärmepumpe".

Am Ende hätten wir die FDP also durchaus als "Korrektiv", "Bremser" und "Verhinderer" in der Ampel gebraucht, damit solcher Unsinn wie das Habeck'sche Sanierungsgesetz gar nicht erst eingeführt worden wäre. Denn das ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt unserer Energiewende ein Risikofaktor dar, wenn man die Bürde immer höher schraubt, aber nichts tut, den erwartbaren Bedarf im Winter durch die Energieerzeugung zu decken.

Uns fehlen die 20 Jahre, die wir bei der Energiewende verschlafen haben. Die kriegen wir mit Gewalt (und der Ampel) aber nicht mehr bis 2030 nachgeholt. Dazu müssten ein paar unbequeme Wahrheiten auf den Tisch gebracht werden und ggf. die Maximalforderungen eingestampft werden auf realistischere Ziele. Überhaupt: wie soll eigentlich eine "ergebnisoffene Klimapolitik" funktionieren, wenn harte Vorgaben gesetzt worden sind bezüglich sektoraler CO2-Emissionen? Auch hier: Korrektiv. Entweder man setzt Ziele bei der Klimapolitik mitsamt Meilensteinen und Risikoanalysen, oder man lässt es ganz. Da absehbar ist, dass die Ziele nicht erreichbar sind, weil teilweise schlichtweg physikalischen Gesetzen widersprechend, müssen wir halt auch irgendwann mal die Notbremse ziehen.

Das Posting wurde vom Benutzer editiert (13.12.2023 01:06).

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