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163 Beiträge seit 29.06.2000

Wissen und Glauben, Wissenschaft und Empirie

Hat etwas gedauert mit der Antwort (wir wissen ja alle, warum) - aber
so ganz unbeantwortet kann ich das jetzt nicht stehen lassen...

> Wieso "glauben"? Wieso "vermeintlich wissenschaftlicher Ansatz"? Lies
> bitte meinen Beitrag
> (http://www.heise.de/tp/foren/go.shtml?read=1&msg_id=7334053&forum_id=72979)
> und informiere Dich etwas besser über Homöopathie. Bloß weil heute
> gerne die Homöopathie auf den Placebo-Effekt reduziert wird, bedeutet
> das nicht, dass hinter der Homöopathie kein wissenschaftlicher Ansatz
> steckt. Als Tipp: Kauf Dir ein Fläschchen Belladonna C30 und nehme
> jeden Tag dreimal je 2 Globuli. Sofern Du auf gewisse
> Rahmenbedingungen achtest, wirst Du bald einige interessante Symptome
> an Dir feststellen dürfen. Vergleiche das bitte mit den
> Aufzeichnungen von G.H.G. Jahr in seiner zweibändigen Materia Medica.

Ich denke man sollte zwischen 'systematisch' und 'wissenschaftlich'
unterscheiden. Zum Wissenschaftlichen gehört auch immer
Verifizierbarkeit und Wiederholbarkeit. Dem entzieht sich die
Homöopathie schon im Ansatz, indem sie für jeden Patienten nach einer
eigenen Therapie sucht. Zwei Patienten mit durchaus ähnlichen
Beschwerden können sehr unterschiedliche Behandlungen (durch den
selben Homöopathen) erhalten. Genauso kann ein und der selbe Patient
von zwei verschiedenen Homöopathen sehr unterschiedliche Mittel
verabreicht bekommen. Eine Doppelblindstudie im klassischen Sinne
(also die Wirksamkeit eines Präparates und nicht die der Methode
untersuchend) ist damit gar nicht möglich... An die Stelle von
objektivem Experiment, Statistik und Verallgemeinerung haben
Hahnemann und seine Nachfolger ein System von
(Einzel-)Fallbeschreibung und Selbstversuch (Mittelprüfung,
Kontrollsysmptome) gesetzt. Damit sind keine zwei Fälle vergleichbar
und werden doch verglichen - irgendwoher muss die Systematik ja auch
kommen. Es ist nie wirklich auszuschließen, ob die Heilung nicht
vielleicht doch das Ergebnis anderer Umstände als de homöopathischen
Bahandlung ist. Ein weiteres Problem ist die fehlende Theorie. Erst
einmal ist das natürlich nicht weiter schlimm - viele große
Entdeckungen wurden gemacht, weil sich bestimmte Erscheinungen nicht
mehr mit den vorhandenen Theorien erklären ließen. Die Homöopathie
hat aber das Problem, dass ihre Funktioensmechanismen allen sonstigen
Erfahrungen und bestehenden Theorien entgegengesetzt sind. Ohne
ernstzunehmende Theorie entsteht da schnell ein
Glaubwürdigkeitsproblem... Wenn man dazu noch die offensichtlichen
Lücken in der homöopathischen Theorie nimmt (wie zum Beispiel werden
die Informationen vom Wasser auf die Zuckerkügelchen übertragen?),
sind Zweifel doch durchaus berechtigt.
Ich habe sehr wohl schon mit homöopathischen Mitteln herumgespielt
(unter Anleitung von jemandem der etwas davon versteht) - bei mir
hat's aber nicht geholfen. Die Wirkungen (wenn es denn solche waren)
wurden dann als 'untypisch' klassifiziert und verworfen... Die
Beschwerden verschwanden - aber ob das nun das Ergebnis von
Selbstheilung, schulmedizinischer Parallelbehandlung oder einer Hand
voll Globuli war - wer will das sagen? Und die Belladonna-Effekte
werd ich wohl nicht sehen, so lange ich mir weiter die Zähne mit
Pfefferminz-Zahncreme putze und dazu Kaffee trinke :-) Und da ich
vorher ganz bestimmt noch nachschaue, was mich denn so erwartet,
würde der Test wohl kaum als objektiv durchgehen...

> Kommt drauf an. Ich kenne auch Hausärzte also "Schulmediziner", die
> sich durchaus genug Zeit nehmen.

Natürlich gibt es die, aber genauso gibt es auch Schulmediziner und
Heilpraktiker, die homöopathische Komplexpräparate (für den
klassischen Homöopathen ja ein 'Unding') verschreiben, als seien es
die neuesten Blockbuster der Pharmaindustrie... Es gibt eben gute und
schlechte Ärzte, so wie es gute und schlechte Heilpraktiker gibt.

> Es gibt aber noch genügend Patienten, die ihrem Hausarzt blind
> vertrauen. Also mag bei denen der Placebo-Effekt genauso zutreffen.
> Seltsam, dass kaum jemand der Pharmaindustrie unterstellt, dass die
> Wirkung derer Erzeugnisse auf genau diesem Effekt beruht.

Das hat auch niemand in Abrede gestellt. Die Pharma-Industrie führt
sehr wohl Doppelblindstudien durch, um die Wirksamkeit ihrer
Medikamente zu untersuchen. Dass die Ergebnisse von
Wirksamkeitsstudien auch gern mal unter den Tisch gekehrt werden,
wenn sie nicht genehm sind (nicht umsonst wollen die großen
wissenschaftlichen Journale in Zukunft nur noch Studien publizieren,
die vorher angemeldet wurden), steht auf einem anderen Blatt...

> Wer redet denn von D4? Gewöhnlicherweise wird in der Homöopathie eine
> Potenzierung von C30 bis C200 verwendet.

Das kommt wohl sehr darauf an, was man mit der Behandlung erreichen
will. Besonders in der Behandlung akuter Beschwerden wird auch gern
zu D-Potenzen (üblicherweise allerdings deutlich höher als D4)
gegriffen. Der Autor des Artikels schrieb übrigens von "Galphimia
Glauca D4"...

Viele Grüße, mscz

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