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  • Morgenstund-Ist-Ungesund

259 Beiträge seit 17.10.2005

Sehr guter Artikel, *ABER* ...

... an dem Detail, wie Leerverkäufe erklärt werden, will ich doch ein
bißchen "herummeckern".

=== heise-Version der Leerverkäufe, im Original: ===
"Das Malheur nahm bekanntlich seinen Lauf, als Porsche verlauten
ließ, ... Hedgefonds, die auf fallende Kurse spekuliert hatten, indem
sie die VW-Aktie leerverkauften (also ohne sie zu besitzen, aber mit
der Verpflichtung, sie dem Käufer zu einem späteren Zeitpunkt zu
liefern, was ein gutes Geschäft ist, wenn der Kurs bis dahin fällt),
konnten die Aktien nicht mehr kaufen, trieben den Kurs zeitweise auf
1000 Euro und haben nun hohe Verluste zu beklagen."

=== heise-Version der Leerverkäufe, vereinfacht dargestellt: ===
Ende letzter Woche fiel der VW-Kurs von 4xx Euro sehr schnell auf 2xx
Euro,
immer noch deutlich höher als der realistischer Wert der VW-Aktie.
Hedgefond [-H-] verkauft die Aktie letzten Freitag für 200 Euro an
den Käufer [-K-] in der "Gewißheit", daß zum vereinbarten
"Übergabezeitpunkt" in dieser Woche nur noch 100 Euro kostet.
Dumm gelaufen für [-H-], macht 800 Euro Miese.
Und wir alle können Schadensfreude über den Verlust der Heuschrecke
[-H-] empfinden (Zumindest ich tue das).
Kleiner Schönheitsfehler: Das beschriebene Szenario wäre kein
Leerverkauf, sondern der "Verkauf einer Kaufoption", die Ursache des
momentanen "VW-Chaos" sind allerdings (hauptsächlich?) echte
Leerverkäufe.

=== Leerverkäufe, realistisch dargestellt: ===
Porsche hat vor 3 oder 4 Jahren damit begonnen, den VW-Konzern zu
übernehmen. Um sich vor Preissteigerungen zu schützen, deckte man
sich seit damals mit dem Kauf von Kaufoptionen ein.
Dumm gelaufen für die Bank [-B1-], die vor einigen Monaten Porsche
für 10 Euro das Recht verkaufte, die Aktie für 100 Euro zu kaufen.
Irgendwann hat [-B1-] die Notbremse gezogen, die Aktie für 150 Euro
selber gekauft, den Verlust damit auf 40 Euro gedeckelt.
Und dann kam letzte Woche die Heuschrecke [-H-] in das Spiel:
[-H-] *LEIHT* sich die Aktie für eine Gebühr von 5 Euro von [-B1-]
für einige Tage und verkauft sie wie oben beschrieben an den Käufer
[-K-] in der "Gewißheit", sie am Montag oder Dienstag billiger
zurückkaufen zu können.
Bank [-B1-] geht auf diesen Deal ein, immerhin kann man damit den
eigenen Verlust von 40 auf 35 Euro drücken.
Und dann der Schock in dieser Woche: Plötzlich kommt dieses von den
Marktradikalen sonst immer so gelobte Angebot_und_Nachfrage zum
Tragen, [-H-] *muß* kaufen, auch wenn die Aktie plötzlich einen
Tausender kostet, [-H-] *muß* die für kurze Zeit *geliehene* Aktie an
[-B1-] zurückgeben.
Dumm gelaufen, wirklich dumm gelaufen.

=== Leerverkäufe, realistisch dargestellt, verschärfte Version: ===
Szenario, wie oben, mit einer Ergänzung:
[-H-] hat 5 Euro Cash um von Bank [-B1-] eine Option zu kaufen, aber
weil der Deal ja so "sicher" ist, leiht man sich von Bank [-B2-] 20
Euro, das reicht dann schon für 5 Optionen...

=== Wieso dieser Beitrag von mir ? ===
Sicher nicht, um den Hedgefond [-H-] zu verteidigen, ich kann mir
eine "klammheimliche Freude" nicht verkneifen, wenn solche Oberzocker
gewaltig auf die Schnauze fliegen.
Aber <höfliche Formulierung> ich halte es durchaus für angebracht
</höfliche Formulierung>, wenn man auch den Banken [-B1-] und [-B2-]
kräftig in den Arsch tritt.

=== Nachtrag: ===
Ich denke, es ist bekannt, daß wir unsere Bankenlandschaft (schöner
Begriff) mit einigen tausend Millionen an günstigen Krediten und
Bürgschaften unterstützen.
Steuergelder.
Es mag OT sein, aber gestern gab es eine Fernsehreportage, nach der
alpenländische Filialen unserer deutschen Großbanken betuchte
Mitbürger nach wie vor kräftig bei der "Steueroptimierung" zur Seite
stehen.
Moral?
Sorry, ich bemühe mich, vor jedem Mitmenschen Respekt zu bewahren,
vor dem haste_mal_n_euro_"penner" und vor dem Fixer in der
U-Bahn-Station.
Aber bei manchen Typen kann ich einen gewissen Brechreiz beim besten
Willen nicht unterdrücken.


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